An Vizebürgermeisterin Astrid Fodor hatte Klaus Johannis die Befugnisse des Bürgermeisteramtes im August vergangenen Jahres übertragen, nachdem er zum Präsidentschaftskandidaten gewählt worden war. Nach dem Gewinnen der Präsidentschaftswahlen legte Johannis sein Bürgermeistermandat am 2. Dezember 2014 nieder und Astrid Fodor wurde in geheimer Wahl von den Stadträten zur Interims-Bürgermeisterin bestimmt. Die gebürtige Hermannstädterin und ausgebildete Juristin gehört dem Hermannstädter Stadtrat seit 2004 an und war seit 2008 Vizebürgermeisterin. Zuvor hatte sie von 2002 bis 2008 als Kassenamtsleiterin im Landeskonsistorium der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien gearbeitet. Mit Astrid Fodor führte Hannelore Baier folgendes Interview.
Mitte Januar gaben Sie auf einer Pressekonferenz bekannt, für das Bürgermeisteramt zu kandidieren und zwischenzeitlich hat Premier Ponta mitgeteilt, Ende März Teilwahlen organisieren zu wollen. Was hat Sie dazu bewogen, diese Kandidatur anzukündigen, bevor ein Wahltermin feststand?
Die vielen Fragen von Seiten der Journalisten. Seit Dezember gab es keinen einzigen Kontakt mit Medienvertretern mehr, bei dem ich nicht gefragt wurde, ob ich kandidieren werde – und der Antwort immer wieder auszuweichen, war mir langsam peinlich. Auch hatte sich ohnehin bereits vor meiner Ankündigung ein anderer Vertreter des Deutschen Forums öffentlich diesbezüglich geäußert, ich konnte also nur noch bestätigen, dass ich als Kandidatin zur Verfügung stehe. Nachdem Klaus Johannis sein Mandat als Bürgermeister abgegeben hatte, beschloss der Vorstand des Hermannstädter Forums, mich für die Kandidatur zu nominieren. Ende Februar wird das Kreisforum Hermannstadt tagen, wo wir über weitere Schritte sprechen werden.
Wird es eine Wahlallianz mit einer Partei geben oder erfolgt die Kandidatur als Vertreterin allein des Deutschen Forums?
Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien ist in Hermannstadt stets allein in Wahlen angetreten und das wird es auch diesmal tun. Konkret beschlossen haben wir dies zwar noch nicht – zumal der Wahltermin ja noch nicht feststeht – aber ich sehe nicht, weshalb wir eine Wahlallianz schließen sollten.
Was ist das Wichtigste, das Sie von Ihrem Vorgänger im Amt, Klaus Johannis, gelernt haben und Ihnen im oft nicht ganz einfachen Job hilft?
Vom Bürgermeister Klaus Johannis habe ich sehr viel gelernt. Das Wichtigste ist, meiner Meinung nach, zielgerichtet zu arbeiten und klare Strategien zu haben. Sonst verliert und verzettelt man sich. Es muss Langzeitprojekte, mittelfristige und kurzfristige Vorhaben geben und die geht man mit klaren Zielvorgaben an, sonst erreicht man nichts.
Laut dem am 3. Februar angenommenen Haushaltsvoranschlag wird Hermannstadt 2015 ein Budget über 482 Millionen Lei haben. Im vergangenen Jahr waren es 409 Millionen Lei. Von wo kommt das Plus?
Das Plus sind die in den letzten Jahren nicht ausgegebenen Summen, aber auch höhere Einnahmen aus der Einkommenssteuer. Schon seit Jahren können die Investitionen nicht in dem Rhythmus umgesetzt werden, in dem wir sie planen. Die Prozeduren der Beantragung und dann der Ausschreibung sind sehr langwierig, manche Ausschreibungsergebnisse werden angefochten, die diesbezüglich eingeleiteten Untersuchungen ziehen sich hin, sodass es zu Vertagungen um ein halbes Jahr oder länger kommt. Aus diesem Grund bewegen sich die Dinge langsamer, als wir möchten.
Wie auch bisher, ist eine hohe Summe – ein Drittel – für Investitionen vorgesehen. Welches sind die bedeutendsten Vorhaben für dieses Jahr?
