Wüstenwerdung und schlechtes Gegensteuern

„Agent Green“ spricht vom „Herunterspielen der Gefährdung“, die Dürre und Regenarmut darstellen

Wüstifizierung ist ein globales Problem: Im Bild eine neu entstandene Wüste in Brasilien. | Foto: Wikimedia

Die PNRR-Mittel für Wiederaufforstung müss(t)en gezielt dafür eingesetzt werden, der Gefahr der Ver-Wüstung weiter Teile Rumäniens vorzubeugen. Bekämpft werden müss(t)en die Gründe und Quellen der Gefahr der Wüstenwerdung, nicht die ohnehin bereits sichtbaren Folgen. Dies sind zwei der Grundsätze, die von der Umweltschutzorganisation „Agent Green“ durch ihren Präsidenten Gabriel Păun in einem Brief an Regierung und Präsidialamt vertreten werden.
Die fortschreitende Wüstenwerdung ganzer Landstriche in Rumänien sei eine Gefahr, die droht, unumkehrbar zu werden, warnen die Umweltschützer, und sie wird zunehmend die Bewohnbarkeit und die Lebensmittelsouveränität dieses Landes gefährden. Es sei bisher keine staatliche Maßnahme erkennbar, die sich direkt auf diese Gefahr bezieht und ihr entgegenzuwirken versucht.

„Die klimatischen Veränderungen sind eine globale Gefährdung“, erklären die Umweltschützer in ihrem Schreiben. „Doch eine Entschärfung ihrer Folgen hängt in hohem Maße auch von uns ab, wenn wir das Ziel verfolgen, weiterhin ein bewohnbares Land zu haben, mit Wasserressourcen, ausreichend Nahrung und mit einer lebensfähigen Biodiversität. Bisher sehen wir allerdings bloß, mit welch krimineller Unreflektiertheit die Behörden vorgehen. Deshalb sehen wir es als unsere Pflicht an, die Reißleine zu ziehen, denn es ist sehr spät, um noch etwas retten zu können.“

„Automatisierte“ Baumschulen tun Not

Jüngst habe die Europäische Kommission eine bedeutende Subventionssumme für Rumänien genehmigt. Über das Nationalprogramm zum Wiederaufbau und zur Resilienz (PNRR) könne Rumänien diese Summe ausgeben, die auch viel Geld für Wiederaufforstungen beinhaltet. „Agent Green“ habe der Regierung bereits 2021 eine Liste von Vorschlägen unterbreitet, wie diese Gelder gerecht und zielführend ausgegeben werden können. Sämtliche Lösungsvorschläge der Umweltschützer seien ignoriert worden.

„Agent Green“ hatte vorgeschlagen, dass die bewaldeten Flächen Rumäniens mittels dieser EU-Förderung von gegenwärtig 29 Prozent bis 2040 auf 40 Prozent der Gesamtfläche Rumäniens erhöht werden, indem drei Millionen Hektar aufgeforstet werden – aufgelassene Landwirtschaftsflächen, aus diversen Gründen zerstörte oder sonstwie anderweitig unbenutzbar gewordene Areale. Zuvor hätten mit diesen Fördermitteln der EU „automatisierte Baumschulen“ (also Baumschulen mit hohem Mechanisierungsgrad, die weniger menschliche Arbeitskraft benötigen) angelegt werden sollen, meint „Agent Green“ – etwas, was es heute in Rumänien gar nicht gibt.

Hingegen gäbe es eine akute Krise an Pflanzgut (Pflanzenteile, die in den Boden eingebracht werden können und aus denen dann eine neue Pflanze entsteht) für Aufforstungen. Was die Regierung allerdings beabsichtigt, sei „viel Geld schlecht auszugeben“, denn so wie diese Regierung die Aufforstungen angeht, wird die Waldfläche Rumäniens bloß von 29 auf 29,2 Prozent vergrößert werden können – behaupten die Umweltschützer. „So sind wir auf dem besten Wege, die letzte Chance der Zähmung der Auswirkungen des Klimawandels auf Rumänien zu vergeuden.“

