Ehemaliger Chemieingenieur kehrte als Firmenchef zurück

Azur-Betrieb: bewegte Geschichte und im Aufwärtstrend

Tag der Offenen Tür bei Azur.

Seit 36 Jahren befindet sich der Betrieb am derzeitigen Standort.

Das Jahr 2016 ist weder ein rundes Jubiläum für die Herstellung von Lacke und Farben im heutigen Azur-Betrieb in Temeswar, noch eine runde Jahreszahl seit den Anfängen in diesem Unternehmen, dessen Geschichte auch im Vergleich zu den wenigen Unternehmen, die die postkommunistische Zeit überlebt haben, nicht alltäglich ist. Trotzdem veranstaltete Azur am vergangenen Wochenende einen Tag der offenen Tür, mit spezifischen Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene. "Die Azur-Geschichte ist eng mit Eugen Farber verbunden, dem Vater von John J. Farber, derzeitiger Inhaber und Präsident der amerikanischen ICC Industries, zu der auch das Azur-Unternehmen gehört", weist der Betriebsleiter Zoltan Jakab auf den Namen Farber in der Geschichte des Unternehmens hin. Als guter Nachbar zeige sich der von ihm geleitete Betrieb, indem "Azur in die Sanierung des Tiergartens und des Dorfmuseums investiert hat, sowie Produkte kostenlos bereitstellt, um öffentliche Gebäude zu sanieren", setzt Jakab in einer Pressemitteilung fort.

 

Erste Schritte: Kerzen und Seife

1923 ist als Gründungsjahr einer „Fabrik für Lacke und Farben“ in den Dokumenten eingetragen, doch die Geschichte des Unternehmens liegt um weitere Jahrzehnte zurück. Alles begann im Jahr 1844 in einer Werkstatt, in der Wachskerzen und Seife erzeugt wurden. In firmeneigenen Dokumenten wird dieser Moment als „erste Form industrieller Tätigkeit in der Temeswarer Fabrikstadt“ festgehalten. Deshalb kann das Jahr 2016 auch als 172. Jubiläum seit den Anfängen dieses Betriebs angegeben werden. Im Jahr 1923 legt Eugen Farber, der Vater des heutigen Firmenbesitzers, den Grundstein für den „Azur“-Betrieb. „Vereinte Fabrik für Lacke und Farben“ steht auf dem Briefkopf der damaligen Dokumente. Der Standort war auf der Pene{-Curcanul-Straße, wo der Hauptsitz bis 1980 bleiben sollte. In jenem Jahr siedelte der Betrieb in ein neues Gebäude auf dem Constructorilor-Boulevard um, das alte Fabrikgelände gehört auch heute noch zu „Azur“.

 

Neustart in den USA

1923 begann Eugen Farber mit 15 Angestellten, 1940 gab es bereits 140 Mitarbeiter. Ab 1946 begann der heutige Firmenchef John J. Farber im familieneigenen Betrieb zu arbeiten. 1947 wird er – nach Abschluss der Babeş-Bolyai-Universität in Klausenburg – Chemieingenieur. Nach der Enteignung von 1948 verließ er Rumänien. Der heutige Konzerninhaber gründet 1950 in den USA einen chemischen Betrieb, die heutige ICC Industries Inc, mit Hauptsitz in New York. Der Konzern nennt 32 Werke sein Eigen, die einen Umsatz von 2,5 Milliarden US-Dollar im Jahr erwirtschaften und auf vier Kontinenten Niederlassungen unterhalten.

In den Jahren des Kommunismus wurde die Produktion bei Azur erweitert und ausgebaut. 1989 verließ ein Produktionsvolumen von 50.000 Tonnen die Tore der Fabrik. Acht Jahre später schrumpfte dies auf 2000 Tonnen und die Pleite schien unabwendbar. Dann erstand Farber sein ehemaliges Eigentum vom rumänischen Staat zurück.

 

Enteignetes zurückgekauft

Die Neu-Privatisierung des Temeswarer Unternehmens fällt aus dem Rahmen: Während ehemalige Inhaber enteigneter Güter nach Ende des Kommunismus ihre Ansprüche auf Widergutmachu8ng geltend machen konnten, kaufte John J. Farber 1999 das vor dem Ruin stehende Unternehmen wieder auf. 17 Jahre später hat sich der Umsatz vervielfacht. Seit der Wieder-Privatisierung hat ICC Industries mehr als acht Millionen US-Dollar in neue Technologien, in die Fortbildung des Personals und in Umweltauflagen investiert. Die 350 Mitarbeiter erwirtschafteten 2015 einen Umsatz von 50 Millionen US-Dollar.