„Yes! Das habe ich richtig gesagt!”

DAF-Unterricht an einer rumänischen Schule

Frau Cinatti während der Deutschstunde in der dritten Klasse.

Die Deutschlehrerin unterrichtet seit ungefähr zehn Jahren. Fotos: Aida Ivan

Das Nationalkolleg Jean Monnet in Ploieşti – früher war es unter dem Namen „Pädagogisches Lyzeum” bekannt, unter dem es auch heute noch geläufiger ist - ist das erste Kolleg im Kreis Prahova, das vor zehn Jahren eine zweisprachige Klasse Deutsch-Englisch ab der neunten Schulstufe gegründet hat, in der fünf Stunden Deutsch und eine Stunde deutsche Landeskunde pro Woche unterrichtet werden.

Zehn Uhr fünfzehn an einem Montagvormittag – der Schulhof ist leer. Vereinzelt treffen Mädchen mit schwerem Reisegepäck ein – sie müssen diejenigen sein, die im Internat wohnen. Die Deutschlehrerin steigt bald aus einem Taxi und eilt sich in das Lehrerzimmer, um die Materialien zu holen. Am Wochenende davor fand die erste Phase der Deutscholympiade statt und sie möchte zusammen mit den Schülern die Übungen des Tests lösen.

Zehn Uhr dreißig beginnt der Unterricht. Wir gehen in einen Klassenraum im ersten Stock, in dem ungefähr 25 mehr oder weniger brave Schüler im Alter zwischen 13 und 15 Jahren auf die Deutschlehrerin warten. Sie gehören zu zwei verschiedenen Klassen – 8E und 8M. „Diese Schüler habe ich erst dieses Schuljahr übernommen”, erklärt die Lehrerin.

Sie hat eine kleine Sprechübung auf Lager: Die Jugendlichen freuen sich, über ihre Lieblingsaktivitäten zu reden und sind stolz, der „überraschten” Lehrerin weitere Erklärungen über ihre einzigartigen Hobbys geben zu dürfen – wo genau man klettern kann, seit wann man Lyrik schreibt. Danach werden die Übungen der Olympiade Schritt für Schritt gelöst. Noch bevor es der Lehrerin bewusst wird, ruft ein Schlaumeier in die Runde: „Es klingelt!” Da ihn die Lehrerin nicht korrigiert, sagt er mit unverfälschtem Enthusiasmus laut: „Yes! Am zis bine!” („Das habe ich richtig gesagt!”)

Weiter geht es in ein anderes Klassenzimmer – hier sitzen Drittklässler. Jede Klasse hat ihre eigene Uniform – die Kinder tragen entweder gelbe Hemden mit blau karierten Westen oder weiße Hemden mit rosa Westen. Die Lektion zum Thema „Haustiere” beginnt. Die Schüler erzählen, welche Haustiere sie zu Hause haben und wie sie heißen. Unter ihnen herrscht gute Laune, sie heben zwei Finger in die Luft und bewegen sie heftig. Sie erfahren einiges über die Verkleinerungsformen der Substantive und sollen dabei die allgemeingültigen Regeln erkennen. Vor dem Ende der Lektion wird das Verb „lieben” geschrieben, damit Schüler an die Tafel kommen und es konjugieren.

Die Deutschlehrerin heißt Cristina Cinatti. Sie unterrichtet seit mehr als einem Jahrzehnt, als „es im Kreis nur acht oder neun Deutschlehrer gab, denn nach der Wende sind einige Lehrer nach Deutschland ausgewandert“, erklärt sie. Eigentlich ist Frau Cinatti von Beruf Ingenieurin, studiert hat sie Erdölchemie. Sie gesteht, dass es ihr anfänglich schwerfiel, nach alten Methoden zu unterrichten, „wie ich früher gelernt habe“. Probleme gab es nur zwei: Entweder waren die Lehrmaterialien veraltet oder es gab erst gar keine. Ein Computer kam zu dieser Zeit überhaupt nicht infrage.

