Deutsch als Teil europäischer Identität

Zielsetzungen im Gespräch mit Bundestagskandidat Dr. Bernd Fabritius

Grenzüberschreitend: Dr. Bernd Fabritius (Zweiter von links) war in Begleitung mehrerer Bundestagsabgeordneten und der Botschafterin Rumäniens in Berlin zu Gast bei Gesprächen anlässlich des Großen Sachsentreffens im Vorjahr. Nun erörtert er als Bundestagskandidat für die ADZ Ziele und Chancen für Deutsche aus und in Rumänien. Foto: privat

„Grenzenlos“ war der Ruf und Wunsch vieler beim Großen Sachsentreffen in Hermannstadt/Sibiu im August 2024. Daran beteiligt hat sich auch der langjährige Präsident des Bundes der Vertriebenen und Ehrenvorsitzende der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Dr. Bernd Fabritius, der in Begleitung u.a von MdL Petra Loibl (Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, CSU), MdB Thorsten Frei (Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU/CDU-Bundestagsfraktion) und anderen bedeutenden Politikern Deutschlands angereist ist. Inzwischen wurden konkrete Anliegen der Deutschen aus und in Rumänien in das Wahlprogramm der CSU/CDU integriert. Dessen Bedeutung bei den anstehenden Bundestagswahlen erörtert Dr. Bernd Fabritius für die ADZ. Die Fragen stellt Ortwin-Rainer Bonfert.

Auch wenn es in diesem Interview vorrangig um die Bundestagswahlen gehen soll, erlauben Sie mir zum Eingang eine für uns ganz aktuelle Frage: Klaus Iohannis ist zurückgetreten. Wie bewerten Sie das?

Klaus Johannis war, ist und bleibt ein Glücksfall für Rumänien und für Europa. Er hat das Land in den beiden größten Krisen der Nachwendezeit, während der Corona-Pandemie und bei dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen Rumäniens Nachbarland Ukraine sehr zuverlässig, besonnen und stabil geführt und auf einem klar proeuropäischen wie auch transatlantischen Kurs gehalten. Dabei hat er etwas geschafft, was vorher kaum vorstellbar war: Er hat sein Land in Europa und weltweit zu der hohen Anerkennung geführt, die diesem Land zusteht, vor seiner Präsidentschaft aber immer verwehrt geblieben ist. Das öffentliche Ansehen Rumäniens war nie besser als jetzt. Das ist und bleibt die Leistung dieses Staatspräsidenten.
Auch im Inland war er in dem vielleicht wichtigsten Kampf gegen Korruption durchaus erfolgreich. Ich erinnere nur beispielhaft an so unkonventionelle Schritte, wie die unangekündigte Teilnahme und Übernahme der Leitung einer Regierungssitzung, um dort eine sich ankündigende Entscheidung gegen den Rechtsstaat erfolgreich zu verhindern, der sog. „Dragnea-Entscheidung“. Auch hat er es geschafft, sich dem Bukarester Polit-Zirkus  - vergeben Sie mir diese Zuspitzung - weitgehend zu entziehen.

Die andere Seite dieser Medaille war der Vorwurf unzureichender Interaktion mit „seinem Volk“. Natürlich wurde er damit gerade in letzter Zeit zunehmend zum allgemeinen Feindbild, dem nur zu gerne auch fremde Versäumnisse, etwa der Regierung, angelastet wurden. So gut wie alle politischen Akteure haben das zuletzt auch leichtfertig genutzt.

So ist auch sein vorzeitiger Rücktritt – er wäre laut Verfassung bis zur Vereidigung eines gewählten Nachfolgers im Amt geblieben – letztlich einer der vielen ehrenvollen Dienste am Vaterland gewesen. Er hat damit eine von den extremen und populistischen Strömungen des Landes in unverständlichem Zusammenwirken mit den liberalen Kräften (USR) leichtfertig hervorgerufene Krise zur absoluten Unzeit abgewendet.

Ich bin überzeugt davon, dass in geschichtlicher Nachbetrachtung Klaus Johannis als einer der bedeutendsten Präsidenten Rumäniens vermerkt bleiben wird.

