Den Slang der Jugendlichen kann nicht jeder deuten. Oder nicht auf Anhieb. Selbst Lehrer tun sich manchmal schwer, alles zu verstehen, was die Generation Alpha mitzuteilen hat. Doch einige Lehrer wollen den Code knacken. Und was tun sie dann? Sie lassen die junge Generation zu Wort kommen, deuten den Wortschatz im Rahmen des Unterrichts.
Lehrer wollen mehr wissen – nicht aus bloßer Neugier, sondern weil Sprache der Schlüssel zum Verstehen ist. Wer die Ausdrucksweise seiner Schüler versteht, erkennt auch, wie sie denken, was sie bewegt und wie sie ihre Welt sehen. Für Lehrer ist das essenziell, um Nähe herzustellen, pädagogisch wirksam zu sein und eine Sprachebene zu finden, die wirklich ankommt. Es geht nicht darum, cool zu wirken – sondern darum, echte Kommunikation zu ermöglichen und Bildung auf Augenhöhe zu gestalten. Die Grundschullehrerin an der Temeswarer Nikolaus-Lenau-Schule, Astrid Gavriliu, hat im Oktober letzten Jahres mit ihrer damals dritten Klasse den Slang unter die Lupe genommen. Und dabei viel Neues erfahren.
„Ballerina Cappuccina“? Das klingt wie eine italienische Kaffeespezialität mit eingebautem Pirouettenfilter, ist aber laut den Experten für Street-Philosophie (a.k.a. Schülerinnen und Schüler ab der 3.-4. Klasse) eine Art charmantes Synonym für jemanden, der dramatisch, stylish und ein bisschen neben der Spur unterwegs ist. Jemand, der ins Klassenzimmer kommt wie Beyoncé auf Welt-Tournée – aber am Ende nur sein Matheheft vergessen hat.
„Tralalero Tralalala“ hingegen? Ein lautmalerischer Seufzer des modernen Jugendlichen. Ausdruck der Sinnlosigkeit des Lebens oder einfach der Soundtrack eines Mathe-Tests, auf den niemand vorbereitet ist. Oder wie es Bastian, 11, formuliert: „Das sagt man halt, wenn man nicht weiß, was man machen soll. Oder wenn man einen Hai in Nike-Schuhen sieht.“ Keine weiteren Kommentare.
Sprachenmix, bevor es cool war
Rumänisch zu sprechen und dabei Wörter aus dem Deutschen und Englischen zu verwenden, oder auch anders herum: Deutsch reden, mit rumänischen und englischen Wörtern zwischendurch. Das können Schüler der deutschen Nikolaus-Lenau-Schule in Temeswar/Timișoara ausgezeichnet, und das schon seit Jahrzehnten. Diese besondere Sprache heißt „Lenau-Deutsch“ und ist Schülern wie Lehrern gängig. Womöglich ist auch an anderen deutschen Schulen in Rumänien der Sprachenmix Realität. Viele von uns sprachen „Lenau-Deutsch“ „before it was cool“.
Doch die neuen Wörter, die mit den Gadgets zusammenhängen und Einzug in die Jugendsprache gehalten haben, bringen auch das Lenau-Deutsch auf ein völlig anderes Level. Und trotzdem: Die Jugend verwendet die neue Sprache momentan nur untereinander. Nur so lässt sich erklären, dass Lehrer am Gymnasium und Lyzeum nicht viel von diesem Jugend-Slang mitbekommen. Noch nicht.
Lebendiger Jugend-Slang
Linguisten sind sich einig: Der Jugendjargon des Jahres 2025 ist ein wilder, aber faszinierender Mix – ein Sprachcocktail aus Deutsch, Englisch, Internet-Memes und spontaner Kreativität. Wörter wie „sus“, „slay“, „cringe“ oder auch „tralalero“ sind längst keine bedeutungslosen Lautfolgen mehr. Sie funktionieren wie emotionale Schnellübersetzungen – pointiert, vielschichtig und manchmal recht tiefgründig. Und das Beste daran: Diese Sprache folgt durchaus eigenen Regeln. Nur kennt sie keiner so genau. Denn wer das falsche „Bro“ im falschen Moment droppt, ist schneller aus dem Vibe gekickt, als er merkt, dass es „cringe“ war.
