Seit 2018 kann sich die Gemeinde Vama Buzăului mit der Bezeichnung „Kurort von lokalem Interesse“ vorstellen. Das ist die Folge der Bestrebungen vor allem der lokalen Behörden, die Gemeinde und deren Umgebung für den Tourismus zu erschließen. Was dabei besonders auffällt, sind die Bemühungen, auf einen sanften Tourismus zu setzen. Denn dafür gibt es beste Voraussetzungen: die relativ abgelegene Position nördlich des Krähensteins/Ciucaș in einer besonderen Berglandschaft; die Einrichtung des Schutzgebietes für Wisente „Valea Zimbrilor“ und lokales Brauchtum mit der dazugehörenden Gastronomie dieser Region.
Wie der Name verrät – „Vama“ bedeutet Zollstelle – ist diese im Südosten des Kreises Kronstadt/Brașov rund 45 Kilometer vom Kreisvorort entfernte Gemeinde früher an einer Grenze gelegen, und zwar an jener zwischen dem Habsburger Kaiserreich und der Walachei (Țara Românească). Ab 1700 bis zum Ersten Weltkrieg waren dort Grenzsoldaten und -beamte des Reiches stationiert. Zeugen dieser Zeiten sind heute nur noch ein einziges erhalten gebliebenes Grenzhaus und die Ruinen einer alten, wahrscheinlich katholischen Kirche. Damit verbunden waren auch die ersten Wirts- und Gasthäuser, wo die Handelsleute einkehrten und übernachteten, denn noch gab es keine Landstraße und keine Eisenbahn im Prahova-Tal, die über Predeal die sicherste und schnellste Verbindung zwischen dem Süden des heutigen Rumänien und Siebenbürgen, genauer dem Burzenland, ermöglichte. Wer hätte damals gedacht, das gut drei Jahrhunderte später eine andere Art von Reisenden, die Touristen, in dieser Region einen neuen Entwicklungsimpuls setzen würden!
Noch in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts ging der Kronstädter Natur- und Erdkundelehrer Heinrich Wachner davon aus, dass der Region durch den Bau der Eisenbahnlinie von Kronstadt über das nahe gelegene Städtchen Întorsura Buzăului in Richtung Donauhäfen Galatz und Brăila ein wirtschaftlicher Aufschwung mit allen dazu gehörenden Vor- und Nachteilen beschert werden würde. Das Eisenbahnprojekt wurde jedoch nie umgesetzt; vor vier Jahren ist die Brücke über den Tatrang bei Budila eingestürzt, so dass der Zugverkehr auf der Nebenlinie Kronstadt – Întorsura heute vorläufig eingestellt ist. Nebenbei sei für an der Geschichte der rumänischen Eisenbahn Interessierte vermerkt, dass auf dieser Strecke, bei Teliu, der auch heute noch längste Eisenbahntunnel (4369,5 Meter) des Landes liegt, erbaut in den 1920er Jahren. Er könnte, so heißt es, zu einer touristischen Sehenswürdigkeit in diesem Teil des Karpatenbogens werden.
Dass in dieser Gegend die Industrialisierung ausblieb, erweist sich heute als Vorteil für den Tourismus. Denn Umweltverschmutzung gibt es dort so gut wie keine. So soll das auch weiterhin bleiben, wünscht sich Bürgermeister Tiberiu Nicolae Chirilaș. Er weiß, dass ein starker Touristenandrang auch mit gewissen Herausforderungen verbunden ist. Seitdem das Wisent-Schutzgebiet „Valea Zimbrilor“ bei Acriș, dem Nachbardorf, das inzwischen praktisch mit Vama Buzăului zusammengewachsen ist, eröffnet hat und zur lokalen Hauptattraktion wurde (über 50.000 Besucher/Jahr), suchen immer mehr Touristen den Ort auf – ein Trend, der durch die in Folge der Pandemie eingeschränkten Auslandsreisemöglichkeiten zugenommen hat. Zwei Faktoren sind der Gemeindeverwaltung besonders wichtig: die Reinheit wahren und die Lautstärke unter Kontrolle halten. Ersteres geschieht durch zahlreiche Abfallkörbe, so dass niemand mit Papier, Plastikverpackung und anderem Abfall in den Händen weite Strecken bis zum Müllkorb zurücklegen muss oder, noch schlimmer, all dieses einfach liegen lässt. Lärm passe keineswegs zu einer intakten und schönen Landschaft, zu deren gastfreundlichen, besonnenen Bewohnern. Können diese frommen Wünsche auch erfüllt werden? Bürgermeister Chirilaș setzt auf zivilisierte, achtsame Touristen, die so etwas schätzen und Vama Buzăului ähnlich gesinnten Freunden und Bekannten weiterempfehlen. Was ihn besonders beeindruckt und gefreut habe, sei die Tatsache, dass unter den Besuchern einige so begeistert von Land und Leuten waren, dass sie gern bleiben oder zumindest ihr Feriendomizil dort einrichten würden.
