Mitte und Ende der 1980er Jahre wurden in der Kreisbibliothek Karasch-Severin in Reschitza junge Lyzeumsabsolventen angestellt, die später in einem Crash-Kurs von 2-3 Monaten zu Bibliothekaren und Bibliothekarinnen ausgebildet wurden. Ein Vorgang, der sich noch Jahre nach der Wende mit Lyzeumsabgängern ohne Bibliothekars-Fachausbildung wiederholte…
In der repräsentativen Bibliothek des Banater Berglands arbeiteten zweierlei Bibliothekare, mit Hochschulbildung und Bibliothekonomie-Qualifizierung und ohne Hochschulbildung, mit notdürftiger – aber, in den Augen vieler, gleichwertiger – Qualifizierung. Auf der Lohnliste bestand damals ein Unterschied: die Bibliothekare mit Hochschulbildung wurden (egal, ob sie mehr oder weniger arbeiteten als die Notqualifizierten) in anderer Lohnstufe entlohnt. Zum Leidwesen der Minderausgebildeten und hinter vorgehaltener (und später auch ohne vorgehaltene) Hand vorgebrachtem Murren.
An einen ähnlichen Zustand dürfte der Philosoph und Schriftsteller Andrei Cornea gedacht haben, als er unlängst in seiner Rubrik „Am Kreuzweg der Gedanken“ von der „Alternative“ Akademiker oder Müllabfuhrleute schrieb. Cornea ging von Bestehendem aus: gesellschaftlich blühen „Antipathien, Misstrauen, ja sogar Hass“ gegen professionelle „Eliten“ (= für die Gesellschaft unverzichtbare Experten). Die Haltung sei „so alt, wie populär“. Berufs-„Eliten“ würden von den Ausgeschlossenen als „verschlossene Kreise Privilegierter“ gesehen, die „keine besonderen Meriten“ hätten. Populismus und Skandalmedien konservieren diese Einstellung. In Wirklichkeit, so Masse und Medien, seien Berufs-„Eliten“ inkompetent, „schädlich“ – zum Beispiel die Intensivärztinnen des Bukarester Pantelimon-Spitals, die beiden „Sex-Soziologen“ einer Bukarester Hochschule, hoch angesehen im Fach…
Kollateral dazu gäbe es die Überzeugung, dass man heute, in Zeiten des Internet-Search, eh alles Relevante finden kann, egal welcher Bildungsstufe man sei. Wozu brauche man dann noch professionelle „Eliten“? Es gäbe ja auch noch die „Inoffiziellen“, die „Alternativen“ – früher nannte man sie auch Quacksalber (aus ndrl. kwakken „angeben, schwatzen“ und zalven „salben“, etwa: „Salben- Aufschwätzer“). Oder Kurpfuscher, wenn sie in der Medizin herumwucherten.
Die „alternativen“ Alleswisser von heute - Scharlatane - gibt es in allen Bereichen – bis hinein in die Politik und deren höchste Sphären. Nur ist den Wenigsten bewusst, dass der Scharlatan immer noch der alte Quacksalber ist. Denn im 17. Jahrhundert lieh sich das Deutsche das Französische „charlatan“ aus, das seinerseits aufs Italienische „ciarlatano“ zurückgeht, das eine Verschmelzung von „cerretano“ „Kurpfuscher, Marktschreier“ und „ciarlare“, „schwatzen“ ist… Im Grunde also nichts Neues: das Dauer-Erwecken eines falschen Eindrucks, für Geld, Macht, Herrschaft – oder, zum Mindesten, für ein gutes Leben…
Die Gruppenbildungstendenz der professionellen Eliten könne auch als Abwehraktion gegenüber Verwässerungs- und Bedeutungsminimierungs-Tendenzen soliden Wissens durch Scharlatane gesehen werden. Andererseits als Stärkung ihrer Eliteposition als Wahrer wahren Wissens. Auch als legitime und nachvollziehbare Tendenz der Maximierung ihres gesellschaftlichen Einflusses. Meint der Philosoph. Den offensichtlich vorhandenen Drang zur Usurpation von Privilegien durch professionelle Eliten (inklusive die höchsten Hochschullehrerebenen und das Parlament), gesellschaftlich „problematisch“, sei offen zu diskutieren.
A. Cornea vertieft und stellt den Zwiespalt zwischen „ehrlichen“ und „unehrlichen“ Mandatsträgern unter Fragezeichen: wer gibt oder nimmt der Gesellschaft mehr (sollte folglich besser/ schlechter bezahlt werden…): der Müllmann oder der Akademiker? Vor allem, wenn sie in ihrem Job nichts tun…?
Die Arbeit jeder Hausfrau fällt erst auf, wenn sie nicht gemacht wird…