699 Mitarbeiter betroffen: Schock in Arad

Greenbrier kündigt Schließung der Astra-Waggonfabrik an

Arad (ADZ) – Die amerikanisch kontrollierte Greenbrier România, Eigentümerin von Astra Rail Industries, hat am Montag überraschend bekannt gegeben, die traditionsreiche Güterwaggonfabrik in Arad zu schließen. Ein entsprechender Schritt wurde durch eine offizielle Mitteilung eingeleitet, die von mehreren nationalen Wirtschaftspublikationen zitiert wurde. Damit verlässt das Unternehmen den Standort Arad dauerhaft – die Produktion soll künftig ausschließlich in den oltenischen Werken in Caracal und Drobeta-Turnu Severin fortgeführt werden.

Am Montag wurde bei der Kreisagentur für Arbeitsvermittlung in Arad die Einleitung eines kollektiven Entlassungsverfahrens bekannt gegeben. Von insge-samt 776 Beschäftigten sollen 699 ihre Arbeitsplätze verlieren – die Entlassungen werden Ende Juni beginnen. Diese Entscheidung bedeutet nicht nur einen massiven Einschnitt für die betroffene Belegschaft, sondern auch für die Stadt Arad selbst, wo die Waggonproduktion bereits 1892 begonnen hat. In der offiziellen Mitteilung des Unternehmens heißt es, die Entscheidung sei das Ergebnis „schwieriger und sich rasch entwickelnder Herausforderungen auf dem lokalen Markt“. Dazu zählten steigende Betriebskosten im Vergleich zu anderen Standorten, strukturelle Einschränkungen durch die städtische Lage der Anlage sowie logistische Hürden aufgrund des Alters der Fabrik. Die Schließung sei daher Teil einer „strategischen Neuausrichtung“.

Greenbrier betonte, man erkenne die „lange Tradition der Waggonproduktion in Arad“ sowie das Engagement der Mitarbeitenden an. Das Unternehmen wolle während des Übergangsprozesses eng mit Gewerkschaften und der lokalen Gemeinschaft zusammenarbeiten, um betroffenen Mitarbeitenden Beratung und Unterstützung anzubieten. Dabei sollen sowohl berufliche Neuorientierung als auch die Anerkennung der geleisteten Arbeit im Vordergrund stehen. Die Schließung kommt überraschend, da Astra Rail Industries laut Zahlen von 2023 ein Wachstum von 50 Prozent auf rund 1,2 Milliarden Lei verzeichnete. Auch die Beschäftigtenzahl stieg im selben Jahr um 12 Prozent auf fast 2300 Mitarbeitende. Die nun verkündete Maßnahme zeigt jedoch, dass wirtschaftliche Stärke nicht automatisch Standortgarantie bedeutet.

Die Greenbrier Companies mit Hauptsitz in Lake Oswego, Oregon (USA), gehört zu den weltweit führenden Anbietern von Güterwaggons und Transportdienstleistungen. Das Unternehmen ist auf die Herstellung, Instandhaltung und Verwaltung von Schienenfahrzeugen spezialisiert und betreibt Standorte in Nordamerika, Europa und Südamerika. Greenbrier ist auch an zahlreichen Joint Ventures beteiligt und verfügt über eine moderne Produktionsinfrastruktur mit Fokus auf Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit. Der Rückzug aus Arad stellt somit eine strategische Entscheidung im globalen Netz des Konzerns dar – nicht jedoch einen Rückzug aus dem rumänischen Markt insgesamt.

Die Arader Fabrik Astra geht auf den österreichischen Industriellen Johann Weitzer (1832-1902) zurück. Der Steirer gründete 1891 die Aktiengesellschaft „Weitzer János Gép-, Waggongyár és Vasöntöde Részvénytársaság” in Arad, um auch in der ungarischen Reichshälfte der Habsburgermonarchie über einen Produktionsstandort zu verfügen. Bereits 1854 hatte er in Graz eine Waggonfabrik errichten lassen. Ab 1903 stellte die Arader Fabrik den ersten in Serie produzierten Verbrennungstriebwagen Europas (Weitzer-De-Dion-Bouton-Triebwagen) her. 1921 entstand dann die „Fabrica de automobile și vagoane Astra“, ein Zusammenschluss der „Magyar Automobil Részvény Társaság” und der Weitzer-Werke. Hergestellt wurden vor allem Lastkraftwagen, Omnibusse und Straßenbahnen, zwischen 1922 und 1926 unter der Markenbezeichnung „Astra“ auch Personenkraftwagen. Nach dem Zweiten Weltkrieg verstaatlicht, wurden die Arader Waggon-Werke 1998 aufgeteilt und privatisiert, der Arader Unternehmer Valer Blidar übernahm die Reisezugwagen-Sparte, die Güterwaggon-Fabrik kam nach mehreren Weiterverkäufen in das Eigentum des US-amerikanischen Konzerns Greenbrier.