Die Umfrage wurde zusammen mit der Soziologie-Fakultät der „Transilvania“- Universität erstellt und sollte nützliche Informationen für die Ausarbeitung der Kulturstrategie und der Vorbereitung der Kandidatur Kronstadts für die „Kulturhauptstadt 2021“ liefern. Was für kulturelle Aktivitäten mögen die Kronstädter? Auf dem ersten Platz war, laut der Studie, „ins Kino gehen“. Die zwei privaten Kinos in den Shoppingmalls „Eliana“ und „Coresi“ sind relativ gut besucht und auch die im Vorjahr mit Europäischen Mitteln vom Bürgermeisteramt Kronstadt eröffnete Patria-Kinemathek hat inzwischen ein loyales Stammpublikum gewonnen.
An zweiter Stelle steht der Besuch von lokalen Feiern (16,1 Prozent tun es wenigstens einmal im Monat), gefolgt von Festival-Besuchen (9,5Prozent). Es folgen Museumsbesuche (7,5 Prozent gehen wenigstens einmal im Monat ins Museum). Was Kino-, Festival- und Museumsbesuche betrifft, steht Kronstadt besser da als der Landesdurchschnitt. Nicht so gut steht es um Oper-, Philharmonie- und Theaterbesuche (30 Prozent weniger als der Landesdurchschnitt). „Diese Umfrage ist für die Kulturstrategie der Stadt im Rennen für die Kulturhauptstadt 2021 sehr wichtig. Kronstadt ist die einzige Stadt Rumäniens, die ein derartiges Dokument hat.
Aus den Resultaten der Umfrage kann man erkennen, dass in Kronstadt ein großes Bedürfnis an Kultur existiert. Das ist für uns ein Vorteil. Bei der Wahl der europäischen Kulturhauptstädte wurden schon immer Städte bevorzugt, die ein großes Potential vorweisen. Es waren nicht unbedingt Städte, die schon stark entwickelt sind, was das Kulturleben betrifft. Kronstadt hat das Potential, sich durch Kultur zu entwickeln“, meint Vize-Bürermeisterin Adina Durbac².
Skandale, Proteste und Wettbewerbe
Außerdem betonte sie, dass das Management der Kulturinstitutionen leider ein sehr schwacher Punkt Kronstadts sei. Gerade bei Theater, Oper und Philharmonie, den Instititutionen, die bei den Kronstädter laut Umfrage weniger beliebt sind, gibt es diese Probleme. Man hatte gehofft, dass die drei Institutionen im August neue Leiter bekommen.
Ebenfalls gab es Hoffnung, dass es die neuen Direktoren durch innovative Ideen und gewagte Projekte schaffen werden, diese recht konservativen Institutionen, die sich rumänienweit nicht sehr großer Popularität erfreuen, moderner und offener zu gestalten.
Ende August haben die Wettbewerbe für die Intendantenposten stattgefunden. Im Rennen waren 12 Bewerber, davon fünf für das Theater, vier für die Philharmonie, zwei für die Oper und eine Person für das Puppentheater. Nach der Überprüfung der Management-Projekte folgte für diejenigen, deren Projekte die Note über 7 erhalten haben, ein Interview mit der Wettbewerbskommission. Auch beim Interview musste man laut Gesetz die Note über 7 erhalten, um überhaupt als Leiter in Frage zu kommen.
Das schaffte nur eine einzige Person, und zwar beim Puppentheater. Die restlichen Institutionen haben noch immer keinen Leiter.
Darüber hinaus gab es kürzlich beim Sică-Alexandrescu Dramentheater einen Skandal. Wenige Tage vor Beginn des Festivals für Zeitgenössische Dramatik gab die Leitung des Theaters (Intendant Claudiu Goga, Dramaturgin Oana Borş und Chefbuchhalterin Mariana Hudişteanu), ihren Rücktritt bekannt. Aus Solidarität unternahmen weitere vier Angestellte den gleichen Schritt. Grund für ihre Unzufriedenheit war die problematische Beziehung mit der Leiterin der Direktion für Auslandsbeziehungen, Kultur und Stadtereignisse im Bürgermeisteramt, Cecilia Doiciu, die gleichzeitig auch Mitglied des Verwaltungsrates des Theaters war.
