Alle zwei Jahre kommen Deutsche aus den historischen Regionen des früheren Altreichs – der Moldau, Dobrudscha und Muntenien –, am selben Ort zusammen. Das 12. Altreichtreffen wurde vom 6. bis zum 9. Juni in Moinești, Kreis Bacău, abgehalten und vom Regionalforum Altreich des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) in Zusammenarbeit mit dem Ortsforum Moinești veranstaltet.
Die aufwendige Planungsarbeit für das Zusammenkommen von über 200 Teilnehmern ist vor allem der Geschäftsführerin des Altreichforums, Carmen Luminița Cobliș, und Carol Britz, Gastgeber und langjähriger Vorsitzender des Ortsforums Moinești, sowie der lokalen Stadtverwaltung zu verdanken, aber auch der Abiturientin Mara Iliescu aus Piatra Neamț, die sich seit ihrem dritten Lebensjahr an allen Altreichtreffen beteiligt hat und nun auch ins Organisationsteam aufgenommen wurde. Die Moderation des Ereignisses hatten Carmen Cobliș und Mara Iliescu inne.
Ein buntes, abwechslungsreiches Programm nahm den ganzen Hauptveranstaltungstag am 7. Juni in Anspruch. Die am Vortag aus allen Landesecken angereisten Mitglieder und Sympathisanten des Altreichforums, sowie Gäste aus Hermannstadt/Sibiu, Reschitza und Oberwischau/Vișeu de Sus füllten den Veranstaltungssaal des Lira-Kulturzentrums und durften sich Buchvorstellungen, Ausstellungseröffnungen, deutscher Volksmusik und -tänze sowie einer Theateraufführung erfreuen.
Überbrückung von Distanzen und Deutschunterricht
Die feierliche Eröffnung des Ereignisses erfolgte durch das Grußwort des DFDR-Vorsitzenden, Dr. Paul-Jürgen Porr, der die Bedeutung solcher Treffen betonte, um die Distanzen zwischen den Mitgliedern und den zahlreichen deutschen Volksmusik- und -tanzgruppen des Altreichforums zu überbrücken.
Als nächster Ehrengast hob DFDR-Abgeordneter Ovidiu Ganț die guten Ergebnisse der Schülerinnen und Schüler aus Moinești im Fach Deutsch hervor und bedankte sich bei Lehrkräften und Schulleitung. „Es ist für uns als Landesforum äußerst wichtig, dass der Deutschunterricht nicht nur an den Traditionsschulen gut funktioniert, sondern auch gerade hier“.
Außerdem gratulierte er Bürgermeister Valentin Vieru und der Stadtverwaltung, vertreten durch Viorel Costea, denen für die Entwicklung des Städtchens zu einem sauberen, modernen Munizipium nach europäischem Vorbild Auszeichnungen des Altreichforums verliehen wurden. Ein kurzes Video erläuterte deren millionenhohe Investitionen aus EU-Mitteln im Bereich Infrastruktur, städtische Mobilität, Gebäudesanierung, Gesundheit, Bildung und Sport.
Als Gastgeber begrüßte Dr. Klaus Fabritius die Anwesenden: „Alles was wir durch unsere zahlreichen Buchveröffentlichungen, Ausstellungen, Musik-, Tanz- und Theatergruppen, auf die wir stolz sind, errungen haben, gilt als unser Tätigkeitsbericht!“ und erklärte, warum Moinești zur Gaststadt des 12. Altreichtreffens gewählt wurde. Anlass war die Gründungsfeier der Jugendtanzgruppe „Sonnenschein“ unter der Leitung der Deutschlehrerin Alina Popa vor zehn Jahren durch die gute Zusammenarbeit der Schule mit dem Ortsforum, dank der Bemühungen von dessen Vorsitzenden Carol Britz. „Sonnenschein“ gilt als die einzige Tanzgruppe in der Region, die auch akrobatische Elemente in ihr Repertoire aufgenommen hat. Dr. Klaus Fabritius wurde für seine Verdienste in der Führung des Regionalforums Altreich mit der höchsten Auszeichnung des DFDR, der Ehrennadel in Gold, geehrt, die ihm Landesvorsitzender Dr. Paul-Jürgen Porr überreichte. Die Laudatio hielt Carmen Cobliș.
Konkrete Leistungen
Gewürdigt wurden auch die publizistischen Leistungen des Altreichforums, ermöglicht aus Mitteln des Departements für Interethnische Beziehungen an der Regierung Rumäniens (DRI). Zunächst stellte Dr. Alina Pistol, Rumänischlehrerin und Direktorin der Mittelschule „George Enescu“ in Moinești, das Buch für Kinder „Ochi de Aur/Goldaugen“ vor, das sie geschrieben und zauberhaft illus- triert hat. Dessen Übersetzung ins Deutsche verdankt sie der Deutschlehrerin Alina Popa und Carol Britz. Das zweisprachige Buch handelt von der berührenden Geschichte eines angenommenen schwarzen Kätzchens namens Goldaugen und seiner Abenteuern.
Keine Katzen, aber viele Haustiere treten im zweisprachigen Bildband „Omul, pământul, veșnicia/Der Mensch, das Land, die Ewigkeit“ des Bistritzaer Fotografen Toni Pal auf. Darin präsentiert der Autor 80 ethnografische Fotografien, in denen er Dörfer, Dorfbewohner, deren Grundstücke und ihren Gottesglauben dokumentiert.