Generation Z – geboren zwischen etwa 1997 und 2012 – ist mit Smartphones, Social Media und Memes groß geworden. Ihre Sprache ist schnell, kreativ und voller Insider-Codes. Der GenZ-Slang ist nicht einfach nur Jugendsprache, sondern ein Spiegel ihrer digitalen Lebenswelt. Hier verschmelzen TikTok-Trends, virale Sounds, Emojis und popkulturelle Referenzen zu einem eigenen sprachlichen Ökosystem. Begriffe verändern sich in rasantem Tempo, Bedeutungen entstehen oft über Nacht – und wer nicht mithält, steht schnell sprachlich im Abseits. Der Slang wird zum Ausdruck von Zugehörigkeit: Wer ihn versteht, gehört dazu. Wer ihn falsch verwendet, fällt sofort auf. Für die Gen Z ist Sprache nicht nur Mittel zur Kommunikation, sondern auch zur Selbstverortung, zur Abgrenzung – und manchmal sogar zum Widerstand gegen traditionelle Normen. In ihren Worten steckt mehr als Coolness: Es ist ein digitales Lebensgefühl in Reinform.
Begriffe wie „sus“ (verdächtig), „cringe“ (fremdschämig), „slay“ (über-cool) oder „NPC“ (jemand wirkt leblos oder langweilig wie eine Spielfigur) sind Alltag. Redewendungen wie „Er ist einfach lost“ oder „Bro, das ist full toxic“ transportieren ganze Geschichten in einem Satz. Typisch Gen Z: Slang wird gemixt – aus Deutsch, Englisch, Gaming, Popkultur und TikTok – mit einer ordentlichen Prise Ironie. Oft geht es nicht nur darum, was gesagt wird, sondern wie – mit Gestik, Emojis, GIFs oder gleich einem TikTok-Tanz. Sprache ist für die GenZ mehr als Kommunikation: Sie ist Stil, Haltung und Selbstinszenierung. Wer mitreden will, braucht nicht nur ein Wörterbuch – sondern Mut zum Meme.
Eins ist sicher: Jugendsprache funktioniert wie ein Filter über der Realität – aber eben nicht in Grau, sondern mit Glitzer, GIFs und einer Prise „LOL“. Sie verwandelt Alltägliches in etwas Erzählerisches, Emotionales, manchmal auch Ironisches.
Während frühere Generationen noch mit Begriffen wie „geil“, „krass“ oder „cool“ ihre Emotionen sortierten, wirbelt die Gen Z heute mit Ausdrücken wie „Er ist so NPC“ (Non-Playable Character – übersetzt: jemand, der völlig langweilig und vorhersehbar wirkt) oder „Sie hat ihn einfach geghostet, Bro, full toxic vibes“ durch ihre Erzählwelten. Übersetzt heißt das in etwa: „Es ist kompliziert. Und irgendwie vorbei.“ Aber es klingt dramatischer, pointierter – und genau das ist Teil des Charmes. Die Sprache wird dabei zum Storytelling-Tool, mit dem man Gefühle, Erlebnisse und Konflikte blitzschnell in Szenen verpackt. Wer nicht nur hört, sondern zwischen den Zeilen versteht, entdeckt eine überraschend komplexe Wirklichkeit hinter dem bunten Slang.
Zukunftsausblick: Was passiert mit Tralalero Tralala?
Niemand weiß das so genau, aber es ist schon gut vorstellbar, dass einige Ausdrücke die Sprache endgültig erobern werden. In 10 bis 15 Jahren sitzen vielleicht TV-Moderatoren da und sagen: „Die Verhandlungen in Brüssel waren heute voll sus, aber Kanzler XY hat die Lage mit einem Tralalero Tralala gerettet.“ Warum nicht? Immerhin wächst auch die Gen Z und nimmt dabei auch die eigenen Ausdrücke mit in die Zukunft.
Die Generation Alpha – geboren ab etwa 2013 – ist praktisch die erste Generation, die vollständig im digitalen Zeitalter aufwächst. Tablets statt Bilderbücher, Sprachassistenten statt Fernbedienungen: Für diese Jugendlichen ist Technik etwas Selbstverständliches. Sie lernen schon früh, zu tippen und zu streamen. Ein Leben ohne Gadgets? Gibt´s nicht!
Noch hat diese Generation keinen klar definierten Slang wie die Gen Z, aber eines ist sicher: Ihre Sprache wird noch stärker von Technologie, Emojis, Kurzvideos und künstlicher Intelligenz geprägt sein. Sie kommunizieren multimedial – mit Sprache, Bild, Ton und Augmented Reality. Oder anders gesagt: Die Generation Alpha spricht vielleicht bald nicht nur mit Worten – sondern auch mit Code, Emojis und Avataren.
Wer verstehen will, wie Jugendliche ticken, muss nicht Goethe lesen – sondern sich einfach mal trauen, mitten in ein Gespräch voller Ballerinas und Tralaleros hineinzulauschen. Oder wie es ein heranwachsender Teenie sagen würde: „Sprache ist wie ein mood – entweder du fühlst’s oder du bist halt lost.“
Na dann: Tralalero Tralalala!