Als Reaktion auf den Rücktritt des Leitungsteams wurden Doiciu von Bürgermeister George Scripcaru die Ämter im Kulturbereich entzogen. Trotzdem warnten die Angestellten des Theaters: „damit geht unsere Protestaktion nicht zu Ende!Wir wollen, dass sich das Bürgermeisteramt in unsere internen Angelegenheiten nicht mehr einmischt.“ Als Zeichen des Protests trugen alle Schauspieler während der Aufführungen einen roten Punkt. Derselbe rote Punkt verkehrt seit einem Monat im Internet. Schon über 300 Künstler aus dem ganzen Land haben sich dem Protest angeschlossen. Im Januar werden neue Wettbewerbe für die Leistungsposten der Kulturinstitutionen stattfinden. Mit kompetenten Managern werden sie es vielleicht schaffen, „europäischer“ zu werden, auch wenn Kronstadt nicht zur Kulturhauptstadt wird.
Eine umstrittene Kulturstrategie
Auf viele Kritiken, vor allem von Seiten der jungen Kulturschaffenden, stieß auch die im Oktober vorgestellte Kulturstrategie, mit der sich Kronstadt für die Kulturhauptstadt 2021 beworben hat. „Solche Fromulierungen haben wir im Lyzeum bei literarischen Kommentaren verwendet. Und die Englische Übersetzung klingt auch sehr verstaubt“, meint eine junge Kulturmanagerin aus Facebook. Die Strategie wurde vom Historiker Nicolae Pepene vorgestellt. „Die Kronstädter stehen zu ihren Traditionen, aber haben keine enge Bindung zur gegenwärtigen europäischen Kultur.
Mit dem Aufmarsch der Junii-Reiter am Angerplatz kann man nicht Europa beeindrucken“, meint er. Sein Vorschlag für das Konzept der Kulturstrategie ist „die Bergzivilisation“. „Kulturpässe“ bringen Europas Künstler nach Kronstadt. Da finden sie „Kulturwege“ vor – ein Programm auf dem kulturell „gewandert“ wird mit der Stadt am Fuße der Zinne als Brückenkopf. Dabei gibt es auch „kulturelle Gipfel“. Ob diese metaphorische Annäherung der Kommision für die Short-List gefallen wird, wird man in Kürze erfahren.
Plus- und Minuspunkte
Skeptiker sehen die aktuelle Lage viel zu schwarz: Kronstadt hat schon viele Pluspunkte. Die Stadt ist zentral im Land gelegen und für Touristen immerhin ein Magnet. Diese könnten potenzielle Zuschauer bei den Kulturevents sein und könnten ihre Wochenendausflüge auch mit einem Besuch im Theater oder in einem Museum kombinieren. Auch werden in letzter Zeit interessante Kulturevents wie Amural oder Bohemian Square organisiert und einige Institutionen bemühen sich, moderner zu werden.
Leider gibt es auch viele Minuspunkte. Dazu gehört leider auch das Fehlen eines Flughafens. Auch gibt es hier noch kein wichtiges Event das Touristen aus dem In- und Ausland anzieht.
Der vielleicht größte Minuspunkt ist das fehlende Know-How der Leute, die im Projekt „Kronstadt 2021“ impliziert sind. Diese müssten einsehen, dass nicht jedes mittelmäßige Popkonzert zur Kultur gehört und dass nicht jedes „Festival“ wirklich Kunst ist.
Am Abend des 6. Dezember wurden auf dem Marktplatz die Weihnachtslichter angezündet. Das Event, zu dem der Popsänger Alex Velea eingeladen wurde, figurierte natürlich auch auf der Liste der kulturellen Veranstaltungen im Rahmen der Kandidatur für die Kulturhauptstadt. Tausende von Menschen drängten sich, um den feierlichen Start der Weihnachtsfeiertage live zu erleben. „Die Kronstädter, die man nie bei Ausstellungen, im Theater, bei guten Konzerten oder bei Protesten sieht, sind jetzt auf dem Martkplatz. Sie schauen gespannt auf die Bühne, dort singt irgend einer, ich habe mir die Ohren zugehalten, als ich dort vorbei gegangen bin“, schrieb eine Kronstädter Künstlerin auf Facebook. „Nur laute Popmusik von schlechter Qualität. Man hat kein einziges Weihnachtslied gehört“, schrieb ein anderer Kronstädter auf einem Blog.
Vielleicht wird noch an der Qualität der Events gearbeitet, falls Kronstadt in die Endrunde kommt. Über die Short-List der rumänischen Kandidatenstädte für die europäische Kulturhauptstadt wird am 11. Dezember entschieden.