Wort zum Sonntag: Sich einlassen

in jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn.
Jakobus 1, 19

Den Siebenbürger Sachsen sagt man nach, dass sie in ihrem Tun langsam und bedächtig seien. Anfang des 20. Jahrhunderts schrieb der sächsische Schriftsteller Adolf Meschendörfer in der „Siebenbürgischen Elegie“:

Anders rauschen die Brunnen, anders rinnt hier die Zeit.
Früh fasst den staunenden Knaben Schauder der Ewigkeit.
Wohlvermauert in Grüften modert der Väter Gebein,
zögernd nur schlagen die Uhren, zögernd bröckelt der Stein.

In Siebenbürgen hat die Zeit ein anderes Maß, und wenn man mit den Menschen vor Ort zu tun hat, muss man sich auch auf sie einlassen und sich auf sie einstellen. Sie sind in ihrem Wesen bedächtig, und das heißt, dass sie alles zuerst ausführlich bedenken müssen. Jemand meinte im Witz, dass die Siebenbürger Sachsen so bedächtig seien, dass sie erst nach 850 Jahren bemerkt haben, dass sie in die falsche Richtung ausgewandert sind...

Den Hintergrund des oben zitierten Jakobusbriefes könnten Streitigkeiten und Missverständnisse innerhalb der Gemeinden über die paulinischen Briefe und Schriften gebildet haben. Dieser Vers steht unter der Überschrift „Hörer und Täter des Wortes“, und die nachfolgenden Verse verdeutlichen, dass auf das Hören des Wortes Taten zu folgen haben. Der Apostel Jakobus ermahnt uns in diesem Vers, schnell im Hören zu sein, aber langsam im Reden und auch langsam im Zorn. Es ist ein menschliches Grundbedürfnis, gehört und wahrgenommen zu werden.

Eine häufige Ursache zwischenmenschlicher Konflikte ist fehlende oder unzureichende Kommunikation. Wir reden meist viel und reagieren oft viel zu schnell. Wir reagieren meist, bevor wir eigentlich gehört haben, worum es dem anderen geht. Richtig zuhören erfordert Zeit, Aufmerksamkeit und Konzentration, Bereitschaft und auch Übung. In der Seelsorge werden aktives und reflektierendes Zuhören geübt. Es geht dabei darum, das Wesentliche zu erfassen. Reflektierendes Zuhören bzw. das Verbalisieren fasst die Aussagen des Gesprächspartners mit eigenen Worten zusammen, um sicherzustellen, dass das Gesagte auch richtig verstanden wurde. Nehmen wir uns also Zeit und hören wir immer genau hin, wenn sich uns jemand mitteilen möchte.

Demgegenüber soll unser Reden im wahrsten Sinne des Wortes bedacht sein. Bedenken wir immer zuerst das, was und wie wir etwas sagen wollen. Mit unbedachten Worten kann viel Schaden angerichtet werden.

Zorn und Ärger können die Kommunikation zerstören und Beziehungen ausei-nanderreißen. Sie zerstören das Glück, die Freude und oft auch die Gesundheit vieler Menschen. Wie schnell tendieren auch wir zum Zorn, wenn wir uns ungerecht behandelt fühlen. Schon im normalen Straßenverkehr lassen sich die Menschen oft provozieren und zu unbedachten Reaktionen hinreißen. Wir werden aber ermutigt, alles bedacht und nicht impulsiv anzugehen.

Wir sind somit eingeladen, uns mehr Zeit für Gottes Wort zu nehmen, es als solches zu hören und die gute Nachricht des Evangeliums in unserem Reden, Tun und Handeln weiterzugeben.