Schüler des „Ioan Meșotă“-Gymnasiums rezensieren für deutschen Wettbewerb „Seitenweise“

Karina Cocias

Matei-George Pătrașcu-Răileanu 

Sonja, die Betreuerin

Vor etwas mehr als einem Jahr sollte ich mich entscheiden, ob ich die Stelle als Freiwillige in Fogarasch, Rumänien, annehmen möchte oder nicht. Damals wohnte ich noch in Karlsruhe, stand kurz vor dem Abitur und wollte unbedingt nach den großen Prüfungen ins Ausland gehen, um selbstständiger zu werden und eine neue Sprache und Kultur kennenlernen. Auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt so gut wie nichts über Rumänien wusste, hatte ich ein gutes Gefühl dabei, sehr spontan zuzusagen und anschließend an Vorbereitungsseminaren mit Gleichaltrigen teilzunehmen. 

Von der evangelischen Landeskirche Baden bin ich also letzten August nach Fogarasch in eine evangelische Kirchengemeinde entsandt worden – rückblickend die beste Entscheidung. Mit am Besten gefällt mir hier die Spontanität der Menschen und deren Offenheit. So viel Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft ist mir in Deutschland bisher selten begegnet. Spannend finde ich auch die verschiedenen Kulturen, die in Siebenbürgen aufeinandertreffen. Mein Arbeitsalltag gestaltet sich mindestens genauso abwechslungsreich wie meine Freizeit. Ich gebe Kindern Klavierunterricht, betreue sie bei Freizeiten und in einer Jugendgruppe, arbeite des Öfteren in einer Schreinerei, besuche einen älteren Herrn, mit dem ich mich auf Ungarisch unterhalte, bereite Feste vor und gebe Deutschunterricht am Ioan-Meșotă-Gymnasium in Kronstadt. Dort habe ich auch den deutschsprachigen Wettbewerb „Seitenweise“ angeleitet. Hierfür sollten die Schüler der 10. Klasse ein Lesetagebuch für das Buch „Dazwischen Wir“ von Julya Rabinowich gestalten. Ich habe die Jugendlichen begeistert erlebt und hatte viel Spaß dabei, mit ihnen Themen wie Rassismus, Sexismus oder Flüchtlingsbewegungen zu diskutieren. Diese und viele weitere aktuelle Gesellschaftsprobleme werden in der Lektüre angeschnitten und von Madina, der Hauptperson, hautnah an den Leser herangetragen. Zwei Buchrezensionen meiner Schüler können Sie in den weiteren Abschnitten lesen.

Wie es im August, nach meinem freiwilligen ökumenischen Friedensdienst weitergeht, wird sich bald zeigen. Es gibt viele Studiengänge, die mich ansprechen und wer weiß schon, ob ich im Sommer überhaupt in Deutschland zur Uni gehen werde. 

Sonja Nochta
Betreuerin und Deutschlehrerin, Freiwillige des ökumenischen Friedensdienstes in Fogarasch


Rezension von Karina

Das Buch „Dazwischen: Wir“ von Julya Rabinowich ist die Fortsetzung des Romanes „Dazwischen: Ich“, veröffentlicht in 2016. Es geht um die Geschichte  um Madina, ihre Familie, ihre Freunde und ihre neue Heimat. Seit Kurzem wohnt Madina mit ihrer Familie bei ihrer besten Freundin Laura und nicht mehr im Flüchtlingsheim. Jetzt trägt sie keine schlecht sitzenden Kleider mehr, hat eine vertraute Freundin und zwischen Markus, der Lauras älterer Bruder ist, und ihr knistert es. Doch nicht alles ist so friedlich und sicher, wie es auf den ersten Blick scheint. Dass sie anders ist, wurde Madina in der Vergagenheit deutlich klar gemacht. Plötzlich versammeln sich jeden Donnerstag rassistische Leute auf dem Hauptplatz und rufen Hassparolen und Drohungen aus. Ob Madina diese Probe bestehen wird, werden wir sehen. Eine bewegende Geschichte gegen Ausgrenzung und die Spaltung der Gesellschaft.

Ich persönlich finde den Roman ,,Dazwischen: Wir“ richtig spannend und interessant. Er ist einfach geschrieben, lustig, und was ich vermutlich am meisten mag ist, dass man die Gefühle von Madina gut nachvollziehen kann, da das Buch im Form eines Tagebuchs geschrieben wurde. Ich finde Madina eine sehr mutige und intelligente junge Frau, die ein Vorbild für die heutige Gesellschaft, oder zumindest für die Leute in ihrer Situation, darstellt.

