Viele dürften noch „Seinfeld“, eine der bekanntesten Comedy-Sitcoms der 90er Jahre kennen. Vergangene Woche wurde ich an eine der bekanntesten Folgen der Serie erinnert. George Constanzas Vater will weder Weihnachten noch Chanukka feiern, da ihm beide Feste nichts sagen und zu kommerziell geworden waren. Also erfindet er ein neues Fest: „Festivus“ – the feast for the rest of us (ein Fest für uns andere). Eigentlich ein Fest, gehalten am 23. Dezember, an dem nichts gefeiert wird, außer, dass es nichts zu feiern gibt. Die Idee des Drehbuchautors Dan O´Keefe war so erfolgreich, dass über die Jahre nicht zu verachtende Menschengruppen in den USA bis heute Festivus feiern.
Seit 2010 wurde der 15. Januar in Rumänien, der Tag, welcher dem Dichter Mihai Eminescu gewidmet war, zum Tag der rumänischen Kultur erklärt. Zwar ist der Tag noch nicht zum arbeitsfreien Tag hochgestuft, doch man darf mit Vertrauen in die Zukunft schauen, denn was nicht ist, kann noch werden. Obwohl der Tag der gesamten rumänischen Kultur gewidmet ist, egal was man darunter verstehen möchte (es ist mir persönlich unklar, ob unsere Politiker in ihrer Weisheit und Weitsicht dabei auch an die von den in Rumänien lebenden ethnischen Minderheiten geschaffene Kultur gedacht haben), drehen sich die meisten Veranstaltungen weiterhin um den schon genannten Dichter: den „Leuchtstern unserer Dichtung“, den „Dichter ohne Seinesgleichen“, den „Dichter des nationalen Gefühls“…
„Festivus“… Das Gesetz Nr. 283, mittels dessen der Tag der nationalen Kultur eingeführt wurde, erklärt in seinen wenigen Zeilen nichts zu dem, was gefeiert werden soll: Der Feiertag wird festgelegt, die zentralen und regionalen Behörden haben kulturelle und künstlerische Veranstaltungen zur Feier des Tages finanziell zu unterstützen, das Kulturministerium hat ein Handbuch mit den gesamten Veranstaltungen zu erstellen, der nationale Radio- und Fernsehsender hat dem Tag gewidmete Programme zu entwickeln. So weit die Worte des Gesetzgebers. Kultur ist dem rumänischen Staat, wie man sehen kann, sehr wichtig. So könnte auch der jährliche großzügige Etat des Kulturministeriums, der weit unter einem Prozent des Staatsbudgets liegt, erklärt werden. Die Situation wurde von Constantin Chiriac, Leiter des Hermannstädter Theaters, in einem Interview zusammengefasst: „Die letzten Präsidentschaftswahlen, die zu nichts geführt haben, haben mehr gekostet als das gesamte Jahresbudget des Kulturministeriums“. Wahrscheinlich wird in diesem Krisenjahr das für das Kulturministerium vorgesehene Budget noch niedriger als sonst ausfallen. Aber was soll´s: solange die Kultur einen Feiertag hat und sich unter dem Zeichen der NATIONALEN Kultur die Kulturschaffenden und mit ihnen das ganze Volk in einem vom Pruth bis zur Theiss reichenden, das ganze Land umfassenden Reigen die Hände reichen und sich selber und die glorreiche Kulturgeschichte des Volkes feiern. Die gesamte Situation erinnert an den bekannten Radio-Eriwan-Witz aus dem Kommunismus: „Ist es wahr, dass Aliosha Bubushkin ein Auto in der Lotterie gewonnen hat? Im Prinzip genommen ja, nur handelt es sich nicht um ein Auto, sondern um ein Fahrrad und dieses hat er nicht gewonnen, sondern es wurde ihm gestohlen.“
Schaut man sich Rumäniens Politiker an, wird man gleich erkennen, dass derartiges nichts Neues unter der Sonne ist. Beispiel: Marcel Ciolacu, ex- und neuernannter Premier, nahm nach den erniedrigenden Wahlergebnissen, die er und seine Partei erzielten, den Gang nach Canossa auf sich, entschuldigte sich bei dem Volk und erklärte, dass man die Botschaft des Volkes verstanden habe. Seitdem ist er unglaublich aktiv auf TikTok geworden. Vielleicht wird ihm jemand erklären, dass besagte Botschaft nicht lautete: „Du hast zu wenig gepostet und deswegen haben wir dich nicht gewählt.“