Die Mehrheit der rund 3200 Einwohner sind Rumänen. Sie beschäftigen sich hauptsächlich mit Viehzucht, vor allem Schafzucht, und mit der Holzverarbeitung. Bis 1989 pendelten viele von ihnen nach Kronstadt, wo sie bei „Tractorul“, dem Lkw-Werk oder anderen damals noch bestehenden Großbetrieben angestellt waren. 2008, als der Grundstein für das Wisent-Reservat gelegt wurde, konnte auch die Bevölkerung für dieses Projekt gewonnen werden. Das umzäunte Gehege ist zehn Hektar groß. Hinzu kommen weitere 80 Hektar Waldfläche, denn die majestätischen Tiere sollen sich an ein möglichst selbstständiges Leben gewöhnen, um dann, wenn sie dafür vorbereitet sind, in den Bergen Rumäniens ausgewildert zu werden. Das ist bereits mit einigen Exemplaren geschehen. Zurzeit gibt es in Acriș über 37 in Halbfreiheit lebende Wisente. Die ersten fünf kamen 2008 aus der Schweiz, Italien und Österreich. Das erste dort geborene Wisentbaby wurde auf einen gar nicht martialisch lautenden Namen getauft: „Gențiana”, die rumänische Bezeichnung für Enzian. Außer Wisenten können die Besucher auch Hirsche und Rehe, wie auch Rentiere und Pfaue bewundern. Dass dort auch das erste Rentierbaby in Rumänien zur Welt kam, ist eine weitere Besonderheit. Der Zugang ins Schutzgebiet erfolgt über festgelegte Wege, damit die Wisente gut sichtbar sind, ohne zu sehr gestört zu werden. Der Eintritt kostet 10 Lei für Erwachsene und den halben Preis für Kinder; die Öffnungszeiten sind zwischen 9 und 20 Uhr im Sommer (April – September) und zwischen 9 und 18 Uhr im Winter.
Vom Wisent-Reservat aus kann man während der Hochsaison mit einem Bummelzug durch Acriș und Vama zu einem Parkplatz fahren, von dem es dann zu Fuß noch rund zwanzig Minuten bis zum Urlătoarea-Wasserfall dauert. Gespeist wird dieser von mehreren nebeneinander liegenden Quellen, deren Wasser den rötlichen, felsigen Hang hinabperlt und auch von einem Felsen herunterfließt. Zehn Minuten oberhalb dieser Stelle, auf einem nach links führenden Pfad, kann man dasselbe Schauspiel, diesmal in einem kleineren Maßstab, vorfinden. Entlang des Baches und auf kleinen Wiesen sind Picknickplätze mit Tischen, Bänken, Abfallkörben eingerichtet, wo man das im Rucksack mitgebrachte Essen inmitten der Natur ungestört genießen kann.
In Vama Buzăului gibt es ungefähr ein Dutzend lokale gastronomische Punkten („puncte gastronomice locale”) bei entsprechend gekennzeichneten Privathäusern. Dort werden lokale Speisen zubereitet oder aus der eigenen Wirtschaft stammende Lebensmittel verkauft. Es handelt sich um verschiedene Käsearten, von „burduf”, „caș” bis „telemea”, Speck, Wurst und vieles andere. „Vom Hof auf den Tisch” und „From Farm to Fork” wird anderorts diese direkte Verkaufsmöglichkeit lokaler Produkte an Touristen bezeichnet.
Wer größere Wanderungen unternehmen will, kann den Aufstieg zum Krähenstein wählen. Von Vama Buzăului aus sind die Strecken etwas länger und schwieriger als vom Bratocea-Pass oder von Babarunca, aber genau so spektakulär, vorbei an bizarren Felsengruppen und mit schönen Aussichten in die Täler. Radfahren ist eine weitere Freizeit-Alternative, wie auch Reiten oder Fischen bei einer Forellenzuchtstelle. Übernachten kann man in zwei Luxus-Pensionen samt Camping für Wohnwagen oder in den ersten in Vama oder Umgebung – Sita Buzăului, Întorsura Buzăului – errichteten Gasthäusern. Folklore-Festivals sind an Dorf- und Hirtenbräuche gebunden; hinzu kommt auch ein Folk-Festival „Vama de la munte”. Denn das (einstige) Flair des von Jugendlichen und Naturfreunden bevorzugten Schwarzmeer-Ferienortes Vama Veche soll auch dessen Namensvetter in den Bergen erreichen.