Die Lage veränderte sich im Jahre 2003, als das Goethe-Institut Bukarest ein Qualifizierungsprogramm für fachfremd unterrichtende DAF-Lehrer (Lehrer für Deutsch als Fremdsprache) anbot. Ab da wurde Lern- und Lehrstoff zugeschickt. „Herr Uwe Lehner, der damals Leiter der Sprachabteilung des Goethe-Instituts Bukarest war, hat uns allen sehr geholfen. Er hat das Projekt der Lehrerfortbildung bzw. -ausbildung anhand der Fernstudieneinheiten (FSE) in Rumänien eingeführt.

In diesem Sinne hat er landesweit zahlreiche Fortbildungsseminare mit den Autoren der FSE, mit bekannten Fachmethodikern organisiert und systematisch langfristige Fortbildungskurse durchgeführt, die meisten davon in Zusammenarbeit mit dem Institut für Germanistik der Universität Bukarest“, verdeutlicht Frau Cinatti. Der Qualifizierungskurs dauerte zwei Jahre. So erwarb Frau Cinatti eine neue Spezialisierung und nach dem Abschluss erhielt die ausgebildete Chemikerin ein Diplom der Universität Bukarest.

Frau Cinatti ist überzeugt, dass Deutsch in den rumänischen Schulen in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen hat: „Immer mehr Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder Deutsch als erste oder zweite Fremdsprache lernen. Sie haben schließlich verstanden, wie wichtig die deutsche Sprache für die Zukunft ihrer Kinder ist.“ Das steht in starkem Gegensatz zu der Grundeinstellung der Eltern vor fünfzehn Jahren: Deutsch sei zu schwer für die Kinder und die Eltern könnten bei den Hausaufgaben sowieso nicht helfen.

Lange Zeit versuchte die Lehrerin, die Vorteile der deutschen Sprache hervorzuheben und erzählte immer wieder von Schülern, die mit Stipendien ins Ausland gefahren sind oder dank ihrer Deutschkenntnisse heute gutbezahlte Jobs haben. Es ist ihr schließlich gelungen: „Allmählich änderte sich ihre Meinung gegenüber Deutsch und der internationale Kontext scheint jetzt hilfreich zu sein.“ Heutzutage sind sich die Eltern mit Frau Cinatti einig, moderne und aktuelle Lehrbücher selbst zu kaufen, da die in der Schule zur Verfügung gestellten Materialien für die Schüler wenig attraktiv sind. Auch die Ausstattung des Sprachlabors wurde im Laufe der Zeit mit Hilfe von Sponsoren verbessert.

Das Interesse für Deutsch wächst, dabei entsteht jedoch ein anderes, ernst zu nehmendes Problem: der Mangel an Deutschlehrern. Es liegt an den schlechten Löhnen, dass immer mehr Absolventen der Fremdsprachenfakultäten das Unterrichten als Beruf ausschließen. Frau Cinatti führt seit Langem einen ermüdenden Kampf: „Seit 8 Jahren bewältige ich mehr als das Anderthalbfache der Norm und es wird immer schwieriger für mich, damit zurechtzukommen. Statt 18 Stunden pro Woche habe ich 28. Ich habe vier Gruppen der bilingualen Klassen (vier mal fünf Stunden), drei Klassen mit zwei Stunden pro Woche (die dritte, fünfte und achte Klasse)“, erklärt sie.

Die Schüler der bilingualen neunten Klasse haben Unterricht im Deutschkabinett. Der Raum ist ziemlich groß und mit verschiedenen Multimedia-Geräten ausgestattet. Die zwei Regale sind vollgestopft mit Büchern, CDs und Übungsblättern. Hier hängen überall an den Wänden Plakate über Deutschland und Österreich – Projekte, an denen verschiedene Generationen von Schülern im Laufe der Zeit gearbeitet haben. Die Schüler tüfteln in Ruhe an den Übungen. Nächstes Jahr wird das Sprachlabor weniger benutzt werden – denn wegen des Mangels an Deutschlehrern werden keine Schüler mehr in bilinguale Klassen eingeschrieben.