Die Gebrüder Grimm und ihre weltberühmten Märchen

20 Jahre UNESCO-Welterbe

Jacob und Wilhelm Grimm | Bilder: Wikimedia Commons

Die Grimmwelt Kassel ist ein Ausstellungshaus zu den Werken, zum Wirken und zum Leben der Brüder Grimm. Das Ausstellungshaus bietet interaktive Präsentationen zum Deutschen Wörterbuch, zu den Kinder- und Hausmärchen sowie zum Leben von Jacob und Wilhelm Grimm. Es ist in 25 Bereiche aufgeteilt, die mit Wörtern aus dem Deutschen Wörterbuch benannt sind.

Kassel ist der Ursprungsort der weltberühmten Grimmschen Märchen, die seit über 200 Jahren Generationen von Lesern begeistern. Die Grimmwelt Kassel – das weltweit größte Museum zum Leben und Werk der Brüder Grimm – feiert im Jubiläumsjahr 2025 eine ganz besondere Sammlung: Die fünf handschriftlich kommentierten Arbeitsexemplare der „Kinder- und Hausmärchen“ gehören seit nunmehr 20 Jahren zum UNESCO-Weltdokumentenerbe.

Zwischen 1805 und 1829 lebten und arbeiteten Jacob und Wilhelm Grimm in Kassel – eine der prägendsten Phasen ihres Lebens. In der kurfürstlichen Bibliothek hatten sie Zugang zu einer Fülle historischer Schriften und Quellen, die ihnen halfen, ihre bahnbrechenden Arbeiten als Sprachforscher und Märchensammler zu entwickeln. In dieser Zeit begannen sie mit der systematischen Sammlung von Volksmärchen, die 1812 in der ersten Ausgabe der „Kinder- und Hausmärchen“ erschien. Diese Sammlung machte die Brüder weltberühmt und zählt bis heute zu den bedeutendsten Werken der Weltliteratur. Doch Kassel war nicht nur Ort ihrer Märchensammlung, sondern auch Ausgangspunkt für ihre bahnbrechenden sprachwissenschaftlichen Arbeiten – allen voran das monumentale „Deutsche Wörterbuch“, das sie begonnen und das über Generationen hinweg weitergeführt wurde. So wurde Kassel zum Zentrum deutschsprachiger Gelehrsamkeit und ist bis heute eng mit dem Erbe der Grimms verbunden.

Wie entstanden die Grimmschen Märchen?

Entgegen der weit verbreiteten Vorstellung, die Brüder hätten die Märchen erfunden, sammelten sie vielmehr mündlich überlieferte Erzählungen und nutzten auch schriftliche Quellen. Viele der Geschichten stammen aus einfachen Volksschichten, aber auch aus bürgerlichen Kreisen und dem Umfeld der Grimms. Dorothea Viehmann aus Niederzwehren bei Kassel (heute ein Stadtteil) war eine der wichtigsten Erzählerinnen. Sie übermittelte über 40 Märchen, darunter „Hans im Glück“ und „Der Froschkönig“. Die Gastwirtstochter mit hugenottischen Wurzeln war für ihre Fähigkeit bekannt, Märchen frei und flüssig zu erzählen, und galt als besonders zuverlässige Quelle für volkstümliches Erzählgut. Dorothea Wild, später Wilhelm Grimms Ehefrau, trug Märchen wie „Frau Holle“ bei. Marie, Jeanette und Amalie Hassenpflug, Töchter einer hugenottischen Familie und enge Vertraute der Brüder Grimm, überlieferten unter anderem Märchen wie „Rotkäppchen“, „Dornröschen“ und „Aschenputtel“ – Erzählungen, die auf französische Traditionen zurückgehen. Die Grimms bearbeiteten diese Erzählungen und gestalteten sie literarisch, um sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dabei achteten sie darauf, die Märchen wissenschaftlich zu dokumentieren und zugleich die kulturelle Vielfalt und Tiefe der Märchentraditionen Europas widerzuspiegeln.

Das Welt-dokumentenerbe und die Grimmwelt

Am 17. Juni 2005 wurden die handschriftlich kommentierten „Handexemplare“ der „Kinder- und Hausmärchen“ von der UNESCO in die Liste des Weltdokumentenerbes aufgenommen. Diese sogenannten Handexemplare sind gedruckte Erstausgaben mit handschriftlichen Notizen und Korrekturen der Brüder Grimm – eine einzigartige Verbindung von gedrucktem und handschriftlichem Text, die tiefe Einblicke in den Entstehungsprozess der Märchen gewährt. Diese Arbeitsexemplare zählen heute zu den bedeutendsten literarischen Zeugnissen weltweit. Gemeinsam mit Dokumenten wie dem Tagebuch der Anne Frank oder den Archiven Ingmar Bergmans unterstreichen sie die globale Bedeutung der Grimmschen Sammlung. Seit 2015 beherbergt die Grimmwelt Kassel diese fünf Handexemplare in einer eigens konzipierten Vitrine. Das Museum ist weltweit das größte Ausstellungshaus zum Leben und Werk der Brüder Grimm und bietet Zugänge zu ihrem Wirken – von der Märchensammlung bis zur Sprachforschung. Der englische „The Guardian“ kürte die Grimmwelt Ende 2015 zu einem der weltweit zehn „best new museums“. 2025 feiert die Grimmwelt ihr zehnjähriges Bestehen und gleichzeitig das 20-jährige Jubiläum der UNESCO-Auszeichnung der Handexemplare als Weltdokumentenerbe.

Die Grimmschen Märchen heute

Die „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm sind neben der Luther-Bibel das weltweit bekannteste Buch in deutscher Sprache. Mit Übersetzungen in über 160 Sprachen gehören sie zu den international am weitesten verbreiteten literarischen Werken. Doch sie sind weit mehr als nur Kindergeschichten – sie spiegeln europäische Kulturgeschichte und mündliche Erzähltraditionen wider. Durch ihre literarische Bearbeitung und wissenschaftliche Dokumentation prägten die Brüder Grimm nicht nur die deutsche Kultur, sondern auch das weltweite Verständnis von Märchen.