WORT ZUM SONNTAG: Führen oder verführen lassen

Es gibt ein altes, berühmtes englisches Buch. Der Titel lautet: „Die Pilgerreise“. Der Pilger, von dem das Buch erzählt, ist jeder Christ, der aus dem Reich der Sünde zu Gott hinpilgert. Auf dem Weg hat er mancherlei Erlebnisse. Eines Tages sieht er ein Ungeheuer auf sich zukommen, ein teuflisches Wesen mit Namen Apollyon. „Woher kommst du und wohin willst du?“ fragt Apollyon.

„Ich komme aus der Stadt des Verderbens und möchte in das himmlische Jerusalem“, antwortet der Pilger. „Aus der Stadt des Verderbens?“ fragt Apollyon. „Ich bin der Fürst dieser Stadt. Also bist du einer meiner Untertanen.“ „Das bin ich gewesen“, antwortet der Pilger, „aber ich will es nicht mehr sein. Ich will dir nicht mehr dienen, denn du gibst keinen guten Lohn. Der Sold der Sünde ist doch der Tod.“

Apollyon versucht den Pilger zu überreden. Doch der Pilger lässt sich nicht überreden und erklärt: „Ich habe mich entschlossen, dem König aller Könige zu dienen. Deshalb kehre ich nicht mehr zu dir zurück“. Hämisch lächelnd sagt Apollyon: „So haben schon viele vor dir geredet. Sie fangen an, dem zu dienen, den du genannt hast. Aber es dauert gewöhnlich nicht lange, dann kommen sie zu mir zurück. Bei mir gibt es überreich zu essen und zu trinken, zu tanzen und zu feiern. Bei deinem König gibt es nur Fasten, Beten und Büßen.

Kehre also zu mir zurück.“ „Nein“, antwortet der Pilger, „ich habe meinem neuen König Treue gelobt. Ich liebe ihn zu sehr, als dass ich ihn verlassen könnte.“ Apollyon antwortet höhnisch: „Du redest von Treue? Du bist ihm schon öfter untreu geworden.“ „Das ist wahr“, bekennt der Pilger „ich habe oft gesündigt. Aber ich habe darüber getrauert und es ist mir vergeben worden.“ Da ergrimmt der Widersacher, er schießt einen feurigen Pfeil nach dem Christen und es beginnt ein Kampf auf Leben und Tod.

Der Pilger in diesem Buch, der sind wir beide, du und ich. Christus sprach einst zu jedem seiner Apostel: „Folge mir nach!“ Sie verließen alles und folgten ihm. Bei der Kreuzigung ihres Herrn und Meisters wurden sie wankelmütig, aber der auferstandene Christus festigte sie in der Treue. Sie blieben ihm treu bis in den Märtyrertod. Uns hat er ebenfalls in der Taufe dazu berufen, als Pilger durchs Leben in sein Reich zu wandern. In der christlichen Erziehung wurde diese Berufung noch mehr gefestigt. Leider begegnet auch uns auf unserer Pilgerreise zum „himmlischen Jerusalem“ der Verführer Apollyon. Er flüstert uns zu: „Du hast nur ein einziges Leben. Willst du es mit Fasten, Beten, Büßen und Kreuztragen vertrauern? Ich verheiße dir viel Angenehmeres. Es gibt so viele Vergnügungen und Freuden auf dieser Welt. Suche dir aus, was dir gefällt.“

Leider hören viele Pilger auf die betörenden Schlagermelodien Apollyons. Sie weichen vom schmalen Pilgerweg, der zum ewigen Heil führt, ab und schwenken auf den breiten und bequemen Weg des Verführers ein, der schließlich ins Verderben führt. Leichtsinnig sprechen sie mit Goethes Faust: „Aus dieser Erde quillen meine Freuden und diese Sonne scheinet meinen Leiden. Das ´Drüben´ kann mich wenig kümmern!“ Aber das „Drüben“ wird doch einmal kommen. Was dann? Gehen wir auf unserer Pilgerreise nicht mit Leichtsinn und Oberflächlichkeit an den fundamentalen Lebensfragen vorbei. Behandeln wir sie mit Ernst und Verantwortungsgefühl.

Apollyon und Christus. Verführer und Führer drängen uns zur Entscheidung. Wem wollen wir folgen? Unser König ist Christus. Wir sollen für ihn nicht sterben, sondern als Christen leben! Den Worten des Verführers Apollyon wollen wir entschieden widerstehen. Das haben uns schon andere Christen vorgemacht.