Wort zum Sonntag: Die zwei Krücken


In den letzten Jahrzehnten wurden riesige Fortschritte auf dem technischen Gebiet gemacht. Kostspielige Raketen mit wissenschaftlichen Apparaten werden in den Weltraum geschossen, um ihn zu erforschen. Farbfernseher, Handys, Computer, Tablets und Internet sind alltägliche Dinge geworden. Was im letzten Winkel der Erde geschieht, weiß die Welt bereits nach einer Stunde. Nicht gut ist, dass uns die Medien Dinge vermitteln, welche die Sittlichkeit und den guten Anstand grob verletzen. Man versucht das christliche Europa mit Hilfe der technischen Errungenschaften in die Zügellosigkeit des Heidentums zurückzuführen. Dadurch werden die Menschen der modernen Zeit zu paradoxen Wesen: Zu Technik-Athleten und zugleich zu Moral-Invaliden!

Wir überschreiten wieder die Schwelle eines neuen Jahres. Auch heuer werden die Menschen in der Technik große Fortschritte machen. Das allein kann aber unser erhofftes Glück nicht begründen. Eine bessere Zukunft hängt nicht allein vom technischen Fortschritt ab, sondern zugleich vom sittlichen Fortschritt. Das „Vielwissen“ allein ist keine Garantie für eine bessere Zukunft. Es muss unbedingt das „Gut-sein“ dazukommen. Nur wenn sich die Technik in den Dienst der Sittlichkeit stellt, können wir auf eine bessere Zukunft hoffen.

Natürlich wollen wir auf den technischen Fortschritt nicht verzichten. Was hilft uns zum ebenso notwendigen sittlichen Fortschritt? Es war in New-York. Eines Tages erschien auf einer Propagandareise der Atheist Ingersoll bei dem protestantischen Prediger Talmage. Er dachte sich nämlich: Den besten Erfolg erziele ich, wenn ich einen angesehenen Gottgläubigen zum Unglauben bringen kann. Er hatte noch nicht lange gesprochen, da fiel ihm Talmage ins Wort: „Lassen Sie mich in Ruhe, ich bin im Augenblick zu aufgeregt und zu verärgert!“ „Aber weshalb denn?“ fragte Ingersoll. Talmage erwiderte: „Denken Sie nur, auf dem Heimweg sah ich einen armen Krüppel sich auf Krücken durch die Straße schleppen. Ein roher Mensch kam daher, schlug dem Invaliden die Krücken weg, so dass dieser der Länge nach in den Kot fiel.“ „So ein nichtswürdiger Kerl!“ rief der Atheist empört aus. Der Prediger fuhr fort: „Dieser nichtswürdige Mensch sind Sie! Überlegen Sie doch einmal: Die Menschheit schleppt sich hinkend durch den Schlamm der Sünde und der sittlichen Not. Die einzige Stütze, die uns aufrecht hält, ist der Glaube an Gott und an ein besseres Jenseits. Und Sie wollen mit Ihrer Tätigkeit der invaliden Menschheit auch noch diese Stütze entreißen!“ Der atheistische Propagandist Ingersoll zog beschämt ab.

Wir alle sind sittliche Invaliden und fallen oft in den Schmutz der Sünde. Was hilft uns, dass wir uns wieder erheben und weiterhinken können? Es sind dies die zwei geistigen Krücken: Der Glaube an Gott und an das ewige Leben! Wer diese geistigen Krücken mutwillig wegwirft, findet keinen sittlichen Halt mehr. Können solche Menschen eine bessere Zukunft mit einer sittlich reinen Atmosphäre schaffen? Unmöglich! Wollen wir also im neuen Jahr auf dem sittlichen Gebiet Fortschritte machen, so müssen wir unbedingt diese beiden geistigen Krücken benützen. Das hat auch der berühmte deutsche Philosoph Immanuel Kant erkannt. Er war kein Kirchenlicht, aber in seinem Werk „Kritik der praktischen Vernunft“ stellt er für die Möglichkeit eines einwandfreien sittlichen Lebens den Glauben an Gott und an die Unsterblichkeit der Seele als notwendige Postulate auf.

Für viele Menschen wird das neue Jahr Endstation ihres Lebens sein, vielleicht auch für dich und mich. Was wird danach mit uns geschehen? Wir alle kreisen um die geistige Sonne, die Gott ist. Beim Tod tritt eine Änderung der Kräfteverhältnisse ein. Bei den Guten hört die Zentrifugalkraft auf, sie werden hineingerissen in Gottes Leben. Bei den Bösen hört die Zentripetalkraft auf und sie stürzen hinaus in die ewige Gottesferne. Benützen wir eifrig die beiden Krücken: Den Glauben an Gott und an das ewige Leben auf unserer Reise durch das irdische Leben. Am Ende des Lebens wird uns die Anziehungskraft Gottes in das glückverheißende ewige Leben hi-neinziehen. Das wünsche ich allen!