Projekte zum kulturellen Erbe der Banater Schwaben

„DÆTA“ und „ANA“ fördern die multiethnische Region

Gottfried Binder machte 2018 eine umfangreiche Recherche zu den Banater Schwaben in Detta.

Innerhalb des „DĆTA“-Projekts hat der in Detta geborene Rumäniendeutsche Interviews geführt, hunderte Fotografien geschossen und sogar ein kleines Wörterbuch für Mundartwörter zusammengestellt. All das wird demnächst in einem Buch veröffentlicht. Fotos: Zoltán Pázmány

„Heute ist es nur ein Baum“, so heißt der Untertitel des entstehenden Buches innerhalb des „DÆTA“-Projekts. Das Projekt zum kulturellen Erbe der Banater Schwaben in Rumänien, welches anlässlich des Europäischen Kulturerbejahres 2018 in der Banater Stadt Detta/Deta durchgeführt wurde, begann in der ersten Jahreshälfte des vergangenen Jahres und wurde im Dezember 2018 vor Ort abgeschlossen. 2019 soll nun ein Buch dazu veröffentlicht werden.

Angeregt wurde das Projekt von der Hundertjahrfeier Großrumäniens, vom Europäischen Kulturerbejahr 2018 und von der Ernennung der Stadt Temeswar/Timișoara als Kulturhauptstadt Europas 2021. Doch entscheidend dafür war die Reise, die Gottfried Binder, der Initiator des Projekts, im Jahr 2017 von Deutschland nach Rumänien mit Endziel Detta zu Fuß machte. Dadurch schuf der 40-Jährige eine persönliche Annäherung an seine Kindheit und zu seinem Heimatland, sagt der aus Rumänien stammende Deutsche der ADZ gegenüber.

Bis zur fünften Klasse lebte Gottfried Binder zusammen mit seiner Familie in Detta. Nach der Wende wanderten sie alle aus. 28 Jahre lang war der Mann nicht mehr da. So kam ihm die Idee, zu den Wurzeln zurückzukehren, und das zu Fuß, in Begleitung der Hündin Kira. „Für mich war das eine Nachahmung des Wanderns der schwäbischen Vorfahren ins Banat“, erzählt Gottfried Binder. „Ich stamme gebürtig aus der Stadt Detta, meine Eltern und Großeltern größtenteils aus dem danebenliegenden Dorf Ofsenița. Nach meiner Reise 2017 blieb ich in Detta für eine längere Zeit, um die Stadt, das Land und deren Veränderungen nach fast 30 Jahren zu beobachten und alte und neue Kontakte zu knüpfen“, erzählt Gottfried Binder, der seine damalige Reise und Erfahrung im Internet unter seinem Künstlernamen Erich Weisz festhielt. Einmal in Detta angekommen, sind schon die Grundsteine des künftigen „DÆTA“-Projekts gelegt worden.

2018 war Europäisches Kulturerbejahr – damit forderte die Europäische Kommission auf, dazu beizutragen, Europa den Europäern wieder ein Stück näher zu bringen. Geschichten sollten unter dem Motto „Sharing Heritage“ („Erbgut teilen“) erzählt werden und somit in den Vordergrund rücken. Im Fokus des Kulturerbejahres stand das Gemeinschaftliche und Verbindende in der europäischen Kultur. Die Idee von Gottfried Binder passte prima dazu. So ist der Rumäniendeutsche für mehrere Monate in seine Geburtsstadt zurückgekommen, hat hier gewohnt, Kooperationspartner gesucht, seine entfernten Verwandten gesucht, Interviews geführt, Hunderte Fotografien geschossen und sogar ein kleines Wörterbuch für Mundartwörter zusammengestellt.

„DÆTA vernetzt generationsübergreifend verschiedene Kulturgruppen aus der Region, ermöglicht intensiven Austausch über die Geschichte des Banats und seiner Menschen und setzt Impulse für die künstlerische Gestaltung des öffentlichen Raumes“, sagt Gottfried Binder der ADZ gegenüber. Weitere Interviews mit ausgewanderten Deutschen sollen sein Buch zum Thema „Blick auf Rumänien von Deutschland“ fortsetzen. Der Band wird von der Deutschen Botschaft in Bukarest gefördert.

Infolge seines Aufenthaltes letzten Jahres in Rumänien konnte er in Kontakt mit zahlreichen „interessanten Menschen“ kommen, sagt er, darunter auch mit zwei jungen Fotografen und einem Archäologen. „Diese habe ich zu einem Konzept für Timișoara2021 eingeladen. Titel: ANA. Zusammen haben wir in der Kategorie ´Orte´ bei der Ausschreibung für SEARCHLIGHT 2019, dem Projektideenwettbewerb des Kulturhauptstadtvereins Timișoara2021, den siebten Platz gewonnen“, sagt Binder. Dabei geht es um ein kollaboratives visuelles Inventar des Banats.

„Gegenstand unserer Betrachtung ist das Banat, ein multiethnisches Grenzgebiet in Südosteuropa, welches bedingt durch Geschichte, Politik und Migration die Einflüsse zahlreicher europäischer Kulturen in einzigartiger Weise widerspiegelt. Geprägt durch fortwährende Immigration, Kriege, geopolitische Grenzverschiebungen, sozialistische Planwirtschaft und neokapitalistische Konsumgesellschaft steht das Banat emblematisch für eine sich im Wandel befindliche Welt“, heißt es in der Kurzbeschreibung des „ANA“-Projekts. „In Anlehnung an die Ästhetik und Systematik der fotografischen Werke der Fotografen Bernd und Hilla Becher soll das Banat mit seiner charakteristischen Architektur und Landschaft fotografisch inventarisiert werden. Systematisch, objektiv, vergleichbar. Damit wird nicht nur das materielle Erbe der Region nachhaltig bewahrt, sondern zugleich Anstoß für eine Reflexion über die Bedeutung des Nebeneinanders von Alt/Neu und Tradition/Neuorientierung gegeben“, erzählt Gottfried Binder über sein neues Projekt. Im Anschluss an das „ANA“-Projekt soll in der Zeitspanne 2020-2021 ein Buch mit monochromen Abbildungen, farbigen Videostills, Begleittexten, Interviews und Transkripten der Podiumsdiskussionen, Bildern aus Privatarchiven, historischen Abbildungen und Landkarten veröffentlicht werden sowie eine Ausstellung mit Fotografien sowie Videoinstallationen und ein digitales Archiv im Internet entstehen.