Die Dörfer Charlottenburg, Altringen, Buchberg/Sintar und Lichtenwald/Comeat, die nach dem Auszug der Schwaben fast aufgegeben wurden, erwachen in den letzten Jahren zu neuem Leben. Städter ziehen aufs Land und arbeiten von zu Hause, andere kaufen sich ein Wochenendhaus und wiederum andere investieren in kleine oder größere Unternehmen, in Biolandwirtschaft oder Tourismus. Einige exklusive Pensionen mit Swimmingpool und dem Versprechen auf Ruhe und Natur pur sind längst kein Geheimtipp mehr. Erholungs- und Freizeiteinrichtungen und das diesen Sommer durch das Projekt „Color the Village“ frisch gestrichene Altringen als Augenweide kommen hinzu. Die neuste Attraktion im Runddorf Charlottenburg, das in seiner Gesamtheit seit 2016 unter Denkmalschutz steht, ist ein ethnografisches Museum, das den Schwaben gewidmet ist, die das Dorf 1771 gegründet haben.
Die Initiative ergriffen die gleichen Unternehmer, die das Dorf Murani in den letzten Jahren auf die touristische Landkarte gesetzt haben und mit dem Freizeitzentrum nicht nur einen Ort der Entspannung in freier Natur, des Spiels und der Bewegung für Kinder schufen, sondern auch einen attraktiven Standort unweit von Temeswar für größere und kleine Feste und Veranstaltungen.
Das SchwabenLand in Charlottenburg (knapp 45 Kilometer von Temeswar entfernt) wurde vom Unternehmer und Professor an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften an der Temeswarer West-Universität, Sorin Prada, gegründet. SchwabenLand steht gleich für zweierlei: ein ethnografisches Museum, das bemüht ist, die Erinnerung an die Gründer des Dorfes und die einstigen Bewohner des Hauses zu wahren, und eine rustikale, attraktive Gastwirtschaft mit Terrasse, Grill im Hinterhof, einem Kinderspielplatz und demnächst sogar einem Camping-Platz.
Kaum zu übersehen ist das Logo an dem Zaun des Hauses Nr. 12 in Charlottenburg (der Ort hieß übrigens nur vorübergehend auf Rumänisch Șarlota). Durch das breit geöffnete Hoftor gelangt man in den Biergarten des Etablissements. Zwei Türen, die in die einstige Scheune führen, tragen als Überschrift „Bar“ und „Restaurant“, münden jedoch in den gleichen großen Raum, der mit verschiedensten alten Holz- und Werkbänken rustikal und geschmackvoll möbliert ist. Von der Decke hängen Backtröge als Lampen, die warmes Licht in den fensterlosen Schuppen werfen. Über dem Tresen sind es geflochtene Korblampenschirme. Die Speisekarte in weißer Kreide auf schwarzer Tafel zeugt von rumänischer Küche, teils Fast Food und hier und da auch das eine oder andere Gericht, das bei den Banater Schwaben aufgetischt wurde.
Die eigentliche Attraktion und das eigentliche Schwabenland ist jedoch gleich neben der Tür zur Bar zu betreten, durch ein kleines Holztor auf dem rot „Intrare muzeu“ steht. Und tatsächlich befindet sich dahinter durch einen Zaun abgetrennt ein Drittel des Bauernhofes voller Gerätschaften, die im Garten und auf dem Feld vor einem halben oder auch einem ganzen Jahrhundert zum Einsatz kamen. Man erkennt Geräte aus der Kindheit wieder, die es entweder zu Hause oder bei den Großeltern gab. Die Veranda ist – ungewöhnlich – mit einem Lattengitter bis zur Dachrinne versehen, das als Aufhängeplatz für Werkzeug aller Art dient.
„Von der Veranda des Hauses gelangt man ins Esszimmer, das Äquivalent zur heutigen Küche. Von hier aus geht es zur Straße hin in die gute Stube und zum Schlafzimmer. Aber für unsere Vorfahren war es eher ein Gästezimmer“, erklärt Katharina Kilzer, die zusammen mit Sorin Prada, dessen Mutter, Schwiegermutter und einer weiteren Co-Kuratorin die Einrichtung ausgestattet hat. Die Küche, wo früher die meiste Zeit verbracht wurde, ist sehr authentisch mit Kredenz, Ofen und Schubladenschränken. In der guten Stube fallen schnell Wandteppiche und rumänische Trachten auf. Die Schubladen in den Kästen stehen offen, ebenso andere Schubladen im hellen Raum, voller Wäsche, Tücher und Laken, die fast wie zur Mitgift ausgestellt sind. Pfeile am Boden weisen den Weg zum Rundgang; die einzigen Schilder drängen dazu, nichts anzufassen, was besonders jüngeren Besuchern recht schwerfällt.