Am wichtigsten ist das Fortsetzen der Arbeiten an der Infrastruktur. Wir möchten endlich alle Erdstraßen in Hermannstadt asphaltiert oder gepflastert haben, nachdem vorher eine moderne Trinkwasserleitung und Kanalisation gelegt und auch die sonstigen Leitungen in Ordnung gebracht worden sind. Ausgeschrieben haben wir Ende 2014 die Arbeiten an weiteren dreißig Straßen, derzeit werden die Angebote evaluiert, zur Verfügung stehen hierfür 26 Millionen Lei.
Das größte Projekt, an dem heuer weitergearbeitet und das bis zum Jahresende abgeschlossen wird, ist der Viadukt zwischen der Mihai-Kogălniceanu- und der Kleinscheuerner Straße/Calea Şurii Mici, dessen Bau hauptsächlich aus europäischen Fonds erfolgt. Das Errichten dieses Bahnübergangs ist sehr wichtig für die wirtschaftliche Belebung der Gegend im Nordosten der Stadt. Das zweitgrößte Vorhaben ist die Brücke über den Zibin beim Zibinsmarkt. Sie müsste Ende März 2016 fertig sein, den Gesprächen mit der Baufirmenleitung zufolge, wird sie wahrscheinlich bereits am Jahresende befahrbar sein. Investitionen kleineren Ausmaßes, wie die eben genannten, wird es auch weiterhin in die öffentlichen Einrichtungen wie den Zoo geben, es werden weitere Spielplätze eingerichtet und Parks.
Wie steht es um die Zusammenarbeit mit E.On-Gas, bei der es in der Vergangenheit immer wieder „Koordinationsschwierigkeiten“ gab?
Schwierigkeiten wird es – leider – auch weiterhin geben. Es besteht eine gute Zusammenarbeit, wir versuchen gemeinsame Lösungen zu suchen, aber E.On hat eine andere Agenda, die nicht ganz mit unserer übereinstimmt, und ihre Investitionen sind noch langsamer als unsere, weil das Budget, das das Unternehmen für Hermannstadt zugeteilt bekommt, dem Bedarf nicht entspricht. Es wird also auch weiterhin vorkommen, dass frisch asphaltierte Straßen von diesem Unternehmen wieder aufgegraben werden.
In welchen Stadtvierteln werden heuer Modernisierungen durchgeführt, nachdem das Vasile Aaron-Viertel im vorigen Jahr fertig wurde?
Modernisierungsarbeiten werden heuer in den Hermannstadt eingemeindeten Orten Hammersdorf/Guşteriţa und Neppendorf/Turnişor fortgesetzt, wo einige Straßen bereits modernisiert wurden und heuer die Arbeiten an weiteren beginnen. Weil wir vorhin über E.On sprachen: In Neppendorf blieb die D.D.Roşca-Straße über Winter offen, weil E.On dort nun die Leitungen verlegen wird, wonach wir sie fertigstellen. Modernisierungsarbeiten wird es an den Straßen geben, die zur Poplaker- und der Jungen-Wald-Straße/Calea Dumbrăvii führen. Was Wohnviertel als solche angeht, so werden heuer die Machbarkeitsstudien angefertigt für die sogenannte Dioda-Gegend (am Anfang der Jungen-Wald-Straße) und Hipodrom-II, um die Arbeiten am Jahresende auszuschreiben und im nächsten Jahr dann umzusetzen. Diese Vorhaben umfassen die Straßen, Gehsteige, Parkplätze, Grünanlagen, Stadtbeleuchtung.
Im Budget für 2015 sind rund 4 Millionen Lei für Machbarkeitsstudien vorgesehen, darunter auch Mittel für den Freizeitpark mit Strand im Jungen Wald – ein Projekt, das bereits einmal auf dem Tapet war – und das Kultur- und Konferenzzentrum am Theaterplatz. Wie weit ist die Planung bei diesen fortgeschritten?
