Paula Dörr, Schülerin der Brukenthalschule in Hermannstadt, hat sich schon als Kind mit den Themen Umwelt- und Klimaschutz auseinandergesetzt. Wo sie kann, versucht sie, Dinge zu verändern und andere für die Themen, die für sie wichtig sind, zu sensibilisieren. Über Äpfel in Plastiktüten, das Gespräch mit den EU-Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel 2019, bei dem Paula und andere engagierte Jugendliche der „Fridays for Future“ -Bewegung (FFF) anwesend waren und darüber, dass Veränderungen im Kleinen der Anfang von etwas ganz Großem sein können, sprach sie mit ADZ-Redakteurin Aurelia Brecht.
Du engagierst dich seit 2019 für die „Fridays for Future“ Bewegung. Wie kam es zu deinem Engagement?
Das Thema Umweltbewusstsein war bei mir zu Hause immer sehr präsent. In der Familie haben wir immer darauf geachtet, uns umweltbewusst zu verhalten; für das Bäumepflanzen habe ich mich sehr früh interessiert. Dann kam die „Fridays for Future“-Bewegung“ mit Greta Thunberg an der Spitze auf und ich habe mich im Netz viel darüber informiert – die Bewegung wuchs in Westeuropa sehr schnell. Und da wurde mir klar, dass das Leute wie ich sind, junge Leute, die ihre Meinung äußern und die für die Werte, die ich teile, stehen und sie in die Öffentlichkeit tragen. Mir war wichtig, dass das Thema präsenter wird und dass sich die Menschen über das Thema bewusster werden.
Welche Rolle spielen die Themen Umwelt und Klimaschutz im heutigen Rumänien?
Das ist mir auch während meines Engagements bei „Fridays for Future“ klar geworden – es gibt in Rumänien wenig Interesse für das Thema, wenig Bewusstsein. In meiner „Bubble“, in der ich mich bewege, gibt es das Bewusstsein schon, aber wenn man die Gesellschaft als Ganzes betrachtet, ist es wenig. Irgendwo kann ich es auch verstehen, denn es gibt auch andere Themen im Moment, die die Menschen beschäftigen – vor allem die Pandemie und der Krieg in der Ukraine. Das kann ich nachvollziehen. Was mich aber immer sehr gefreut hat, waren die Reaktionen auf Lehrerseite. Es gab Lehrer und Lehrerinnen, die noch nicht so sehr mit diesem Thema Klima- und Umweltschutz in Kontakt waren, und trotzdem wollten sie mehr darüber erfahren, waren offen und haben uns sehr unterstützt. Das hat auch mir einen Motivationsschub gegeben.
Was war für dich bisher die größte Herausforderung in deinem Engagement?
Die Reaktion von anderen. Ein Beispiel: Wir bekommen in der Schule Äpfel in Plastiktüten. In der siebten Klasse sollten wir im Rahmen eines Wettbewerbs einen Text verfassen. Da habe ich dann darüber geschrieben, dass ich es nicht richtig finde, Äpfel in Plastiktüten zu verteilen. Den Text habe ich dann vorgetragen. Daraufhin kam meine Banknachbarin zu mir und fragte mich, warum ich mich mit solchen Themen auseinandersetze. Sie sagte: „Du bist ein Kind, das ist nicht deine Sache. Du kannst ohnehin nichts ändern.“ Da gab es viele, die auf diese Weise reagiert haben, und das hat mich ein bisschen gewundert. Denn wenn du so denkst, dann wird sich ja nie etwas ändern. Eine andere Herausforderung war vielleicht, dass man bei „Fridays for Future“ viel organisieren muss – das muss man erst einmal lernen. Wie mache ich Veranstaltungen publik? Wie redet man mit anderen über die Themen, die einen interessieren? Wie melde ich einen Protest an? Und natürlich: Wie kommuniziert man innerhalb unserer Gruppe und wie formuliert man gemeinsame Ziele? Da habe ich viel gelernt.
Gibt es auch Dinge, die dich in deiner Arbeit manchmal demotivieren?
Ich glaube, solche Momente gibt es immer – bei egal welcher Tätigkeit. Aber wenn man die Ergebnisse betrachtet und sich klar macht, dass es unheimlich wichtig ist, überhaupt etwas zu unternehmen, dann rücken sie in den Hintergrund. Sie haben dann keine große Wichtigkeit mehr. Es geht immer weiter. In Momenten der Demotivation sollte man eine kurze Pause einlegen und dann weitermachen.
Was war bisher das motivierendste Erlebnis in deinem Engagement?
