Ein Lied für Heimkehrer ist Psalm 126, ein Lied für Gefangene, Verschleppte und Vertriebene, die sich sehnen nach Rückkehr an ihre vertrauten Stätten, zu den bekannten Menschen. Aber auch ein Lied für daheim Gebliebene ist der Psalm, die in ihrer Einsamkeit seufzen, wenn sie sich des fröhlichen Lebens in Gemeinschaft mit den jetzat Abwesenden erinnern. Bleischwer drückt auf die Herzen der Schmerz über Trennung und Verlust, aber gleichzeitig richtet sich der Sinn voller Hoffnung auf die Zeit der Erquickung, wo alles wiedergebracht wird, wie Gott es verheißen hat. Denn er ist ein Gott der Heimat und nicht der Fremde, er gebietet Einhalt, holt zurück, nicht nur aus fremder Umgebung, sondern auch aus den Tiefen des Todes.
Wenn heute zum Verlassen der alten Stätten und Plätze aufgerufen wird, wenn Aufbruch, Wanderschaft und Suche zu Leitmotiven unserer Existenz erhoben werden, so ist das ohne Zweifel eine dem Heilsplan Gottes gegenläufige Bewegung, denn er bietet eine Wohnstatt denen, die umherirren und lässt die Hungrigen finden, was ihnen fehlt. Ein sicherer Hafen will Gott sein für jene, die in Sturmwind und Wellen vor Angst verzagen und ein Befreier für die Ungehorsamen, die verstrickt sind in dem Werk ihrer Hände, gefangen und gebunden in Zwang und Eisen. Ein Retter ist Gott für alle Unglücklichen, die in Finsternis und Dunkel liegen und denen niemand hilft, für alle Toren, die geplagt sind um ihrer Übertretungen willen.
Gott kennt ja die Menschen von ihrer Erschaffung an; er hat ihnen den Garten Eden, das Paradies, als Bestimmungsort zugewiesen, er hat sie daraus vertrieben, hat sie zu unsteten Flüchtlingen gemacht um ihrer Übertretungen willen. Aber er ist es auch, der über ihnen wacht, der jede gezeigte Buße und Reue mit überschwänglicher Barmherzigkeit belohnt. Sein Herz begleitet uns auf allen unseren Wegen, ist bei jeder Kreuzesstation, die wir durchleiden, dabei und bietet fortwährend Heilung an, ruft unermüdlich zur Umkehr. Die Unverständigen schreien sich müde, indem sie vergeblich Gott zu Hilfe rufen in ihr sündiges Treiben, aber nicht in Acht nehmen seine Gebote, die uns herausführen aus Fesseln, Gefahren und Not.
Wir Christen wissen – wie auch die Juden – dass der Mensch ein Vertriebener ist, ein aus dem Paradies Verstoßener, der auf Erden keine bleibende Stätte hat; unsere Heimat ist im Himmel. Als Beweis seiner Gnade lässt Gott nach und nach in dieser Welt schon himmlische Zeichen aufleuchten, als da sind: die Erwählung Israels, das Gesetz des Mose, die Weisungen durch die Propheten, seine Menschwerdung in Jesus Christus, das Evangelium der Liebe und Sündenvergebung, die Offenbarung der Wahrheit, der Weg des Kreuzes, die Besiegung des Todes und die Aussicht auf leibliche Auferstehung. Überall, wo diese Leuchten der Ewigkeit fehlen, fühlen wir uns fremd. Aber selig ist, wen der Herr, wenn er kommt, für treu befindet.
Die mit Jesus geduldig allen Ausgrenzungen trotzen, werden sein wie die Träumenden, ihr Mund wird voll Lachens und ihre Zunge voll Rühmens sein, wenn der Herr das Große vor ihren Augen tun wird; seine Wahrheit über die Lüge siegen lässt und seine Ordnungen über die menschliche Willkür. Wird es bald geschehen oder erst am Ende der Zeit? Wird die Stunde kommen oder ist sie schon jetzt? Heimat sind uns die himmlischen Zeichen hier, fern von Gott und in feindseliger Umgebung, Trost und Beruhigung, und wie Oasen in der Wüste erleben wir auf der Wanderschaft Menschen und Gemeinschaften, in denen Christus Gestalt angenommen hat, die schon mit Freuden ernten, während wir noch mit Tränen säen. Amen.