„Rumänien nach der Wahl“: Die Friedrich-Naumann-Stiftung für Freiheit (FNF) lud am Montagabend , dem Tag nach der Wahl, zu einer Onlinediskussion mit dem DFDR-Abgeordneten Ovidiu Ganț, der Chefredakteurin der Hermannstädter Zeitung, Beatrice Ungar, und Raimar Wagner, Leiter des Büros der Friedrich-Naumann-Stiftung für Rumänien und Moldau ein. Warum war die Wahl so wichtig?
Wagner zeigte in seiner Einleitung auf, warum die Präsidentenwahl 2025 von so hoher Bedeutung für das Land war, was also auf dem Spiel stand. Eine Wahl des rechtsextremen AUR-Chefs George Simion hätte zum einen der Expansion von Donald Trumps MAGA-Bewegung (steht für „Make America Great Again“) in Europa gedient, zum anderen Russland einen Verbündeten, „ein weiteres trojanisches Pferd im Herzen Europas“ gesichert, so Wagner. Beide Regierungen hätten bekanntlich Interesse daran, die Europäische Union als Institution zu schwächen.
Besonders die Position Simions, die Unterstützung der Ukraine mit Waffen aus und über Rumänien beenden zu wollen, wäre eine Katastrophe für die EU und deren gemeinsame Solidarität mit dem angegriffenen Nachbarland gewesen, fügte er an.
Darüber hinaus wäre die Republik Moldau sicher zum nächsten Ziel Russlands geworden, welches sich laut Wagner auch in diese Wahl eingemischt habe, unter anderem mit Desinformationskampagnen. Sein Fazit: Rumäniens Bürger hätten die enorme Gefahr richtig erkannt und „über die Wahl ihre eigenen Interessen und die eines vereinten Europas geschützt“.
Simion: Für „Arroganz gegenüber den Bürgern“ abgestraft
Ganț gab seine Einschätzung darüber ab, warum trotzdem so viele Rumänen – immerhin über fünf Millionen – George Simion gewählt haben und zielte dabei auf eine gewisse Mentalität ab, derzufolge das rücksichtslose und teilweise brutale Auftreten Simions als genau die richtige Art und Weise angesehen werde, um sich im politischen Raum durchzusetzen. Viele Rumänen hätten sich in Simion und dessen Verhalten wiedergefunden.
Ungar wies kritisch darauf hin, dass Simion auch außerhalb des Parlaments, z.B. in vielen Medien, eine sehr große Plattform gegeben wurde, um sich darzustellen, was ihn sozusagen weiter wachsen ließ. Wahlplakate habe es dieses mal kaum gegeben, der Wahlkampf habe sich größtenteils in die sozialen Medien verlagert.
Wagner kommentierte, dass es einer massiven Mobilisierung für Nicu{or Dan als Präsidenten bedurfte, um die drohende Katastrophe abzuwenden. Der erste Wahlgang habe in Rumänien einen Schock ausgelöst und viele Menschen in Panik versetzt. Daraufhin hätten sich auf verschiedensten Ebenen Personen für Dan engagiert. Simion sei zudem für seine „Arroganz gegen über den Mitbürgern“ abgestraft worden, nachdem er sich in Sachen Visa Waiver – Rumänien wurde in die Liste der Staaten aufgenommen, dessen Bürger kein Visum für die Einreise in die USA brauchen, was dann kurz vor Inkrafttreten aus „politischen Gründen“ seitens der USA ausgesetzt wurde – gegen deren Interessen gestellt habe.
Dan: „Erster echter Graswurzelpräsident Rumäniens”
Wie geht es weiter? Die nach vorne gerichteten Beiträge drehten sich vor allem um zwei große Fragen: Was kann Nicu{or Dan als neuer Präsident leisten? Und: Wie geht es weiter mit der Regierungsbildung?
Raimar Wagner bezeichnete Dan vor dem Hintergrund, dass dieser keiner Partei angehört – auch seine USR-Vergangenheit wurde natürlich besprochen -, als „ersten echten Graswurzelpräsidenten Rumäniens“. Darin sahen die Diskutanten überwiegend Chancen für seine Amtszeit, auch wenn Beatrice Ungar klarstellte, dass er die Unterstützung der Parteien brauche, um überhaupt etwas durchzusetzen, zumal seine Befugnisse bekanntlich formal eng begrenzt sind.
Ovidiu Gan] hielt fest, dass der rumänische Präsident trotzdem deutlich mächtiger ist als der deutsche, da er einen Premierminister benennen und im Zweifel Neuwahlen herbeiführen kann, sollte keine Regierung zustande kommen.
Ganț zu Regierungsbildung: An einem Strang ziehen – „sonst sind wir geliefert!“
In diesem Kontext ist Dan jetzt direkt gefordert, einen Premier zu finden, der eine Mehrheit im Parlament erhält und den Prozess der Regierungsbildung zu moderieren. Das gerade letzterer schwierig werden dürfte, liege in erster Linie an innerparteilichen Richtungskämpfen in den beiden großen Parteien PSD und PNL, die aktuell stattfänden, äußerte Ovidiu Gan]. Diese müssten schnellstens beigelegt werden.
Leider gäbe es dort einige Stimmen, die ihre Parteien lieber in der Opposition sähen, was auch mit der schwierigen finanziellen Lage – Stichwort Staatsdefizit – und anstehenden unvermeidlichen Kürzungen im Budget zu tun habe. Er favorisierte klar eine große Koalition aller demokratischen Parteien, unterstützt durch die Fraktion der Minderheiten, um gemeinsam den Erfolg rechtsextremer Parteien und autoritärer, xenophober und rassistischer Positionen zu bekämpfen. Wenn man sich jetzt auseinander dividieren lasse, sich mit Blick auf das Budget herauszureden versuche und die Schuld auf andere schiebe, „dann sind wir geliefert“. Ganț hoffte, dass die Europäische Volkspartei und die Sozialdemokratische Partei Europas ihren Mitgliedern PNL und PSD entsprechend ins Gewissen reden.
Wagner war optimistisch, dass sich die USR dieses Mal an der Regierung beteiligen werde und sprach sich für den aktuellen Interimspräsidenten Ilie Bolojan (PNL) als neuen Premierminister aus, zumal Dans Präferenz für diesen den Wählern bekannt gewesen sei, er sozusagen ein bisschen im Paket mitgewählt wurde. Die aktuelle Situation sei vielleicht für die großen Parteien auch eine Chance, sich auf ihre Werte zu besinnen.
Ungar stellte zwar fest, dass es den Parteien häufig eher um Interessen als Ideologie ginge, es jedoch in allen demokratischen Parteien auch sehr kompetente Menschen gebe, die man jetzt „zusammentrommeln“ müsse. Sie wünschte sich zudem, dass jetzt wieder die Menschen, die für einen pro-europäischen Weg stehen – also innerhalb Rumäniens klar die Mehrheit, bei den Rumänen im Ausland sieht es bekanntlich anders aus –, mehr in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gelangen.