Streifzug durch das kulturelle Sathmar

Vier Gebäude prägen Kulturleben und Architekturgeschichte der Stadt

Die Kunstabteilung des Kreismuseums befindet sich im denkmalgeschützten „Casa Vécsey“.

Das Nordtheater in der belebten Horeastraße

Das Kulturhaus der Gewerkschaften | Fotos: Arthur Glaser

Konzertsaal der Sathmarer Philharmonie

Sathmar/Satu Mare mag auf den ersten Blick beschaulich wirken, doch unter der ruhigen Oberfläche verbirgt sich eine lebendige Kulturszene. Geprägt von einer reichen multikulturellen Geschichte bietet die Stadt ein abwechslungsreiches Programm für Liebhaber von Musik, Theater und Kunst. Vier Institutionen stehen dafür exemplarisch im Zentrum dieses kulturellen Lebens: die Philharmonie „Dinu Lipatti“, das Nordtheater, das Kreismuseum sowie das Kulturhaus der Gewerkschaften.

Jede dieser Einrichtungen prägt das städtische Kulturleben auf ihre eigene Art und Weise und bietet sowohl Einheimischen als auch Besuchern interessante Erlebnisse und Eindrücke. Ein Besuch dieser Gebäude eröffnet auch einen kurzen, aber prägnanten Blick in die Geschichte Sathmars.

Ein weltbekannter „Tempel“ der klassischen Musik

Benannt nach dem weltberühmten Pianisten Dinu Lipatti ist die Philharmonie in Sathmar ein wahrer Schatz für Musikliebhaber. Seit Jahrzehnten bietet das Orchester erstklassige Konzerte mit einem Repertoire, das von klassischen Meisterwerken bis zu modernen Kompositionen reicht.

Die Philharmonie, die in einem architektonisch beeindruckenden Gebäude untergebracht ist, schafft eine Atmosphäre, in der Musik auf einzigartige Weise erlebt werden kann. Das Bauwerk, in dem sich der Konzertsaal der Philharmonie befindet, ist ein Flügel des historischen Hotels Dacia und wurde 1902 im Sezessionsstil errichtet. Die Konstruktion besteht aus tragendem Mauerwerk und Decken mit Ziegelbögen auf Metallträgern. Das Foyer ist mit Säulen ausgestattet und verfügt über zwei Treppen, die zum Mezzanin führen. Der Konzertsaal selbst wird von Kolonnaden flankiert, während die Kuppel reich verziert und mit floralen Mosaikelementen ausgestattet ist. Der Saal hat eine Kapazität von 400 Plätzen und zeichnet sich durch eine exzellente Akustik aus, die ihn zu einem der fünf besten Konzertsäle des Landes macht.

Im Jahr 1947 wurde die „Philharmonische Gesellschaft“ in Sathmar neu organisiert, die 1949 in das „Staatliche Sinfonieorchester Sathmar“ umgewandelt wurde. Die erste Konzertsaison begann inoffiziell am 12. September 1949 und offiziell am 25. Februar 1950. Die langersehnte Institutionalisierung erfolgte unter dem Namen „Staatliches Sinfonieorchester Glinka“, ein Name, der im Laufe der Jahre aufgegeben wurde. Seit 1992 trägt die Institution den bedeutenden Namen „Dinu Lipatti“, wodurch sie sich sowohl national als auch international stärker in der öffentlichen Wahrnehmung etablierte.

Das heutige Bild der Philharmonie beginnt sich ab 1970 zu formen, als sie sich anderen musikalischen Institutionen des Landes anschloss und Konzertveranstaltungen, Symphoniekonzerte, vokal-sinfonische Werke sowie Aufnahmen für Rundfunk und Fernsehen produzierte.

Internationale Gastdirigenten sowie renommierte Solisten bereichern regelmäßig das Programm und bringen klangliche Vielfalt in das musikalische Angebot. Ob Beethoven, Enescu oder Bartók – hier wird Musik auf höchstem Niveau dargeboten. Doch nicht nur Klassikliebhaber kommen hier auf ihre Kosten, denn das Orchester wagt sich auch an Film- und Popmusikprojekte, die neue Publikumsschichten ansprechen.

Ein besonderes Highlight im Kalender der Philharmonie ist das alljährliche Musikfestival, das nationale und internationale Künstler zusammenbringt. Dabei entstehen oft faszinierende Crossover-Projekte, bei denen klassische Musik mit moderner Kunst und Performance-Elementen verschmilzt. Diese innovative Herangehensweise hat dazu beigetragen, dass die Philharmonie in Sathmar auch weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist.

Von vielen Wanderbühnen zum Nordtheater

Das Nordtheater in Sathmar gehört ebenfalls zu einer der wichtigsten kulturellen Einrichtungen der Stadt und ist Heimat für Schauspielkunst in rumänischer und ungarischer Sprache. Schauspielbühnen in Sathmar weisen eine lange Tradition auf. Ihre Geschichte reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück, als Schauspieltruppen auf Wanderbühnen durch die Stadt zogen. Später etablierten sich feste Schauspielbühnen in unterschiedlichen Gebäuden. Der Grundstein für das mehrstöckige Gebäude in der Ho-reastraße, in dem das Nordtheater heute untergebracht ist, wurde 1889 gelegt. 1892 wurde es eröffnet. Das im neoklassizistischen Stil errichtete Gebäude gehört zu den schönsten Theatergebäuden Siebenbürgens. Im Erdgeschoss befindet sich ein Vorbau, der von vier Säulen getragen wird, während die Fenster der Fassade gewölbt sind. Es verfügt über einen großen Saal, ein Studio und einen Podiumsraum, in dem das Puppentheater der ungarischen Abteilung stattfindet. Der große Saal bietet 365 Plätze, die  obere Loge nochmals 75 Plätze.

