Kaum etwas kann den Schwachsinn und die Borniertheit, die Geld-, Raff- und Pfründegier der rumänischen politischen Entscheidungsträger treffender zeigen als ihre Einstellung zum weltweiten Ringen zwecks Einschränkung und Stoppung der Covid-19-Pandemie: Sie tun nichts Zielführendes.
Unter normalen Umständen sollte ein Jahresend-Kommentar sich mit allem auseinandersetzen, was das abgelaufene Jahr geprägt hat. Aber der Heilige Aurelius Augustinus von Hippo, der letzte und größte der Philosophen der Spätantike, diktierte als Bischof dem Schreiber seiner „Confessiones“: „…man kann auch von Rechts wegen nicht sagen, es gäbe drei Zeiten, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Vielleicht sollte man richtiger sagen: Es gibt drei Zeiten, Gegenwart des Vergangenen, Gegenwart des Gegenwärtigen und Gegenwart des Zukünftigen. Denn diese drei sind in der Seele, und anderswo sehe ich sie nicht. Gegenwart des Vergangenen ist die Erinnerung, Gegenwart des Gegenwärtigen die Anschauung, Gegenwart des Zukünftigen die Erwartung”.
Zeit sollte also als psychologische Dimension gesehen werden, als Erinnerung, Anschauung und Erwartung, meint der nordafrikanische katholische Bischof und Kirchenlehrer – immer aus Sicht des in der Gegenwart verankerten Ich, im hic et nunc, dem Hier und Heute des (persönlichen) Seins.
Deshalb können alle politischen Entscheidungen dieses zweiten Pandemiejahres 2021 „in der Erinnerung, in der Anschauung und in der Erwartung“ bloß als schmierige und gefährliche Populismen gelten, wobei der Tod vieler Menschen kalt in Kauf genommen wurde (bis hin zum bisherigen – Europa- – Rekord von 579 Corona-Toten an einem einzigen Tag – und das keine drei Monate, nachdem Präsident Johannis die Pandemie in Rumänien für besiegt erklärt hatte…). Hauptsache, die, die die Entscheidung des praktischen Nichtstuns getroffen haben, werden wiedergewählt.
Eines der Probleme, die durch die Pandemie von der Politikerkaste Rumäniens nicht mehr verborgen wurde, ist diese Kälte, die Abwendung von denjenigen, die sie gewählt haben – und die sie großzügig mit Kleingeld ködern: Lohn- und Rentenerhöhungen, die ablenken sollen von der rasant steigenden Inflationsspirale und von den praktisch durch Populismus vorprogrammierten Pandemie-, also Todeswellen, sowie von ihrer flagranten Feigheit, dagegen durchzugreifen, mit Impfzwang, mit streng kontrollierten Restriktionsmaßnahmen im Sozialleben und drastisch geahndeten Übertretungen derselben, mit dem Verbot von Sonderregelungen für „Ausnahmen“ einer Zwei-Klassen-Gesellschaft.
Natürlich haben die Menschen Sehnsucht nach Normalität in der Gemeinschaft, natürlich brauchen sie die Verschnaufpause zwischen Delta und Omi-kron. Aber wäre nicht auch Vor-, Rück- und Nachsicht angebracht? Von Corona-Leugnern und Impfgegnern gegenüber ihren möglichen Opfern, den durch sie Angesteckten, vielleicht sogar Getöteten!? Wenn die Betonköpfe nicht über den eigenen Napfrand schauen: Dann eben dazu gezwungen! Die Gesundheit des Nächsten lässt nicht Platz für Freiheit und Demokratie. „Die Freiheit eines Jeden hat als logische Grenzen die Freiheit jedes Anderen“, heißt es bei Alphonse Karr (1808-1890). Die Antivakzinisten und die Coronaleugner respektieren davon nur die ersten vier Worte. Die rumänischen Politiker haben den Satz nie (zu Ende) gelesen.
Inzwischen ist klar: Das Grüne Zertifikat wird nie voll angewandt, zu Weihnachten hat es keine klaren Restriktionen gegeben, zu Neujahr wird es keine geben und wenn: Wer kontrolliert schon deren Befolgung?! Statt dass man bereits an der Grenze alle Ungeimpften aus Omikron-Ländern einfach zurückgewiesen hätte – die vor laufender Kamera erklärten, sie würden keine Quarantäne einhalten – übte man sich im Populismus und in einer todbringenden Gastfreundlichkeit.
Die Weichen fürs dritte Pandemiejahr wurden gestellt.
Küsschen und Prosit 2022!