Das große Bauernhaus hat doch noch viel mehr zu bieten. Über die Veranda gelangt man in einen Raum, der unter das Motto „Frauenhandwerk“ gestellt wurde und der von Nähmaschine und Spinnrad bis hin zu Geschirr und Utensilien zur Aufbewahrung von Milch, Herstellung von Käse und Butter sowie dem großen Webstuhl alles umfasst. Durch eine kleine Tür gelangt man in den Bereich der Brotbacköfen und dahinter in einen als Werkstatt eingerichteten Raum, der auf die Berufe und Beschäftigungen der Männer schließen lässt. Auf einer Werkbank liegen Bohrer, Feilen, Hämmer, Scheren zum Schneiden von Schafwolle, Kornquetschen, Hobel, Meißel, Zangen und vieles mehr. „Wir haben hier auch zwei Lagerräume, einen für das Brot und die Bäckerei und den anderen, in dem das Schweinefleisch zubereitet wurde, sowie die Speisekammer“, fährt Sorin Prada fort.
Der Rundgang geht im Keller weiter. Er sei der Lieblingsort der Kinder, zum einen, weil er so niedrig ist und wie ein Versteck wirkt, zum anderen durch die Möglichkeit, auf einer Treppe hinunter und auf der anderen hinaufzusteigen. Gelagert werden hier Weinfässer, eingeflochtene Weinballons, Vogelkäfige, ein kleiner Ofen, Kohleeimer, Blasebälge, Schubkarren und nicht zuletzt gibt es eine Ecke „Wenn wir in die Armee gehen“, mit Ranzen, Helm, Körperpanzer und Gewehr. Die eine oder andere Beschriftung, ein Faltblatt, womöglich mehrsprachig oder eine fachkundige Führung wären nötig, das alles ist noch in Arbeit. Die Schwalben, die im Sommer ein und ausflogen, dürfen sich noch auf manche Änderungen und Ausbauarbeiten, besonders in den einstigen Kuhställen, gefasst machen, wenn sie im Frühling wieder kommen.
Der einzige Banater Schwabe, der vor und nach 1990 nicht ausgewandert ist, ist Peter Trimper. Er hat sich bewusst dazu entschieden, das Kulturerbe seiner Ahnen zu bewahren, indem er sich um die Kirche, den Friedhof und die Geschichte des Ortes kümmert. Er weigerte sich, das Dorf zu verlassen und wollte bei seinen Eltern bleiben. Sein Vater ist 2001 in Charlottenburg gestorben. Von seinen sieben Geschwistern ist er der einzige, der nicht nach Deutschland gegangen ist. Er erinnert sich noch an die Zeit, in der im Dorf kein Rumänisch gesprochen wurde. Lange davor wurde die Kirche in der Mitte des 200 Meter breiten Kreises gebaut (1876), der erste Brunnen hier gegraben und später wurde auch die Schule in die Mitte gebaut. Heute wird das Gotteshaus hauptsächlich für rumänisch-orthodoxe Liturgien genutzt, doch seitdem Pfarrer Ioan Cădărean aus Neudorf auch hier zuständig ist, lebt auch die katholische Gemeinde etwas auf . Am 20. Oktober wird erneut Kirchweih gefeiert, der Empfang findet nach der Festmesse im SchwabenLand statt.
„SchwabenLand – war, ist nicht mehr! Es ist eine Erinnerung. Ich bin froh, dass die Rumänen etwas tun, um die Geschichte zu bewahren. Ein guter Freund hat hier gewohnt, wir sind zusammen in Lippa/Lipova zur Schule gegangen. Ich kenne dieses Haus gut. Ich war schon oft hier. Die großen Häuser wurden in den 1800er Jahren gebaut. Sie wurden von deutschen Maurern aus Guttenbrunn/Zăbrani errichtet“, sagt Peter Trimper und erinnert sich an das Haus seines Freundes im Dorf und die Einrichtung, die zum Eintrittspreis von 10 Lei pro Kind über zwei Jahren und 20 Lei je Erwachsenem zu besichtigen sind.