Obwohl Madina der Hauptcharakter des Buches ist, gibt es viele Menschen, die eine wichtige Rolle in der Geschichte spielen, wie zum Beispiel Laura, Frau King oder Frau Wischmann. Andererseits finde ich, dass manche Erinnerungen an ihren Vater in die Länge gezogen und ein bisschen langweilig wurden.

Ich empfehle Jugendlichen, dieses Buch zu lesen, da man sich in einigen Situationen widerspiegeln kann. Es ist auf jeden Fall sehr lesenswert!

Karina Cocias


Rezension von Matei

Als ich das Buch zu lesen beginnen sollte, war ich gar nicht neugierig auf die Geschichte . Alles was ich sah, war ein Mädchentagebuch. Na ja, die sind spannend – aber nicht für Jungen. Wollte gar nicht über eine andere „endlich erkannte Liebe“ am Ende des Buches und darüber, wie sie realisiert, dass der andere Typ, in den sie erst verliebt war, ein totaler Dummkopf ist (obwohl das immer klar war), lesen. Doch nachdem ich das Buch gelesen habe, würde ich sagen, dass es mich mit ganz anderen Gedanken gelassen hat, als die, die ich erwartet hatte. 

Das Buch erzählt uns eine Geschichte über Selbstentwicklung, Mut und Freundschaft. In dem Buch sind aktuelle Probleme dargestellt, wie Rassismus und Homophobie.

Kritiken zu dieser Art von Themen haben sehr reale Stützpunkte: Zum Beispiel, im Falle des Rassismus gibt es den Kontrast zwischen „Durch das Willkommen der Emigranten gibt es die Gefahr, unsere eigene Kultur zu verlieren“ und „Die Emigranten sind Menschen wie alle anderen auf dieser Welt. Es ist nicht ihre Schuld und nicht ihre Wahl, dass sie das Heimatland verlasssen mussten“.

Etwas, das mir aber gar nicht gefallen hat, war Madinas Beziehung zu  ihrem Vater. Dreimal habe ich das Buch gelesen. Beim ersten Durchlesen habe ich es sehr traurig gefunden, wie sie ihren Vater vermisst und wie sie sich wünscht, dass er zurückkommen wird. Irgendwie habe ich es geschafft, einige Ereignisse, die Madina mitgeteilt hat, zu übersehen. Beim zweiten Durchlesen machte ich denselben Fehler nicht mehr. So ist mir aufgefallen, dass Madina mehrere Male wiederholt, wie schlecht ihr Leben gewesen wäre, wenn ihr Vater nicht weggegangen wäre. Sie hat auch erzählt, wie er in einigen Situationen sehr ungerecht zu ihr war. Zum Beispiel, als sie zu Lauras Geburtstag gegangen war. Er hätte ihr das nicht erlaubt, wenn sie nicht Rami, ihren kleinen Bruder, als männliche Begleitung mitgenommen hätte. Oder als er in ihre Schule kam und sie dort geschlagen und bestraft hat, obwohl sie gar nichts Schlechtes getan hat. 

Was mich also sehr verwirrt hat, war, wie sie immer wiederholt hat, dass sie ihn sehr vermisst und dass sie hofft, er wird zurückkommen. Also wünscht sie sich Frieden oder nicht? Sie hat seitenlang erzählt, wie er ihr Leben albtraumhaft gemacht hat, und wie er es weiter machen würde, wäre er noch da. Okay, ja, er ist ihr Vater und sie hat auch glückliche Erinnerungen an ihn, aber er ist zu streng. Er wollte ihr nicht erlauben, glücklich zu sein, ihr Leben richtig zu leben. Und sie wünscht sich von ganzem Herzen, dass er zurückkommen wird, nachdem sie ihn als diese böse Vaterfigur vorgestellt hat. Es hat mir leidgetan, das zu lesen. Ich konnte das gar nicht verstehen!

Das ist alles, was ich schlecht an dem Buch fand. Den Rest zu lesen, hat wirklich Spaß gemacht. Die Abenteuer, die Madina mit Laura erlebt und was die eine Freundin für die andere tut, ist einmalig. Die haben eine wahre Freundschaft. Ich empfehle das Buch allen Kindern ab 12 Jahren.

Matei-George Pătrașcu-Răileanu