Mainz am Rhein – Kultur, Geschichte und Gemütlichkeit

Buchdruckkunst, Fastnachtsumzug, Fachwerkbauten und Weinkultur

Der Ostturm des Mainzer Domes
Fotos: die Verfasserin

Kreuzgang im Dom

Theodor Heuss Brücke zwischen Mainz und Wiesbaden

Gutenberg-Museum

Der Mainzer Wochenmarkt findet dienstags, freitags und samstags statt. Im Hintergrund sind die Markthäuser zu sehen.

Wer rheinische Gemütlichkeit in unmittelbarer Nähe zu Frankreich erleben will, ist in der Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz goldrichtig: Die Stadt hält viele kulturelle Entdeckungen und Überraschungen aus mehreren Epochen für ihre Besucher bereit, sie bietet eine gute Küche, zahlreiche Weinstuben zur Einkehr, in denen man die typische Mainzer Geselligkeit erleben kann und lädt auf ihrer Rheinpromenade zum Flanieren ein.

Mainz hat viele Facetten: Es ist der Sitz verschiedener öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, Universitätsstadt und bekannt für seine zahlreichen Feste, unter anderem für die Mainzer Fastnacht. Als römische Gründung kann man in Mainz, ehemals „Mongontiacum“, heute noch ein römisches Bühnentheater, einen Aquädukt, einen Tempel, das Heiligtum der Isis und Mater Magna, sowie verschiedene antike Schiffe, die Anfang der achtziger Jahre gefunden wurden, bestaunen. Schon in dieser Zeit war die Stadt eine Hauptstadt, die der römischen Provinz „Germania Superior“. Ihre Blütezeit erlebte sie aber im Mittelalter: Davon zeugen heute noch der Mainzer Dom und die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg, die im Weltmuseum der Druckkunst präsentiert wird. Im Mittelalter war die Stadt so etwas wie das Zentrum des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Danach erlebte Mainz eine wechselvolle Geschichte: In den Jahren 1792 und 1793 bildete sich – unter dem Einfluss der Französischen Revolution – die Mainzer Republik, das erste demokratische Staatswesen auf deutschem Boden. Im Jahre 1797 erklärte dann Napoleon die Stadt zur Hauptstadt des „Département du Mont-Tonnerre“, des Donnersbergkreises. Nach dem Wiener Kongress war die Stadt Hauptstadt der Provinz Rheinhessen des Großherzogtums Hessen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte Mainz zur französischen Besatzungszone. Die Mainzer Universität wurde 1946, ebenfalls von den Franzosen, neu gegründet.

Die Stadt der Druckkunst

Das im Jahr 1900 gegründete Mainzer-Gutenberg Museum befindet sich im Herzen von Mainz und nimmt seine Besucher mit auf eine Reise in das Leben des wohl berühmtesten Sohns der Stadt und in die Welt der Buchdruckkunst: Johannes Gutenberg, eigentlich „Johannes Gensfleisch zur Laden“, erfand Mitte des 15. Jahrhunderts das Drucken mit beweglichen Lettern aus Blei. Das Besondere an dem von Gutenberg erdachten Prozess waren viele kleinere Erfindungen, die den Druck mit den beweglichen Lettern, den es schon vorher gegeben hatte, perfektionierte: Über mehrere Jahre entwickelte er verschiedene Techniken, wie das Drucken mit der Presse, das Gießen der Lettern, den Satz der Lettern und die Zusammensetzung der Tinte sowie die Zusammensetzung des Metalls. Die Weiterentwicklung all dieser Komponenten führte zu einer Steigerung der Effizienz des Druckvorgangs und revolutionierte die Verbreitung von Wissen in der damaligen Zeit.

Heute können im Museum zwei der Gutenberg-Bibeln bewundert werden – die sogenannten „B42“, weil sie 42 Zeilen pro Spalte haben, sind zwei der weltweit erhaltenden 49 Gutenberg-Bibeln. Die übrigen Exemplare sind über die ganze Welt verteilt – so finden sich weitere in ganz Europa, unter anderem in Frankreich und Belgien, in Nordamerika sowie in Asien.
In der Druckvorführung des Gutenberg-Museums, die mehrmals am Tag zur vollen Stunde stattfindet, können die Besucher den Prozess des Druckes einer Bibelseite an einer alten Druckerpresse miterleben. Im Druckladen, der sich im Gebäude neben dem Museum befindet, kann jeder selbst ausprobieren, nach alter Art Druckerzeugnisse herzustellen. Besonders beliebt ist der Druckladen bei Kinder- und Jugendgruppen.

