Abschließend zum Kronstädter Kirchentag der dem 500. Jahrestag der Reformation gewidmet war, wurde am Sonntag, dem 1. Oktober l. J. in der Kirche von Bartholomä der Partnerschaftsvertrag zwischen der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburgschlesische Oberlausitz von Bischof Reinhart Guib und Direktor Roland Herpich unterschrieben. Die Stadt Görlitz, die zu dieser Kirchengemeinschaft gehört und auch Sitz eines Regionalbischofs ist, war mir als Bleibende Erinnerung ins Bewusstsein eingegangen. Die Stadt ist auch Sitz des katholischen Bistums. Die Reformation fasste da 1521 Fuß und 1525 wurde in Görlitz der erste evangelische Abendmahlsgottesdienst gefeiert.
Neiße als Grenzfluss
Die Stadt die an der Lausitzer Neiße liegt, die seit 1945 die Grenze zu Polen bildet, zählt heute rund 56.000 Einwohner. Geht man über eine der Brücken, gelangt man in den ehemaligen östlichen Teil der Stadt, der durch die Grenzziehung abgetrennt wurde und seither die polnische Stadt Zgorzelec bildet. Gemeinsam bilden sie heute eine europäische Stadt. Von den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges verschont geblieben, sind im Stadtbild zahlreiche Spätgotik-, Renaissance- und Barockbürgerhäuser zu bewundern. Diese führten dazu, dass Görlitz zu einem begehrten Filmdrehstandort wurde und sich den Spitznamen „Görliwood“ zugezogen hat. Von der Hauptstadt des Bundeslandes Sachsen, Dresden, 90 Kilometer entfernt und von Bautzen, einer weiteren historischen Stadt, die wir auch besuchten, 50 Kilometer weit weg, wurde Görlitz gemeinsam mit weiteren zehn ostdeutschen Städten zwischen 1990 und 1994 zur Modellstadt der Stadtsanierung erklärt.
Jahrahrhunderte alte Geschichte
Die Besiedlung des Gebietes konnte aus der späten Jungstein zeit nachgewiesen werden, Funde über Brandbestattungen aus der Zeit der Lausitzer Kultur wurden anlässlich von Grabungen entdeckt. Auch Kupfer- und Bronzemünzen aus der Zeit des Römischen Kaiserreiches wurden gefunden. Eine aus dem Jahr 1200 bestehende planmäßige Stadtanlage konnte nachgewiesen werden. Das gesamte Gebiet blickt auf eine alte Geschichte zurück, in der es sogar einen Bierkrieg gab. Dieser fand 1491 zwischen Görlitz und Zittau statt. Entstanden ist dieser, nachdem die Zittauer Bier zollfrei nach Görlitz einführen wollten. Doch dieses verweigerte Görlitz sowohl was die Einfuhr als auch den Verkauf des Fremdbieres betraf. Auf das hin hat Zittau mit Übergriffen auf Ortschaften aus dem Görlitzer Umfeld reagiert.
Noch einige stichhaltigen Angaben zu der Geschichte: Im April 1636 gelangte Görlitz gemeinsam mit der Oberlausitz an das Kurfürstentum Sachsen. Das Gebiet musste wieder einem Sturm standhalten als Napoleon von seinem Russlandfeldzug zurückkehrte und viel Schaden anrichtete. Am letzten Tag des Zweiten Weltkrieges, dem 7. Mai 1945, haben die sich zurückziehenden Wehrmachtstruppen die sieben Brücken über die Neiße gesprengt. Ein besonderes Verdienst wird der Görlitzer Feuerwehr zugesprochen, die in der Pogromnacht 1938 vereitelte, dass die Synagoge von Görlitz in Brand gesetzt wurde.
Die Oder-Neiße-Grenze wurde als Staatsgrenze zwischen der ehemaligen DDR und der Volksrepublik Polen am 6. Juli 1950 von beiden Staaten anerkannt. Zu einer ersten großen Kundgebung gegen die neuen Machthaber der DDR und den sowjetischen Besatzungstruppen, an der sich 30.000 Personen beteiligten, kam es am 17. Juni 1953. 1990 wurde die Grenze durch den Deutsch-Polnischen-Grenzvertrag zur Zeit von Bundeskanzler Helmut Kohl anerkannt.
