Die Richtlinie (EU) 2024/2853 über die Haftung für fehlerhafte Produkte („die Richtlinie“) wurde am 18. November 2024 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Alle Mitgliedstaaten, einschließlich Rumänien, müssen die Richtlinie bis zum 9. Dezember 2026 in nationales Recht umsetzen. Es folgt ein Ausblick auf die wesentlichen Grundsätze.
Wichtige Neuerungen
Der Begriff „Produkt“ wird ausgeweitet – er erfasst nun ausdrücklich u. a. Software und digitale Konstruktionsunterlagen. Ferner haften Anbieter von Online-Plattformen für fehlerhafte Produkte, die auf ihren Plattformen per Fernabsatz verkauft werden, wie jeder andere Wirtschaftsteilnehmer, wenn ein Verbraucher davon ausgehen kann, dass die Produkte von der Online-Plattform selbst oder von einem ihrer Aufsicht unterstehenden Nutzer bereitgestellt werden.
Schadensersatzansprüche
Die Richtlinie soll Verbrauchern und anderen natürlichen Personen Schutz vor Schäden durch fehlerhafte Produkte sichern. Fehlerhaft ist ein Produkt, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die eine Person erwarten darf oder die gemäß Unions- oder nationalem Recht vorgeschrieben ist.
Dies erfasst z. B. Betriebs-, Sicherheits- oder Konformitätsprobleme, die auf Konstruktions- oder Fertigungsfehler (einschließlich digitale Fertigungs- und Softwaredaten), unsachgemäße Änderung bei oder das Fehlen angemessener Informationen über die sichere Produktverwendung zurückzuführen sind.
Auch die Aufmachung des Produkts ist hierbei zu berücksichtigen. Warnhinweise oder andere Informationen, die mit einem Produkt geliefert werden (z. B. ein Verzeichnis sämtlicher Nebenwirkungen), sind jedoch nicht ausreichend, um ein ansonsten fehlerhaftes Produkt sicher zu machen. Ein Produkt kann auch aufgrund mangelhafter Cybersicherheit als fehlerhaft eingestuft werden, beispielsweise wenn es sicherheitsrelevante Cybersicherheitsanforderungen nicht erfüllt.
Haftung der Hersteller
Für Schäden infolge fehlerhafter Produkte haften laut Richtlinie ferner der Hersteller eines fehlerhaften Produkts oder einer fehlerhaften Komponente, wenn diese unter der Kontrolle des Herstellers integriert oder mit dem Produkt verbunden wurde und dessen Fehlerhaftigkeit verursacht hat (neben dem Hersteller). Hat dieser Hersteller seinen Sitz außerhalb der EU, haften der Importeur, der Bevollmächtigte des Herstellers und ansonsten der Fulfillment-Dienstleister. Für Produkte, die außerhalb der Kontrolle des ursprünglichen Herstellers wesentlich verändert werden, gilt das Unternehmen oder die Person, die das Produkt verändert hat, als Hersteller (u. E. sehr relevant für digitale Produkte).
Geltendmachung, Beweis
Die Feststellung von Produktfehlern erfolgt durch das zuständige Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände jedes Einzelfalls. Da die Haftung für fehlerhafte Produkte nicht vom Verschulden des Wirtschaftsakteurs abhängt, muss ein Kläger, der Schadensersatz wegen eines fehlerhaften Produkts verlangt, nach Maßgabe des nationalen Rechts den Schaden, die Fehlerhaftigkeit des Produkts und den ursächlichen Zusammenhang zwischen beiden beweisen.
Allerdings hat er meist keinen Zugang zu den dafür erforderlichen Informationen bzw. Know-How-Komponenten, v. a. bei komplexen Produkten. Daher müssen die Mitgliedstaaten ihm ein Recht auf Offenlegung relevanter Beweismittel (z. B. Konstruktionsunterlagen, Software, interne Herstellerunterlagen und Informationen zur Lieferkette) durch den Beklagten gewähren. Die geforderten Beweismittel sind auf das Erforderliche und Verhältnismäßige zu beschränken.
Kommt der Beklagte der Offenlegungspflicht nicht nach, wird die Fehlerhaftigkeit des Produkts widerlegbar vermutet. Selbst wenn er offenlegt, kann das Gericht jedoch in einigen Fällen Fehlerhaftigkeit und Kausalität annehmen, z. B. wenn der Beweis dem Kläger wegen der Komplexität übermäßig schwierig ist, oder der Kläger nur die Wahrscheinlichkeit der Fehlerhaftigkeit oder der Kausalität nachweist.
Weitere widerlegbare Vermutungen zugunsten des Klägers sowie Haftungsausschlüsse für Beklagte wurden geregelt. Für die Geltendmachung derartiger Schadenersatzansprüche müssen die Mitgliedstaaten eine Verjährungsfrist von drei Jahren regeln.
Transparenz
Die Mitgliedstaaten veröffentlichen in einem leicht zugänglichen elektronischen Format alle rechtskräftigen Urteile ihrer nationalen Berufungsgerichte oder der höchsten Instanz in Verfahren, die gemäß der Richtlinie eingeleitet wurden. Die Kommission erstellt und unterhält eine Datenbank hierzu.
Fazit
Bis Dezember 2026 müssen alle Unternehmen die neuen Regelungen verstehen und ihre Compliance-Strategien anpassen. Aufgrund der Ausweitung auf digitale Produkte und Online-Plattformen dürfte dies insbesondere für den digitalen Bereich praxisrelevant sein. Wir verfolgen eine etwaige rumänische Umsetzung.
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