Temeswar – Der ehemalige deutsche Bundespräsident Horst Köhler ist am 1. Februar im Alter von 81 Jahren verstorben. Der Bürgermeister von Temeswar/Timișoara, Dominic Fritz, der sieben Jahre lang als engster Mitarbeiter Köhlers tätig war, würdigte ihn als „Mentor und Inspiration für ein ganzes Leben“.
„Er war viel mehr als nur ein Chef“, erklärte Fritz in einer persönlichen Stellungnahme. Köhler habe eine außergewöhnliche Lebensgeschichte gehabt: Seine Mutter sei in Kronstadt/Bra{ov geboren, sein Vater ein deutscher Bauer aus Bessarabien gewesen. „Im Gegensatz zu seiner Mutter sprach Köhler kein Rumänisch, abgesehen von dem Wort ´mămăligă ‘, seinem Lieblingsessen aus der Kindheit.“
Köhler machte als erstes Mitglied seiner Familie einen Universitätsabschluss und war als Staatssekretär im Finanzministerium maßgeblich an der Verhandlung des Abzugs der russischen Truppen aus Deutschland nach 1990 sowie an der Einführung des Euro beteiligt. Später wurde er Direktor des Internationalen Währungsfonds und 2004 schließlich Bundespräsident – als erster in diesem Amt, der nicht in Deutschland geboren wurde.
„Er sprach direkt mit den Bürgern und kritisierte Politiker mehr als ihnen lieb war“, so Fritz weiter. Zudem habe Köhler die Fragilität der Demokratie schon früh erkannt: „Lange bevor sie zu einem offensichtlichen und existenziellen Problem wurde.“
Von 2012 bis 2019 arbeitete Fritz als persönlicher Berater des ehemaligen Bundespräsidenten und begleitete ihn auf Reisen rund um die Welt. „Seine Arbeitsmoral und seine Besessenheit von jedem Detail haben mich verärgert und beeindruckt“, erinnert sich Fritz. Köhler habe stets betont: „Du musst dich anstrengen!“ – in der Überzeugung, dass gute Dinge Opferbereitschaft und Hartnäckigkeit erfordern.
Noch vor wenigen Wochen habe Köhler ihm zu seinem Geburtstag geschrieben und angekündigt, ihn in Temeswar besuchen zu wollen. „Daraus wurde nichts. Aber heute habe ich erfahren, dass ihm mein Brief wenige Tage vor seinem Tod vorgelesen wurde“, so Fritz. Er tröste sich mit dem Gedanken, dass er seinem Mentor noch sagen konnte, „wie sehr er mich beeinflusst hat und dass ich seinen Optimismus und sein Pflichtbewusstsein im Land seiner Mutter teile.“