Das war der Protest vom 29. November in Hermannstadt, als wir eine Geldbuße bekommen haben dafür, dass wir über den Weihnachtsmarkt gegangen sind. Diese Energie von den anderen Jugendlichen mitzubekommen, zu beobachten, wie sich online die ganze Zivilgesellschaft in Hermannstadt mit uns solidarisiert hat und es gut fand, was wir organisiert hatten. Der Fall wurde jetzt auch aufgenommen und befindet sich in einem schwebenden Verfahren. Eventuell wird aufgrund dieses Falles auch das Gesetz verändert.
Wie lief das Zusammentreffen mit den europäischen Staats- und Regierungschefs anlässlich des EU-Summits 2019 ab und was hat dieses Erlebnis mit dir gemacht?
Das war auch so ein Erlebnis, das mich sehr überrascht und ermutigt hat und bei dem ich mir im Nachhinein dachte: Du bist zwar ein Kind, aber ich habe trotzdem etwas zu sagen und kann gehört werden. Als wir dort hingegangen sind und das tatsächlich funktioniert hat, wurde mir klar, dass man sich auch als Kind beteiligen und seine Meinung sagen kann. Dafür braucht es nicht unbedingt mehr Lebenserfahrung oder ein Studium. Die Dinge zu thematisieren und die Menschen, die in den entsprechenden Positionen dafür sorgen können, dass sich die Dinge ändern, zu erreichen, das ist wichtig. Nur so kann der jetzige Zustand verändert werden. Solche Treffen sind ein Anfang.
Im Jahr 2020 ist sogar ein Buch mit dem Titel „Yes we care“ von dir erschienen. Wie entstand die Idee zum Buch?
Mit dem Lockdown hat sich die Arbeit bei FFF sehr gewandelt. Man konnte sich nicht mehr treffen, wir hatten jetzt nur noch Instagram als Kommunikation nach außen und als unsere „Proteststraße“. Auf der anderen Seite hat uns diese Situation auch dazu gebracht, uns weiter auszuprobieren. An Ostern habe ich einen Post auf Instagram gestaltet mit dem Thema „Was kannst du tun, um das Osterfest nachhaltiger zu gestalten?“ Dieser Post hatte eine große Reichweite und kam sehr gut an. Das hat mich dazu motiviert, damit weiterzumachen und dazu beitragen, dass dieses Grundwissen zu diesem Thema präsenter wird. Dann habe ich meiner Mutter davon erzählt und sie war begeistert und hat sogar mitgemacht. Daraus ist dann das Buch geworden.
Kannst du kurz etwas über die Inhalte und die Form des Buches erzählen?
Im Buch gibt es vier Jugendliche, die zu Beginn jedes Kapitels verschiedene Lebensbereiche gemeinsam anschauen: Alltag, Mobilität, Energie, Ostern, andere Feiertage, usw. Diese vier tauchen zusammen mit dem Leser in das jeweilige Thema ein. Wir haben versucht in diesen Gesprächen teilweise doch recht komplizierte Zusammenhänge herunterzubrechen. Dadurch haben wir die Themen auch noch einmal viel besser verstanden – das war ein ziemlich interessanter und auch schöner Prozess. Nach dieser Einführung kommen dann ein paar Tipps, zwischendurch gibt es dann immer eine Illustration von Dan Perjovschi. So haben wir versucht, den Text abwechslungsreich zu gestalten.
Wäre das Buch auch im Unterricht einsetzbar?
Dort wird es zum Glück bereits eingesetzt. Es braucht diese Mischung aus dem politischen Engagement und diesen Tipps im Kleinen, damit man zu einer Lösung kommt. Wir haben auch schon E-Mails von Lehrerinnen und Lehrern bekommen, die das Buch in Temeswar einsetzen wollten. Das freut einen dann natürlich sehr, wenn man eine solche Rückmeldung bekommt.
Was würdest du anderen Jugendlichen raten, die ein Buch schreiben möchten?
Erst einmal darauf losschreiben. Und Verbündete suchen, mit denen man sich austauschen und Feedback bekommen kann. Eventuell einen Lehrer oder eine Lehrerin suchen, die unterstützen können, ansprechen. Dann muss man natürlich die nötige Recherchearbeit leisten. Und dann einfach machen. Es hat rund ein Jahr gedauert, bis das Buch fertig war.
Wie läuft es ab, wenn sich andere Jugendliche für Fridays for Future engagieren möchten? Welche Schritte müssen sie unternehmen?
Jetzt in der Pandemie gab es weniger Aktionen, aber es gibt nach wie vor einen Instagram-Account. Da kann man sich melden und sich vernetzen. Wir sind auch über WhatsApp verbunden. Über diese Wege kann man mit uns in Kontakt treten und sich mit uns zusammen engagieren.