Diese beiden Projekte sind in der Phase der Erarbeitung eines Flächennutzungsplanes für das jeweilige Areal. Im Falle des „Aquaparks“ wollen wir den vorhandenen aktualisieren und hoffen, für die Umsetzung europäische Mittel im Rahmen des neuen Regio-Programmes beantragen zu können. Für das Kultur- und Konferenzzentrum wird ein Nutzungsplan überlegt. Es handelt sich um ein sehr wichtiges und heikles Projekt, weil es das Stadtbild am Rande der Altstadt verändern wird. Dieses Projekt ist zurzeit in der Phase des Ideen-Sammelns, wobei auch die Frage des Verkehrs in der Gegend – der Hermannsplatz/Piaţa Unirii ist ein wichtiger Knotenpunkt – im Focus stehen muss. Eine von Architekten vorgeschlagene Variante ist, die 90er Kaserne in das Projekt einzuschließen, d. h. zwei Gebäude zu errichten, und zwar auf dem derzeitigen Parkplatz das Konferenzzentrum und anstelle des derzeitigen Theatergebäudes ein neues Theater, und den Verkehr unterirdisch zu führen – doch würde das sehr teuer kommen. All das sind aber, wie gesagt, erst Vorschläge. Wir hoffen, bis zum Jahresende einen Flächennutzungsplan vorliegen zu haben, um ihn zur öffentlichen Debatte zu stellen.
Das Rathaus will sich heuer der Gegend im Jungen Wald hinter dem Hotel Hilton annehmen. Was soll dort geschehen?
Um diese vernachlässigte Gegend herzurichten und besser zu gestalten, ist ebenfalls ein Flächennutzungsplan in Arbeit. Es ist die Gegend, wo das Maifest stattfindet und wohin die Leute früher gern „ins Grüne“ gingen. Geregelt werden soll der Verkehr, wofür man für Autos befahrbare Wege anlegen wird, ansonsten aber bleibt es Grünfläche und Wald. Wir wollen einfach jeden grünen Fleck herrichten, um von privaten Veranstaltern genutzt werden zu können.
Wird es keine Möglichkeiten geben, auch etwas näher am Stadtzentrum im Freien Sport zu betreiben?
Doch, gegenüber vom Stadion sollen am Rand des Erlenparks 3-4 kleinere Fußballplätze hergerichtet werden, und zwar hoffen wir, das noch im Sommer dieses Jahres zu tun. Auch sollen dort Fitness-Apparate aufgestellt werden. In Auftrag gegeben wurde eine Studie, um festzustellen, wie die derzeitige Grasfläche zwischen dem Hotel „Silva“ und dem provisorischen Sportplatz hergerichtet und ausgestattet werden kann.
Mehr Geld – und zwar um 10 Prozent und das sind dann insgesamt 35 Millionen Lei – wurden für Kultur veranschlagt, wobei 6,6 Millionen Lei für Events vorgesehen sind. Gibt es ein zentrales Thema?
Nein, wir haben kein zentrales Thema festgelegt, wir lassen den Event-Veranstaltern die Möglichkeit, kreativ zu sein. Die Summe, mit der wir als Stadt die Ereignisse mitfinanzieren, hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert und weiterhin gilt, dass die Organisatoren 20 Prozent der Kosten selbst aufbringen müssen. Beim Sport haben wir den Prozentsatz der Eigenfinanzierung auf 15 Prozent heruntergesetzt, um die Veranstalter zu motivieren, Sportevents zu organisieren. Dass wir um rund 10 Prozent mehr Geld für unsere Kultureinrichtungen vorgesehen haben geschah im Bemühen, die Qualität ihrer Arbeit und Projekte weiter zu verbessern, denn Hermannstadt bleibt nun mal die Kulturhauptstadt des Landes.
Was für Projekte hat Hermannstadt vorbereitet, um Mittel aus dem EU-Haushalt 2014-2020 zu beantragen – außer den bereits genannten?
Wir haben eine lange Liste mit Projekten, aber wir wissen noch nicht, welches wir einreichen können, da der Leitfaden für das Beantragen der Mittel noch nicht erschienen ist. Vorgearbeitet haben wir in sozusagen allen Bereichen. Im Sozialbereich möchten wir Mittel für den Bau von Sozialwohnungen beantragen, für das Einrichten eines Clubs für Senioren, den Bau bzw. das Renovieren und Modernisieren von Kinderkrippen, Kindergärten und Schulen. Bedarf ist weiterhin an medizinischer Apparatur für das Krankenhaus. Auch das Konferenz- und Kulturzentrum wollen wir mit EU-Mitteln verwirklichen, zumal es von Bedeutung für die Region sein wird und damit einer der Forderungen des EU-Programmes entspricht.