Im Bildband „Phantasie und Realität/Fantezie și realitate“ werden märchenhaften Werken naiver Kunst des Reschitzaer Künstlerehepaares Doina und Gustav Hlinka Fotografien aus der Wirklichkeit, aufgenommen von Dr. Klaus Fabritius, gegenübergestellt. Die Buchvorstellungstour der drei Autoren führte nun auch nach Moinești. Fotografien aus letzteren beiden Bildbänden zierten die Wände des Raumes.
Weitere Erscheinungen, darunter ein Bildband, der die Tätigkeit und Veranstaltungen des Demokratischen Forums der Deutschen in Konstanza von 1990 bis 2022 dokumentiert, „Die Geschichte des deutschen Dorfes Kobadin in der Dobrudscha“ von Otto Leyer, herausgegeben von Dr. Albrecht Keller und übersetzt ins Rumänische von Annemerie Marina-Czernák, zweisprachig 2023 im Ex-Ponto-Verlag Konstantza veröffentlicht u. a. lagen zum Durchblättern und Mitnehmen aus.
In der benachbarten Geneza-Galerie stellten 13 Künstlerinnen und Künstler des Kunstkreises „Deutsche Kunst Reschitza“, koordiniert von Doina und Gustav Hlinka und gefördert vom Demokratischen Forum der Berglanddeutschen, ihre Stillleben mit Blumen aus. Die Ausstellenden waren Viorica Ana Farkaș, Livia Frunză, Niculina Ghimiș, Adina Ghinaci, Flavia Grădinaru, Eleonora und Gabriel Hoduț, Nic Potocean, Gabriela Surugiu, Maria Tudur, Tatiana Țibru und ihre Koordinatoren, davon die Hälfte anwesend. Zudem stellte auch Erwin Josef Țigla, Vorsitzender des Lokalforums Reschitza, einige Prunkstücke seiner Briefmarkensammlung zur Schau.
Buntes Programm
Am Nachmittag boten insgesamt 16 Chöre, Tanzgruppen, Solistinnen und Solisten und ein Theaterensemble Minishows von je 15 Minuten auf der Bühne des Lira-Kulturzentrums. Mit dem Radetzkymarsch von Johann Strauss (Vater) eröffnete die Jugendtanzgruppe „Enzian“ aus Jassy/Iași das Musik- und Tanzprogramm. Miruna Godoci aus Bacău erfreute das Publikum mit einem Xylophon-Solo. Es folgte ein Minikonzert des Chores „Donaustimmen“ aus Galatz, der Klassiker wie „Ode an die Freude“, „Die Gedanken sind frei“ u. a. sang. Stolz trat die Jugendtanzgruppe „Edelweiß“ aus Oberwischau in weiß getupften roten Kleidern und Lederhosen mit rot-weiß karierten Hemden auf und munterte das Publikum zu Rhythmen moderner Unterhaltungsmusik auf.
Der Quodlibet-Chor des Deutschen Goethe-Kollegs Bukarest entzückte mit deutschen Kanons, lustigen Jodlern und einem Sauflied mit Schlucklaufen in Klavierbegleitung. Die Erwachsenentanzgruppe „Enzian“ aus Reschitza präsentierte Paartänze und mit dem Erwachsenenchor „Edelweiß“ aus Kimpolung/Câmpulung Moldovenesc zusammen sang der ganze Saal „Ein Heller und ein Batzen“.
Ein weiterer Edelweiß-Chor, aus Piatra Neamț, deren Mitglied auch Co-Moderatorin Mara Iliescu ist, sang Volkslieder in Gitarren- und Akkordeonbegleitung. Mara Iliescu bot auch eine Soloaufführung von Volksschlagern wie „Hol’ dei Lederhos’n“, „Ich hab’ die Sonne mitgebracht“ und „Oma so lieb“. „Edelweiß“ heißt auch die Seniorentanzgruppe aus Oberwischau, der das Publikum begeistert zujauchzte.
Der „Franz Stürmer“-Frauenchor aus Reschitza versprach „Mańana fahren wir ins Paradies“, sang einen Walzer unter der Leitung von Elena Cozâltea, die auf Wunsch nach einem Solo ein rumänisches Sehnsuchtslied aus dem Banat trillerte. Die Fünftklässlerin Maria Nectaria Popa aus Moinești spielte Franz Schuberts „Impromptu“ am Klavier, gefolgt vom Erwachsenenchor „Heilige Anna“ aus Oberwischau, der stolze Wander- und Zipserlieder sang.
Als nächstes trat die Zelebrantin des 12. Altreichtreffens, die Jugendtanzgruppe „Sonnenschein“ aus Moinești auf die Bühne und führte deutsche Volkstänze in der Besetzung aktueller und früherer Mitglieder sowie Abiturientinnen und Abiturienten auf. Für ihre Leistungen wurden ihnen und ihrer Leiterin, Alina Popa, Auszeichnungen seitens des Altreichforums verliehen. Danach spielte Doru Sascău aus Bacău selbst komponierte Polkas und Walzer am Akkordeon. Die vom Alltag inspirierten Sketche der Theatergruppe „Wahnsinn“ vom Deutschen Goethe-Kolleg Bukarest rundeten das Programm ab. Alle Ensembles und Solisten ernteten viel Beifall und für ihre Tätigkeit wurden ihnen Trophäen und Teilnahmeurkunden beschert.
Am Folgetag wurden die Salzgrube in Târgu Ocna sowie die beiden Schlösser der Adelsfamilie Ghica in den Ortschaften Comănești und Dofteana besichtigt. Bewegt verabschiedeten sich die Teilnehmer am Abend voneinander – bis zum nächsten Treffen, das 2026 voraussichtlich in Konstanza stattfinden wird.