Gemimte Aufforstungen und OLAF

Eine Aufforstung ohne reale Chancen, Erfolg zu haben, da der Wasserhaushalt im Boden bereits zu gering ist, damit Wälder gedeihen können – so sehen die Umweltschützer den Plan, den das Ministerium für Umwelt, Gewässer und Wälder zum „Tag der Wälder“ zwecks Wiederbegrünung der im Süden Olteniens fortschreitenden Wüste vorgestellt hat. Sehr viel Geld sei von der Regierung über dieses Ministerium auch vorgesehen, privaten Waldbesitzern zur Verfügung gestellt zu werden. Und alles sei „hochbürokratisch und diskutabel“, wenn man die Absichten und Projekte der Regierung aus der Perspektive des garantierten Zustandekommens von „lebensfähigen Wäldern“ betrachtet.

Da „Rumänien bereits im Ruf steht, Aufforstungen zu mimen, vorzutäuschen, was bereits die EU-Korruptionsbekämpfung OLAF auf den Plan gerufen“ habe, „einschließlich zum Thema Wiederaufforstungen“, müssten die Umweltschützer doppelt misstrauisch sein. „Die Regierung hat die Absicht, einen Großteil der EU-Zuwendung durch PNRR zwecks Aufforstung der Wüste Olteniens einzusetzen – ein Raum, der sowieso bereits vom Standpunkt der Überlebensfähigkeit zerstört ist. Dort wäre der ideale Standort für ein Freilichtmuseum der Dummheit. Die Wasserreserven jener Ebene sind bereits nahezu nicht mehr vorhanden.“

Noch vorhandenes Wasser nutzen

Eine elementare Logik besagt aber, dass Aufforstungen dort beginnen müssen, wo noch Wasserreserven vorhanden sind. Also am besten entlang von Flussläufen. Danach müssen die Jungwälder allmählich ausgeweitet, ausgedehnt und – überall wo das möglich ist – zusammengeschlossen werden, vereinigt werden zu kompakten Waldflächen. 

„Bei der extremen Dürre, die wir erleben, beim Verdampfungsdruck, den eine unerbittliche Sonne ausübt, muss dem etwas entgegengehalten werden. Und das wären idealerweise kompakte Waldflächen. Das Aussehen Rumäniens müsste umgewandelt werden in ein Mosaik von Wäldern und landwirtschaftlich genutzten Flächen. Mehr Wald heißt mehr Wasser im Boden. Davon profitiert dann die Landwirtschaft und das Klima ganz allgemein. Es kann keine Bekämpfung des Klimawandels geben in einem Land, wo in einer Ebene bei einem Rundblick kein Baum zu sehen ist! Und solche Gegenden haben wir viele in Rumänien. Wir suggerieren dem Präsidenten des Landes, entscheidend einzugreifen in dieser Causa!“

Was wir gegenwärtig in Rumänien erleben, die extreme Dürre und das Schwinden der letzten Wasserreserven im Boden, führe nicht nur zum Verschwinden vieler Tiere und Pflanzen: Sondern es bestehe auch die Gefahr des stufenweisen Schwunds von Wasser- und Bodenreserven, die für die Nahrungsproduktion unabdingbar sind. Man könne auch mal absehen von der Überproduktion von Kohlendioxid und nur von der Wüstenwerdung Rumänien reden, meint Gabriel Păun. Man müsse auch nicht immer nur von den existierenden Wäldern reden, die mit höchster Genehmigung von der Holzmafia verhunzt werden. 

Aber zur Stunde müsse unbedingt und vordringlich von der letzten Chance gesprochen werden, Millionen Hektar auf verlassenen oder von Erosion bereits stark angegriffenen Arealen aufzuforsten. Eine Chance, die Rumänien gerade zu verpassen beginnt – im Namen von Gier, Korruption und Unwissenheit/Unbedarftheit. Vielleicht auch aus falsch verstandenem Lokalpatriotismus (Rumäniens amtierender Premierminister kommt aus einer Gegend Olteniens, die akut von der Wüstenwerdung bedroht ist... Anm. d. Autors). „Das ist die Faust, mit der wir Umweltschützer auf den Arbeitstisch von Präsident Klaus Johannis hämmern!“