Denkmalschutz an erster Stelle
Mit der politischen Wende und dem Fall des Eisernen Vorhangs kamen auch auf Görlitz viele Veränderungen zu. Vor allem ging es um die wirtschaftlichen Neugestaltungen, wobei einige Betriebe von gleichartigen Unternehmen aus Westdeutschland übernommen wurden, die Produktion dementsprechend neu und kompetenzfähig gestaltet wurde. Andere wurden geschlossen, das Kohlekraftwerk eingestellt. Seit 1991 ist Görlitz Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Historische Städte. Die Stadt besitzt eine der am besten erhaltenen Altstädte Mitteleuropas. Zu den Sehenswürdigkeiten gehören die Stadthalle, die schon genannte Synagoge sowie die Hochschule. Zahlreiche profane und sakrale Bauten, die den verschiedenen Stiletappen angehören, prägen das Stadtbild. Besucht werden sollten das Scharfrichterhaus mit dem Finstertor, das einzig vollständig erhaltene Fachwerkhaus aus dem Jahr 1666. Zu dem Waidhaus wurde der Grundstein 1131 gelegt und in kommenden Jahrhunderten aufgebaut. Dieses diente als Aufbewahrungsort für die Tuchfärberpflanze Waid. Natürlich soll das Rathaus, dessen urkundliche Erwähnung auf das Jahr 1369 zurückgeht, nicht aus der Besuchs-trasse ausgelassen werden. Geprägt ist die Stadt durch einige besonders architektonisch bezeichnende Sakralbauten, die besucht werden sollten. Die Grundmauern zur Nikolaikirche gehen auf das Jahr 1100 zurück. Geweiht wurde diese 1520. Die Pfarrkirche Peter und Paul ist die größte spätgotische Hallenkirche Sachsens. Als Besuchsziel sollte man nicht die Dreifaltigkeitskirche aus den Augen lassen. Mit dem zum Großteil restaurierten Kultur- und Baudenkmälern wird Görlitz als das flächengrößte zusammenhängende Denkmalgebiet Deutschlands bezeichnet. Und trotzdem wurden die Anträge der Stadt, als UNESCO-Kulturerbe aufgenommen und als Europäische Kulturhauptstadt ernannt zu werden, bisher nicht angenommen.
Auch das Theater von Görlitz baut auf Geschichte. Erbaut 1851 am Demianiplatz hatte dieses wie auch die Stadt zum häufigen Gast Gerhart Hauptmann (1862–1946). Das hiesige Theater fusionierte 2011 mit dem aus Zittau und bietet seither ein Dreispartenprogramm mit Musiktheater, Tanz und Schauspiel. Das Senkenberg-Museum für Naturkunde ist aus der Ornithologischen Gesellschaft, die 1811 gegründet worden ist, hervorgegangen. Übrigens gibt es im Umfeld von Görlitz 27 Naturdenkmale darunter ein Vogelschutzgebiet mit 26 geschützten Vogelarten laut der Roten Liste Sachsens. Darunter den Eisvogel, den Flussläufer, den Mittelspecht, den Ortolan u. a. Übrigens ist das Umfeld von Görlitz ländlich geprägt. Das Stadtgebiet besteht zu 60 Prozent aus Grünflächen.
Die Geschichte des Braunkohlen-Abbaues kann im Tagebau Berzdorf anhand einer Ausstellung zu der Geschichte dieses Bereichs und dem da zur Schau gestellten Tagebauschaufelradbagger Nr. 1452 nachvollzogen werden. Die Geschichte Schlesiens ist im Schlesischen Museum dargestellt. Auch ein Denkmal des ersten Raumfahrtpioniers Juri Gagarin, das an der Straßenbrücke zu Polen 1961 errichtet worden ist, gehört zum Stadtbild.
Das im Osten Deutschlands ausgebaute Autobahn- und Eisenbahnnetz ermöglichen einem in dieses Gebiet zu reisen, das einem viel Sehenswertes zu bieten hat.