Das Wahrzeichen der Stadt – der Mainzer Dom

Der Dom, eine 1000 Jahre alte, dreischiffige Pfeilerbasilika, wurde im 10. Jahrhundert von Erzbischof Willigis erbaut: Als Vorbild diente damals der Petersdom in Rom, weshalb im Mainzer Dom zwei Chöre zu finden sind und weswegen er nach Westen ausgerichtet ist. Nicht umsonst orientierte sich der Bauherr an dem berühmten Vorbild in Rom – der Erzbischof, der zugleich Erzkanzler war, übte in dieser Doppelrolle die geistliche und politische Macht aus und war somit im Gefüge der Machtpolitik der damaligen Zeit der zweitwichtigste Mann nach dem Kaiser im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.

Ein interessantes Zeugnis der Machtdemonstration der Erzbischöfe geben im Innern des Doms die Grabdenkmäler der Erzbischöfe: eines davon stammt aus dem 13. Jahrhundert und zeigt Siegfried III. von Eppstein, der in der Darstellung zwei kleineren Figuren, Königen, jeweils eine Krone auf den Kopf setzt: Die Geste drückt nicht den Anspruch des Krönungsrechts aus, sondern steht für die Sonderstellung des Erzbischofs als Mainzer Kurfürst, der als letzter der sieben Kurfürsten seine Stimme abgab, und somit das Zünglein an der Waage für die Wahl des Königs darstellte.

Die Mainzer Altstadt – Fachwerk und Weinlokale

Mainz wurde im Zweiten Weltkrieg zu nahezu achtzig Prozent zerstört, die Altstadt blieb in Teilen verschont. Heute kann man in den Gassen noch fünfhundert Jahre alte Fachwerkhäuser bewundern, die Namen wie „Das Haus zur blauen Klingel“ oder „Das Haus zur Gans“ tragen. Die vielen Gässchen und die Hauptstraße der Altstadt, die Augustinerstraße, und zahlreiche Plätze in der Altstadt laden die Besucher zum Flanieren, Einkaufen und Verweilen ein.
Stadt der Feste und der Gemütlichkeit
Bekannt ist die Stadt zudem durch die sogenannte „Meenzer Fassenacht“, auch die „fünfte Jahreszeit“ genannt, die jährlich zahlreiche Besucher anzieht: Der seit 1838 stattfindende traditionelle „Rosenmontagsumzug“ ist mit seinen fast 10.000 aktiven Teilnehmern und den etwa 500.000 Besuchern pro Jahr einer der drei größten Umzüge Deutschlands und versetzt die Stadt jedes Jahr in einen Ausnahmezustand. Die Mainzer Fastnacht ist eine sehr politische: So wird auf den „Fastnachtssitzungen“ in den dazugehörigen „Büttenreden“ auch der eine oder andere Politiker aufs Korn genommen.

Wer zunächst einen moderateren Ausnahmezustand sucht, der begebe sich in eine der Mainzer Weinstuben, in denen verschiedene für die Region bekannte Weinsorten wie Riesling oder Dornfelder probiert werden können. In den Weinstuben der Mainzer Altstadt, wie dem Mainzer „Beichtstuhl“, dem Weinhaus „Zum Spiegel“ oder dem Weinhaus „Michel“ kann man in gemütlicher Atmosphäre Weine und „Spundekäs‘“ mit Bretzeln probieren.

Wer an einem Samstag in der Stadt ist, sollte eine andere Gelegenheit nutzen, den Wein und die Spezialitäten der Region zu genießen: Auf dem traditionellen „Mainzer Marktfrühstück“, das auf der Ostseite des Mainzer Doms auf dem Liebfrauenplatz stattfindet, bieten die Winzer ihre Weine an.

Auch in der näheren Umgebung von Mainz finden im Sommer zahlreiche Weinfeste statt. Ein weiterer touristischer und traditionsreicher Anziehungspunkt in der Nähe ist das Kloster Eberbach im hessischen Eltville: Das Zisterzienserkloster, 1136 gegründet, bietet heute Gelegenheit, in die 900 Jahre alte Geschichte des Klosters einzutauchen. Auch finden in der Anlage, die 1985 als Drehort für den Film „Der Name der Rose“ nach dem Roman von Umberto Eco diente, regelmäßig Konzerte und Weinverkostungen statt.