WORT ZUM SONNTAG: Zweierlei Schatzgräber


Es war im Jahre 1867 im Burenland Transvaal, in Südafrika. Ein fahrender Kaufmann näherte sich einem Dorf von Schwarzen. Dort spielten Kinder im Sand. Da sah er in der Hand eines Jungen etwas, das in der Sonne glitzerte. Er fragte ihn, was er da in der Hand habe. Lachend kam die Antwort: „Einen Stein“. Der Kaufmann griff in die Tasche und holte einige farbige Glasperlen hervor. Er sagte zu dem Kleinen: „Gib mir deinen Stein und du bekommst dafür diese schönen Glasperlen“. Das Kind war über diesen Tausch sehr erfreut. Der Kaufmann ritt mit diesem Stein in die Stadt und legte ihn einem Fachmann zur Begutachtung vor. Der Mann untersuchte den Stein sehr genau. Erregt fragte er den Kaufmann: „Wo haben Sie diesen Stein her?“ „Das sage ich Ihnen nicht“, war die Antwort, „aber sagen Sie mir, was das ist“. „Was das ist? Mensch, das ist ja ein Diamant vom reinsten Wasser!“ Es gelang dem Kaufmann, seine innere Erregung zu meistern. Er nahm den Stein zurück, nahm alles Geld, das er flüssig machen konnte und kaufte den Grund, wo die Kinder im Sand gespielt hatten. Man grub nach und fand immer mehr von diesen Steinen. Bald ging die Kunde von den Diamantenfunden durch das ganze Land. Die großen Diamantenfelder im sogenannten „Blauen Grund“ waren entdeckt. Seit damals hat man Diamanten im Werte von vielen, vielen Millionen gefunden. Der Kaufmann wurde ein „steinreicher“ Mann. Wer wünschte sich nicht, ein solches Geschäft zu machen? Wahrlich, dieser Kaufmann hat ein Geschäft gemacht, von dem man nur träumen kann. Für einige Glasperlen viele Millionen.

Sehen wir uns einen anderen Kaufmann an: Franz von Assisi! Er musste sich den Reichtum nicht mühsam erwerben wie der fahrende Kaufmann, sondern er wurde in ihn hineingeboren. Sein Vater war nämlich ein reicher Kaufmann. Franz sollte auch, wie sein Vater, ein erfolgreicher Tuchhändler werden. Der junge Kaufmannssohn gab aber lieber das Geld für Vergnügungen mit seinen Freunden aus, als es, wie sein Vater, zusammenzuscharren. So verstanden sich die beiden nicht gut. Ein Kaufmann benötigt einen kühl berechnenden Kopf – Franz aber hatte ein gutes Herz und verschenkte viel an die Armen. Es kam zum Krach zwischen Vater und Sohn.

Eines Sonntags hörte Franz in der Kirche die Worte des Evangeliums: „Willst du vollkommen sein, so verkaufe alles, was du hast und gibt es den Armen. So hast du einen Schatz im Himmel. Dann komm und folge mir nach!“ Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und er erkannte seine Lebensaufgabe: Nicht als Textilkaufmann viel Geld zu erwerben, sondern etwas weit Größeres und Bleibenderes: Die Liebe und die Freundschaft Gottes! Das wurde für ihn der größte Schatz, dem er alles andere bedenkenlos und konsequent opferte. Er gründete den Orden der Minderen Brüder. Statt mit dem Geldsack, ging er mit dem Bettelsack umher. Im Herzen hatte er das frohe Bewusstsein: Ich bin auf dem Wege der Nachfolge Christi und grabe nach einem unvergänglichen Schatz! Und da er Christus geistig so nahe gekommen war, wie selten ein Mensch, so sollte es auch körperlich zum Ausdruck kommen: Er empfing die Wundmale Christi an Händen und Füßen und an der Seite. Zwei Jahre nach seinem Tode wurde er heiliggesprochen.

Stellen wir den Kaufmann aus Südafrika, der durch die Diamanten steinreich geworden war, und Franz von Assisi einander gegenüber. Der Kaufmann hat durch seinen Fund und seiner Geriebenheit viele Millionen gewonnen. Als er aber nach einiger Zeit starb, musste er seine Millionen zurücklassen. Wie ist er wohl bei Gott angekommen? – Franz von Assisi hat die irdischen Reichtümer für den Schatz im Himmel dahingegeben und ist nun im ewigen Glück bei Gott. Wer war nun doch der klügere und erfolgreichere Kaufmann?
Wir werden keine Diamantenfelder entdecken und wurden auch nicht in den Reichtum hineingeboren. Dennoch können wir erfolgreiche Schatzgräber werden. Uns stehen zwei Möglichkeiten offen: Durch zeitliches Tun einige zeitliche Güter zu gewinnen, um sie im Tode alle wieder zu verlieren; oder durch zeitliches Tun ewige Güter zu gewinnen und zu behalten. „Wer es fassen kann, der fasse es“, sagt Christus.