Leistungsstarke Smartphones und schnelle Internetverbindungen machen es möglich, an der Bushaltestelle die Wartezeit durch kurze Spiele gegen Freunde zu überbrücken. Das sogenannte „Mobile Gaming“ hat in den vergangenen Jahren den Videospiele-Markt revolutioniert. Für den schnellen Zeitvertreib konzipiert, haben die Smartphone-Spiele ganz neue Käuferschichten erschlossen. Puzzle-Spiele wie Candy Crush Saga sind gerade auch bei Frauen und Senioren beliebt. Über 270 Millionen aktive Nutzer hat das Spiel im Monat. Dabei haben Smartphone-Spiele wenig gemeinsam mit legendären PC-Spielen wie Counter Strike oder aufwendigen Produktionen wie Grand Theft Auto.
Die „Mobile Games“, „Casual Games“ und „Free-to-Play-Games“ sind mehr kurzweilige Unterhaltung als klassisches Gaming. Der Einstieg ist niederschwelliger, sie sind meist gratis und erfordern auch keinen stundenlangen Zeitaufwand. Einnahmen erzielen die Unternehmen durch sogenannte „In-Game-Käufe“. Auf diese Weise lassen sich beispielsweise Premium-Funktionen oder Verbesserungen freischalten. Dahinter steckt ein simples Prinzip: schnelleres Vorankommen gegen Geld. Das erfolgreichste Spiel ist Clash of Clans, welches seit seiner Veröffentlichung 2012 einen Umsatz von rund 6 Milliarden Euro generiert haben soll.
Doch In-Game-Käufe können auch zur Gefahr werden. Immer wieder gibt es Berichte von Rechnungen über hunderte oder tausende Euro. Die „Aachener Zeitung“ berichtete 2016 von einem minderjährigen Jungen, der über das Smartphone des Vaters innerhalb von einem Monat kostenpflichtige Zusatzelemente für Clash of Clans im Wert von rund 15.000 Euro erwarb. „Mein Sohn hat irgendwie das Passwort für meinen Zugang zum Google Play Store herausbekommen“, zitiert die Zeitung den Vater.
Über diesen „Google Play Store“ beziehungsweise den „App Store“ beim Iphone können sowohl kostenlose, als auch kostenpflichtige Spiele und Anwendungen heruntergeladen werden. Bei hinterlegter Kreditkarte oder PayPal-Account erfolgen Käufe durch wenige Klicks und ohne weitere Authentifizierung. Gleiches gilt für den Kauf von Zusatzelementen in Spielen.
Im Januar 2019 berichtete „Virgin Radio Romania“ von zwei Familien aus dem Kreis Temesch, die Rechnungen über 700 Lei und 6000 Lei erhalten hatten. In einem Fall bat ein siebenjähriger Junge seinen Paten um den Kauf eines Diamanten für wenige Lei. Durch die hinterlegten Zahlungsinformationen konnte der Junge in den folgenden Wochen selbstständig weitere Käufe tätigen. „Ich bin zur Bank gegangen und habe gebeten, die Zahlungen von über 700 Lei zu stornieren. Doch die Bank hat mir gesagt, dass sie nichts machen kann, dass das Geld bereits überwiesen wurde und lediglich noch ausstehende Zahlungen gestoppt werden können“, erklärte der Vater eines sechsjährigen Jungen, der ebenfalls ohne Wissen der Eltern In-App-Käufe tätigte.
Fast alle der beliebtesten Smartphone-Spiele für Kinder verfügen über unterbrechende und manipulierende Werbung. Oft werden sogar nicht zu stoppende Videos abgespielt, die zu In-Game-Käufen drängen. Dabei können Kinder bis acht Jahren gar nicht zwischen Spiel und Werbung unterscheiden. Ein Anreiz zum Kauf ist auch der Wettbewerb mit Freunden. Um ein höheres Level zu erreichen, sind kostenpflichtige Objekte oft unausweichlich: zu-nächst für weniger Lei und im weiteren Verlauf dann für ein Vielfaches.
Durch In-Game-Käufe können selbst kostenlose Spiele schnell zur Abzocke werden. Bei Online-Spielen haben sich diese Mikrotransaktionen als Geschäftsmodell längst etabliert. Es gibt sie nicht nur bei Smartphone-Spielen, sondern auch bei den klassischen Computerspielen. Das Prinzip ist häufig: Während des Spiels werden den Nutzern immer wieder kostenpflichtige Erweiterungen angeboten. Besonders in kostenlosen Spielen werden In-Game-Käufe aggressiv vermarktet. Doch auch in kostenpflichtigen Spielen finden sich immer häufiger zusätzliche In-Game-Käufe vorgesehen. Wer zusätzliche Spielinhalte freischalten, schneller zocken, höhere Levels erreichen oder eine bessere oder seltenere Ausstattung der Avatare bekommen will, muss dafür echtes Geld zahlen. Diese Zusatzkosten entstehen dann unabhängig davon, ob es sich um ein von Anfang an kostenpflichtiges Spiel oder um ein zunächst kostenloses Spiel handelt.
Perfide Glücksspielsimulation in kindgerechter Optik
Man muss ein kleines Dorf aufbauen und erspielt sich dafür Gold an einem Spielautomaten. Hat man ein Dorf fertig aufgebaut, kommt man zum nächsten thematischen Dorf. Zwi-schendurch darf man auch mal die Dörfer der Mitspieler angreifen oder dort nach Gold buddeln. Das kostenlose Spiel „Coin Master“ besticht insbesondere durch sein simples Spielprinzip und seine gerade Kinder ansprechende Comic-Grafik.
Was allerdings harmlos klingt, ist gerade für Kinder und Jugendliche nicht nur eine Kostenfalle, sondern auch psychologisch mehr als fragwürdig: Zwar ist echtes Glücksspiel in Rumänien für Jugendliche unter 18 Jahren verboten, zum simulierten Glücksspiel gibt es allerdings keine gesetzliche Regelung. Die Simulation definiert sich dadurch, dass der Spieler kein echtes Geld gewinnen und der Algorithmus vom Hersteller vorgegeben werden kann. Während „Coin Master“ eine Altersempfehlung von 17+ hat, sind Adaptionen wie „Coin Master Farm Seasons“ schon für Kinder ab vier Jahren empfohlen.
Dabei ist der Kern dieser Spiele das Betätigen eines klassischen Spielautomaten. Je nach Ergebnis haben Spieler dann die Möglichkeit, gewonnenes Geld in den Aufbau des eigenen Dorfes zu investieren, andere Dörfer anzugreifen oder die Gegner zu bestehlen. Zusätzlich wird man ständig dazu aufgefordert, weitere Versuche am „einarmigen Banditen“ gegen echtes Geld einzukaufen. Weiterer psychologischer Druck wird durch Sonderangebote aufgebaut, die stets nur noch für „kurze Zeit“ gültig sind.
Tatsächlich sind „Coin Master“ und die unzähligen ähnlich aufgebauten Spiele einzige Gelddruckmaschinen. Der Entwickler, das Start-Up-Unternehmen „Moon Active“, hat lediglich dieses eine Spiel im Angebot. Und ist damit sehr erfolgreich. Seit der Veröffentlichung im Jahr 2015 wurden mit der „Glücksspiel-Simulation“ bereits über 250 Millionen Euro umgesetzt.