Das Theater beeindruckt jedoch nicht nur durch seine architektonische Gestaltung, sondern auch durch seine künstlerische Bandbreite. Neben Schauspiel werden hier auch Tanztheater, Performances und experimentelle Darbietungen präsentiert. Besonders spannend ist die enge Zusammenarbeit mit internationalen Theatern, die für frische Impulse und interkulturellen Austausch sorgt. Zahlreiche Festivals, darunter ein renommiertes Theaterfestival, bringen internationale Produktionen in die Stadt und ermöglichen es dem Publikum, verschiedene Stilrichtungen der Darstellenden Kunst zu erleben. Im Rahmen der deutschen Kulturtage in Sathmar bekommt man auch mal die Gelegenheit, ein Stück in deutscher Sprache zu genießen. Neben klassischen Stücken von Shakespeare oder Molière sind hier auch zeitgenössische Inszenierungen und innovative Produktionen zu sehen. Das Nordtheater verfügt über zwei Ensembles, die ihre Stücke in ungarischer und rumänischer Sprache spielen.

Ein weiteres bemerkenswertes Element des Nordtheaters ist die Nachwuchsförderung. In Zusammenarbeit mit lokalen Schulen und Universitäten bietet das Theater Workshops an, in denen junge Talente ihre ersten Schritte auf der Bühne wagen können.

Lokale Volkskunst und Vielfalt der Ethnien

Das prachtvolle Gebäude des Kreismuseums Sathmar wurde 1936 erbaut. Ursprünglich wurde es für Verwaltungszwecke genutzt. Es diente als Präfektur des Kreises in der Zwischenkriegszeit und nach dem Zweiten Weltkrieg als Sitz des Kreiskomitees der Kommunistischen Partei. Seit 1984 ist das Kreismuseum in dem Gebäude untergebracht.

Von archäologischen Funden aus der Antike bis zu ethnografischen Sammlungen, die das Leben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen dokumentieren, bietet das Museum eine spannende Zeitreise. Besonders beeindruckend ist die Sammlung zur lokalen Volkskunst, die zeigt, wie die kulturellen Einflüsse von Rumänen, Ungarn, Schwaben und Juden die Region geprägt haben.

Das Museum setzt auf innovative Museumspädagogik und bietet interaktive Erlebnisse für Besucher jeden Alters. Modern gestaltete Ausstellungen mit digitalen Elementen ermöglichen es, Geschichte hautnah zu erleben. Auch Sonderausstellungen mit internationalen Kooperationen tragen zur Attraktivität des Museums bei und machen es zu einem beliebten Ziel für alle Interessierten.

Sehenswert ist auch die Kunstabteilung des Museums, die sich im historisch bedeutsamen „Vécsey-Haus“ befindet. Das Gebäude wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts im neugotischen Stil erbaut und gehört zu den ältesten noch erhaltenen Bauwerken der Stadt. Der Überlieferung zufolge wurde im Hof dieses Gebäudes im Jahr 1711 der Frieden von Sathmar geschlossen. Er beendete den seit 1703 andauernden Konflikt zwischen dem habsburgischen Kaiserhof, den ungarischen Ständen und aufständischen Kuruzzen. Zudem bildete er die Grundlage für die im Jahr darauf beginnende Anwerbung schwäbischer Siedler, der Vorfahren der heutigen Sathmarer Schwaben.

Kultur für alle im brutalistischen Betonklotz

Das Kulturhaus der Gewerkschaften ist ein zentraler Veranstaltungsort für Konzerte, Festivals und Aufführungen aller Art. Das Gebäude wurde mit einer Fläche von 7500 Quadratmetern im kommunistischen Stil errichtet und 1984 fertiggestellt. Es reiht sich damit in die betonüberladene Architektur des „Neuen Zentrums“ ein. Der große Saal bietet Platz für 515 Zuschauer, zudem gibt es einen Konferenzsaal mit 250 Plätzen sowie einen kleineren Saal mit etwa 150 Plätzen.

Ob Folklore-Abende, moderne Tanzvorstellungen, Kunstausstellungen oder Poetry-Slams – die Vielfalt der Veranstaltungen spiegelt die kulturelle Dynamik der Stadt wider. Besonders beliebt sind die Musik- und Theaterfestivals, die jährlich zahlreiche Besucher aus dem In- und Ausland anziehen.

Eine besondere Rolle spielt das Haus in der Förderung der rumänischen und ungarischen Volkskultur. Tanzgruppen, Chöre und Musikgruppen finden hier Raum für Proben und Aufführungen, wodurch die traditionsreiche Musikkultur der Region lebendig bleibt. Auch das Demokratische Forum der Deutschen hat hier Wanderausstellungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht oder Kulturveranstaltungen organisiert.