Großes Kino, kleines Stadtpublikum

Ein Festival, das in Hermannstadt mehr Zuschauer verdient gehabt hätte

Vor der Komödie „Wann wird es endlich so, wie es nie war“ von Sonja Heiss gehörte die Bühne im Thalia-Saal für ein paar wenige Augenblicke Liviu Jicman, dem Vorsitzenden des Rumänischen Kulturinstituts, Ana-Maria Dane{, der Leiterin des Deutschen Kulturzentrums Hermannstadt, und Regisseur Mihai Sofronea (v.l.n.r.). Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Ana-Maria Daneș schwärmte Freitagabend, am 17. Mai, vor der Großleinwand auf der Bühne des Thalia-Saals vom „Kino-begeisterten“ Publikum Hermannstadts, doch beim geringen Zuschauer-Zulauf zur Eröffnung des Europäischen Filmfestivals in 28. Auflage im rumänischen Sibiu dürfte die Leiterin des Deutschen Kulturzentrums vor Ort mitunter vergeblich ein Lob ausgesprochen haben, das der Europäischen Kulturhauptstadt des Jahres 2007 gute Chancen sichern soll, vom einladenden Rumänischen Kulturinstitut auch bei künftigen Gelegenheiten als cineastische Festival-Partnerin beachtet zu werden. An der knapp zweistündigen Komödie „Wann wird es endlich so, wie es nie war“ von Regisseurin Sonja Heiss, die 2023 in Berlin, im tschechischen Zlin, im südkoreanischen Busan, in Sarajevo, Warschau, São Paulo und in Athen international Premiere hatte, kann es nicht gelegen haben, dass Hermannstadt einen leider dünn besuchten Kino-Gala-Abend erlebte. Spektakulär aufgeladene Stimmung war im Thalia-Saal folglich kein bisschen zu spüren, was den neuen Streifen von Sonja Heiss aber nicht um seine Zuschauer-Reaktionen brachte: jedes Mal, sooft die Rumänisch untertitelte und auch im traditionsbewussten Siebenbürgen entzaubernde Komödie Publikums-Lachen provozieren konnte, war es auch sofort deutlich zu hören, ohne jedoch den Filmfluss zu stören oder gar unnötig zu unterbrechen.

An den beiden folgenden Abenden von Samstag, dem 18. Mai, und Sonntag, dem 19. Mai, war das Europäische Filmfestival auf Ebene Hermannstadt zu Gast im Spiegelsaal des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, wo der neue Dokumentar-Streifen von Produzentin Kata Oláh über die heute stolze 103 Jahre alte Turnerin und Jüdin Ágnes Keleti, das Drama „20.000 Arten von Bienen“ von Spanier Estibaliz Urresola Solaguren, der frankophon nostalgische Dokumentar- und Erstfilm„Atlantic Bar“ der britischen Fotografin Fanny Molins und der genau eine Stunde lange Streifen „Briefe an eine Diktatur“ von Portugiesin Inês de Medeiros auf die Leinwand gestrahlt wurden. Jeder zweite von insgesamt 39 Filmen, die Kino-Freaks ausgesucht auch in Bukarest, Botoșani, Kronstadt/Brașov, Neumarkt/Târgu Mureș, Chitila, Curtea de Argeș und sogar auch in Chișinău in die Zuschauersessel lockten, trägt die Handschrift einer Regisseurin. Je kurz zu Wort auf der Bühne des Thalia-Saals in Hermannstadt meldeten sich auch Liviu Jicman, Vorsitzender des Rumänischen Kulturinstituts, und Mihai Sofronea, Regisseur des auf Youtube verfügbaren Werbespots für die aktuelle Auflage vom Europäischen Filmfestival. Ein drei Minuten langer Trailer, aus dem auf der Zielgeraden vor den Europa-Wahlen am 9. Juni auch die Aufforderung spricht, ein mehrere Optionen zählendes Angebot nicht wahllos auszuschlagen.