Rumänien hat eine Schwäche für Helden. Rumänien braucht Helden. Rumänien hat ein krankhaftes Bedürfnis, als eine der Geschichte machenden Nationen der Welt anerkannt zu werden. Und das war und ist Rumänien auch, nur die Bösen, die die Welt regieren, konnten und können es nicht zulassen, dass dieses Land am Tisch der Reichen und Mächtigen sitzt und mitredet. Darum wurden die Verdienste dieses mit so viel Genie ausgestatteten Volkes auf internationaler Ebene nie anerkannt. Und nicht nur das, sondern oft wurden diese Verdienste, weil so weltverändernd, von den großen Nationen vereinnahmt. Greift man zu Selbstbeschreibungen des Karpatenvolkes, wird man staunen müssen wie leicht mit den Begriffen „Genie“ und „Held“ umgegangen wird. Sogar Ceaușescu ließ sich als „Genie der Karpaten“ und „Held unter Helden“ feiern.
Auf der Suche nach dem Heldentum des Volkes geht natürlich auch so manches daneben. Denken wir nur an die aus dem 19. Jahrhundert stammenden Theorien, dass Latein in diesem unserem geografischen Raum entstanden sei und danach in die stiefelförmige Halbinsel „exportiert“ wurde. Über die Genialität der Daker haben wir in den letzten Monaten bis zum Überdruss gehört.
Der Held muss ein Mensch des Volkes sein und bleiben. Er muss genial, aber sich seines Platzes in der Menge bewusst sein. Damit muss er auch zufrieden sein. Unter keinen Umständen Träume haben, die ihn von der Masse abheben. Zugleich aber nicht von seiner Auserwählung als Weltveränderer abweichen. Seine Verdienste gehören dem Volk, seine Misserfolge ihm selber. Das genialste Volk der Welt kann nicht nicht erfolgreich sein. Und wenn das doch geschieht, dann sind die anderen in ihrer Ignoranz schuld.
Rumänien hat zu seinen Helden ein gespaltenes Verhältnis. Ein Verhältnis, welches sich zwischen Loblied und Statuen Bauen und ewigem Verfluchen bewegt. Am einfachsten ist dieses Spannungsfeld in der Beziehung der Medien zu den einheimischen Sportlern nachzuvollziehen. Da hat uns vor Kurzem Cristian Tudor Popescu, einer der bekanntesten rumänischen Kolumnisten, gezeigt wie und was. In einem Beitrag über den 20-jährigen Schwimmer David Popovici, Welt- und Olympiameister, schrieb er: „Ich halte David Popovici, wie ich es nicht nur einmal gesagt habe, für den intelligentesten und gebildetsten unter den großen rumänischen Sportlern.“ Und siehe da, wie jeder 20-Jährige hatte dieser den Mut, einen „nichtswürdigen Traum“, wie Popescu seinen Beitrag auch betitelte, zu haben: einen Porsche Spider. Und aus seinem schwer verdienten Geld, die Kindheit und die Jugend eines Leistungssportlers, der es so jung so weit bringt, ist alles andere als leicht, hat er 120.000 Euro ausgegeben und sich diesen Traum verwirklicht. Darauf musste unser Kolumnist mit der Stimme des Volkes, welche er ja verkörpert, entrüstet reagieren: „Ich habe immer geglaubt, dass der Traum eines intelligenten und gebildeten Menschen darin besteht, etwas zu schaffen, zu bauen, zu erfinden, zu konzipieren, eine außergewöhnliche Leistung für die Welt zu bringen. Nicht Fertigware zu kaufen. Und vor allem ein superteures Auto – diesen nichtswürdigen Traum kann jede schwachsinnige und eingebildete kleine Göre mit dem Geld ihres Vaters verwirklichen.“ Abschließend hält der „große“ Journalist fest, dass der Sportler ihm einen Teil der Hoffnung weggenommen habe, die er ihm selber geschenkt hatte.
Man kann sich nur die Enttäuschung Popescus vorstellen, wenn David Popovici sich auch noch eine hübsche Frau anlächelt und diese nicht gleich ehelicht. Soweit sollte es noch kommen, ein Auto ohne die Genehmigung des Meinungsbildners zu kaufen geht ja noch, aber dann sich das Leben mit einer von dieser hohen Instanz nicht überprüften Frau zu zerstören? Damit würde er seinen Heldenstatus endgültig verspielt haben.