Temeswar - Mit einem endgültigen Gerichtsbescheid vom 16. April 2015 wies der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte EGMR in Strassburg die Klage der rumänischen Revolutionsgeneräle Victor Atanasie Stănculescu und Mihai Chiţac gegen den rumänischen Staat betreffend die sogenannte „Revolutionsakte“ ab.
Wie bekannt, schaffte es die rumänische Justiz in 25 Jahren nach der Wende, lediglich einen einzigen Entscheid betreffend die Revolution in Temeswar zu erlassen: Die beiden Generäle (Chiţac ist unterdessen verstorben) wurden 1997 von der rumänischen Militärstaatsanwaltschaft als Hauptschuldige der Repression in der Begastadt angeklagt und im Jahr 2000 zu je 15 Jahren Haft und zu Entschädigungen für 217 Revolutionsopfer gemeinsam mit dem Ministerium für Landesverteidigung verurteilt. 2001 wurden beide in Folge eines Einspruchs auf freien Fuß gesetzt, 2008 jedoch erneut zu 15 Jahren Haft verurteilt.
2012 wies der EGMR die Hauptanklagepunkte der Generäle ab, bzw. dass sie als Unschuldige verurteilt worden wären und man ihnen keinen gerechten Prozess gemacht hätte. Der EGMR prüfte jedoch weiterhin die Anklagepunkte betreffend die Dauer der Gerichtsprozeduren. Die Rechtsanwälte der beiden Kläger hatten nämlich wegen der langen Dauer der gerichtlichen Prozedur geklagt.
Wie in der ADZ berichtet, haben auch zahlreiche Opfer der Dezemberrevolution 1989 aus gleichen Gründen in den verflossenen zwei Jahrzehnten Klagen gegen den rumänischen Staat bzw. die rumänische Justiz beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erhoben: Ein Großteil der sogenannten „Revolutionsakte“ , zahlreiche Akten der Opfer waren vom rumänischen Staat 18 Jahre unter Verschluss gehalten worden. Erst in der Zeitspanne 1997-2004 wurde der Zugang zu diesen Akten gestattet. Die Untersuchungen wurden jedoch auch weiterhin, vor allem durch die störenden, widerrechtlichen Eingriffe aus der Sphäre der Politik jener Zeit erschwert und verzögert. So kam es dann im letzten Jahrzehnt zu Dutzenden Klagen der Revolutionsopfer beim EGMR, die zum Großteil zu Urteilssprüchen gegen den rumänischen Staat und zu hohen Entschädigungen für die Opfer geführt hatten.
Der ehemalige General Mihai Chiţac war in der Zeitspanne 2008-2010 in Haft, er starb im November 2010 im Bukarester Militärkrankenhaus an einem Herzinfarkt. General Stănculescu, ehemaliger stellvertretender Verteidigungsminister während den Revolutionsereignissen, der sich nach der Flucht des Diktatorenpaars auf die Seite der Revolution geschlagen und darauf zu den Hauptorganisatoren des Prozesses gegen Nicolae und Elena Ceauşescu gehört hatte, der 1991 von Ion Iliescu gar für seine „Verdienste“ zum Armeegeneral ernannt wurde, saß fünf Jahre seiner 15jährigen Haftstrafe ab, worauf er auf Bewährung auf freien Fuß gesetzt wurde.