Ion Barbu, ein gleichermaßen subtiler wie sehr produktiver Karrikaturist aus Petrila im Schiltal (wer mal dort war, konnte an fast jeder freien Hauswand etwas von seinen, oft genialen, Einfällen sehen, von ihm „Barburisme“ getauft), hat jüngst im Intellektuellenblatt „Dilema“, das er regelmäßig beliefert, eine Zeichnung veröffentlicht, in der eine Gestalt fragt, warum die Brezeln von Buz²u etwas Spezielles seien, worauf geantwortet wird: „Weil sie ein Loch über dem Durchschnitt haben.“
Eine für Barbu ungewöhnlich plakative Anspielung. Auf den PSD-Chef, Premier und Präsidentschaftskandidaten Ion-Marcel Ciolacu, den Ex-Brezelbäcker und -verkäufer aus Buz²u, dem seine nächsten Getreuen vor der Öffentlichkeit bis zur Obsession „eine Intelligenz über dem Durchschnitt“ bescheinigen. Während er selber sich krampfhaft bemüht, jedermann/-frau bei jeder Gelegenheit zu erklären, dass er „ein ganz einfacher Mensch“ sei… Der Karrikaturist aus dem Schiltal hat, nicht zufällig, „Intelligenz“ mit „Loch“, also implizite „Leere“, gleichgesetzt.
Dies als Gegensatz oder Pendant zum blassen Vier-Sterne-General a.D. Ionel-Nicolae Ciucă, dem auf derselben Zeitungsseite „Ciucă´s Banalität“ bescheinigt wird, wobei die gar nicht zufällige Anspielung auf Hannah Ahrends „Banalität des Bösen“ im Beitrag als klare Absicht unumwunden zugegeben wird. Wer den Kontext der Gegenüberstellungen weiterdenkt, der kommt unweigerlich drauf, dass der hochdekorierte Ex-Militär, der den höchstmöglichen Rang im rumänischen Heer erreicht hat, im Dienst eigentlich nichts anderes tat, als die militärischen Reglements peinlichst genau einzuhalten, in der Art jedes gewissenhaften Buchhalters von der Sorte eines Adolf Eichmann, wie ihn Hannah Ahrendt als Prozessbeobachterin in Israel porträtierte… . Dass Ciucă nicht einmal als Kommandeur der rumänischen Truppen im Irak eigene Entscheidungen traf, sondern immer erst nach Rückversicherungen mit Bukarest zeitverzögert reagierte – selbst auf dringlichste militärische Unterstützungsforderungen der NATO-Alliierten, wenn diese in Kampfhandlungen verwickelt waren (die rumänische Investigativpresse hat das glaubhaft bekanntgemacht) – das zeigt die Buchhaltermentalität des hochgedienten Generals a.D.
Der liebe Ion-Marcel hat dem Nicolae-Ionel etwas voraus: er hat keinen Doktortitel, ergo: kann keines Plagiats bezichtigt werden. Wie IMC zur Durchschnitts-Note „sieben und etwas“ bei der Reifeprüfung kam, ist noch nicht untersucht. Bleibt also bei Ciucă die peinliche Sache mit der in hohem Maß abgekupferten Doktorarbeit, die er als Premierminister mittels einer (auch als Amtsmissbrauch, in seiner damaligen Eigenschaft als Chef des Justizministers deutbaren) Justizverfügung unter Verschluss setzen ließ. Womit der erfolgreichsten Plagiatorenjägerin Rumäniens, der Journalistin Emilia [ercan, der Mund gestopft wurde.
Beide Präsidentschaftskandidaten, der Beamten-General Ciucă und der „überdurchschnittlich intelligente“ Premier Ciolacu, repräsentieren ein System, das sich nach der Wende in diesem Land he-rauskristallisiert hat und das inzwischen eine Art Selbstreplikation entwickelte: Banalität wird zur Genialität erklärt, Gewissenhaftigkeit im Applizieren des Nichtstuns wird mit Beförderung belohnt, fehlende Solidität und flagrante Unfähigkeit wird geflissentlich übersehen oder gar lobend gefördert, Verwandtschaft und/oder Liaisons werden zu alles entscheidenden Eignungstests für höchste Ämter (etwa die „Teleormanisierung des Regierungsapparats“ zur Zeit Liviu Dragneas; doch werden auch jetzt viele hohe und mittelhohe Ämter so besetzt).
Schafft es Nicolae-Ionel Ciucă bis zum Präsidenten, wer wird ihm dann bei Entscheidungsfragen aus Bukarest verordnen, was tun? Und sollte es Ion-Marcel Ciolacu schaffen, bleibt die Frage nach dem „Loch überm Durchschnitt“ in den Brezeln von Buz²u.