Nun zur Bundestagswahl: Es liegt in der Natur der Sache, dass der Präsident des Bundes der Vertriebenen (BdV) Anliegen der Deutschen aus ihren angestammten Heimatgebieten im östlichen Europa vertritt und gleichzeitig auch genau dort, vor Ort, Kooperationen und internationale Förderung der Deutschen vorantreibt und sichert. Möchten Sie nun mit Ihrem angestrebten Bundestagsmandat „nur“ die Anliegen deutscher Bürger berücksichtigen?
Bundestagsabgeordnete sind gewählte Vertreter des deutschen Volkes für dessen Anliegen. Diese Anliegen enden aber mit Sicherheit nicht an der Landesgrenze. Die Geschicke unserer Landsleute in den Heimatgebieten gehören ohne Zweifel dazu. Im Zusammenhang und im Zusammenwirken mit den ausgewanderten Landsleuten erbringen sie eine Friedensleistung als Brückenbauer für unser gemeinsames Europa. Dazu sind sie Träger eines wesentlichen Bestandteils des gesamtdeutschen kulturellen Schatzes. Aufgrund des Kriegsfolgeschicksals nach dem Zweiten Weltkrieg gibt es für all diese Aspekte aber besondere Herausforderungen. Diese gut zu bewältigen, ist auch Aufgabe der Bundesrepublik Deutschland und damit im Interesse der eigenen Bürger.

Die Anliegen der Deutschen aus und in Rumänien sowie dem östlichen Europa beschränken sich nicht auf Identitätsfragen. Allerorten bestehen handfeste Sorgen, ob man in Vergessenheit gerät. Man fragt sich, ob man Brauchtums- und andere Kulturveranstaltungen überhaupt noch finanziell bewerkstelligen kann. Wie kann auch in Zukunft wissenschaftlich das historische und kulturelle Erbe gesichert werden? Man fragt sich auch, ob man in den Nachbarländern zu Russland insbesondere als ethnische Minderheit überlebensfähig ist. Und: Ist die Rente überhaupt noch sicher, wenn man viele Arbeitsjahre außerhalb Deutschlands erbracht hat?

Dafür, dass dieser wichtige Personenkreis bestimmt nicht in Vergessenheit gerät, sorgen wir nachhaltig und haben – erlauben Sie mir diese Anmerkung – in den Unionsparteien in Deutschland wichtige Unterstützer aus Überzeugung. Schon bisher gab und wird es auch künftig ganze Referate in den Ministerien der Bundesregierung geben, die sich genau diesen Themen widmen. Dazu gehören nicht nur die Sicherung der kulturellen Identität, einschließlich der Nutzung der eigenen Muttersprache, sondern auch Projekte wie die Förderung der Sozialeinrichtung der deutschen Minderheiten oder einer überzeugten Jugendarbeit. Das alles dient letztlich der Sicherung einer eigenen kulturellen Identität. Für die Frage einer angemessenen und den Lebensbiografien entsprechenden Alterssicherung gibt es in einem gemeinsamen Europa bereits umfassende integrative Lösungen im europäischen Recht. Zusätzlich gibt es für die Personen, die aufgrund eines Kriegsfolgeschicksals im Verantwortungsbereich der Bundesrepublik Deutschland individuelle Nachteile tragen, ausgleichende Bestimmungen im nationalen Recht. Benachteiligungen, die hier im Laufe der Zeit im Fremdrentenrecht eingetreten sind, wollen wir beseitigen.

Konkret: Wie könnte man all diese Vorhaben institutionell sicherstellen?

Ob diese Vorhaben institutionell oder im Rahmen von Projekten gefördert werden sollen, ergibt sich nach verständiger Würdigung des Einzelfalls. Projekte von zeitlich überschaubarer Bedeutung müssen nicht institutionalisiert werden. Wenn hingegen zeitliche Nachhaltigkeit erforderlich ist, werden wir Lösungen dafür finden.

Sie sind immer wieder in Rumänien, in Bayern und im politischen Berlin anzutreffen, posten auf Facebook Fotos von Konzert- und Museumsbesuchen, Podiumsdiskussionen, Brauchtumsveranstaltungen und auch selbst gekochten Speisen. Klingt auf Dauer ganz schön hektisch. Was gibt Ihnen Kraft für dieses Leben als Kosmopolit?

Wahrscheinlich ein ganz tiefes Menschenvertrauen und die positive Erfahrung eines Siebenbürger Sachsen als Teil einer (meist) funktionierenden Gemeinschaft. Wenn Mitgestaltung auch Erfolge zeigt, dann ist das ein unheimlich positiver Motor. Es macht richtig Freude.

Vielen Dank für Ihre Erörterungen.