WORT ZUM SONNTAG: Treu wie Gold

Der Biograph des Heiligen Franz von Assisi, Thomas von Celino, berichtet Folgendes: Franz wollte in seiner Jugend ein berühmter Ritter werden. Er rüstete sich aus, wollte in den Krieg ziehen, um mit dem Ritterschlag Adel, Reichtum und Ehre zu erwerben. Als er marschbereit war, sah er in einem nächtlichen Traum einen herrlichen Palast, voll von Rüstungen, Schwertern und Schildern. Auf seine Frage, wem der Palast gehöre, bekam er die Antwort: „Du selbst bist der große Herr!“ Freudig rief Franz aus: „Jetzt weiß ich, dass ich ein großer Fürst werde!“ Doch schon in der folgenden Nacht hatte er eine andere Traumerscheinung. Ihm wurde die Frage gestellt: „Wer kann dir mehr Wohltaten erweisen, der Herr oder der Knecht?“ Franz sagte: „Der Herr!“ Da hörte er den Vorwurf: „Warum verlässt du den Herrn um des Knechtes willen, den Herrscher wegen dem Untertanen?“. „Was soll ich tun?“, fragte Franz. Er bekam die Weisung: „Gehe zurück in deine Heimat, dort wirst du deine geistige Erfüllung finden!“ Er gehorchte der Weisung und wurde der treueste Knecht Gottes und für viele Menschen durch Jahrhunderte zum geistigen Führer. Er gleicht dem Knecht im Evangelium, dem viel anvertraut wurde und der sich des Vertrauens heldenhaft würdig erwies. Im Dienste Gottes wurde er, laut Sprichwort, „treu wie Gold“.

Auch wir sind zum Dienste Gottes berufen. Wie erfüllen wir diese Aufgabe? Es scheint, dass wir uns oft krank melden, um vom Dienst enthoben zu werden. Eine dieser Krankheiten ist die „Sonntagskrankheit“. Der Anfall kommt plötzlich. In der Nacht zum Sonntag schläft der Patient gut. Der Anfall setzt ein, bevor der Gottesdienst beginnt, und hört mit dem Ende des Gottesdienstes auf. Der Patient fühlt sich wieder wohl, geht am Nachmittag auf den Fußballplatz oder in die Kneipe. Andere gehen zur Unterhaltung in die Vergnügungssalons. Der Anfall kommt immer sonntags, zur Zeit des Gottesdienstes. Ein Dichter beschreibt diese Krankheit so: „Musst du zum Kränzchen ins Ballkleid dich werfen, da klagst du nie über schwache Nerven, wohl aber, wenn die Kirchenglocke rief! Die Nervenschwäche ist sehr relativ!“

Viele Christen leben mit der Mentalität: „Ich tue zwar nicht viel Gutes, aber auch nichts Böses!“ Ist das genug? Darauf antwortet der Kirchenlehrer Chrysostomus: „Gesetzt den Fall, ihr habt einen Knecht, der nicht stiehlt, sich nicht betrinkt, auch nicht störrisch ist, der aber einen Fehler hat: Er ist träge, legt die Hände in den Schoß und kümmert sich um keine Arbeit. Würdet ihr einem solchen Knecht Lohn geben? Er veruntreut nichts, schafft auch keine Werte. Würdet ihr ihn im Dienst behalten?“

Auf dieses Problem geht Christus im Matthäusevangelium ein. Der Dienstherr hatte dem Knecht viel Geld anvertraut, damit er es in dessen Abwesenheit nicht nur bewahre, sondern es auch durch seinen Fleiß vermehre. Der Knecht vergrub das Geld und brachte es bei der Abrechnung zurück. Er hat es nicht veruntreut, aber auch nichts getan, um es zu vermehren. Das Urteil seines Herrn lautet: „Du bist ein fauler Diener. Werft den unnützen Diener in die äußerste Finsternis!“ Das ist auch für uns eine ernste Mahnung aus dem Munde Jesu. Gott ist kein Gott der Schläfer! Er will die blanke Tat. Und jeder wird nur ernten, was er gezogen hat! Was sollen wir daraus lernen? Gute Sprüche, weise Lehren soll man üben, nicht bloß hören!

Otto von Bismarck, der Begründer des Deutschen Kaiserreichs, gab im hohen Alter einen Empfang. Er sagte: „Der einzige Ehrgeiz, den ich noch habe, ist der nach einer guten Grabinschrift!“ Er bestimmte folgende: „Otto von Bismarck, ein treuer Diener Kaiser Wilhelms I.“ Beide sind schon längst aus dem Leben geschieden. Wir wollen unseren Lebensdienst nicht einem sterblichen Machthaber weihen, sondern Gott, dem Herrn aller Gewalten. Wie verwirklichen wir das im täglichen Leben? Den Ansporn dazu gibt uns Christus selber, der von sich erklärte: „Ich bin wie ein Diener!“

Der hl. Christophorus, der nur dem höchsten Herrn der Welt dienen wollte, tat dies, indem er Reisende auf seinem Rücken über einen brückenlosen Fluss trug. Tun auch wir etwas sehr Wichtiges: Ertragen wir einander! Dazu benötigen wir keine Körperkraft wie Christophorus, aber eine echte Glaubenskraft. Sie befähigt uns, im Dienst Gottes „treu wie Gold“ zu sein.