Letzte Woche wurde am orthodoxen Gründonnerstag die Skulptur- und Gemäldeausstellung „Die Passion des Herrn“ von Doru Drăgușin im Kulturhaus „Friedrich Schiller“ in Bukarest eröffnet. Das Ereignis ist Teil der Veranstaltungsreihe des Schillerhauses zur Förderung zeitgenössischer bildender Künstlerinnen und Künstler.
Der etablierte Bildhauer Doru Dr²gu{in wurde im Dorf Nicolae Titulescu, Kreis Alt/Olt geboren und ist Absolvent der Abteilung für Bildhauerei am ehemaligen Institut für Bildende Kunst „Nicolae Grigorescu“ in Bukarest. Seine weitere Ausbildung hat er mittels Stipendien in Tschechien, Deutschland, Italien, Belgien und den USA absolviert.
Der mehrfach ausgezeichnete Bildhauer war und ist auch heute noch an zahlreichen Gruppenausstellungen im In- und Ausland beteiligt und veranstaltet daneben regelmäßig Einzelausstellungen im Schillerhaus und anderen Ausstellungsräumen.
Weltliche Kunst im Werk Drăgușins
Seine bekanntesten Werke weltlicher Kunst sind die Büsten der rumänischen Politiker Nicolae Titulescu (im gleichnamigen Dorf, Kronstadt/Brașov) und Mihail Kogălniceanu, des Bildhauers Constantin Brâncuși, des Dichters Mihai Eminescu, der Schriftsteller Marin Preda und Gala Galaction.
Die Kunstkritikerin Elena Mihuț befasst sich mit dem Schaffen des Bildhauers im Wörterbuch „Ein Jahrhundert rumänischer Bildhauerei“, das 2001 beim Verlag META erschienen ist: „Der Bildhauer arbeitet mit Holz, Marmor oder Bronze in räumlichen Entwicklungen oder tektonischen Volumen geringer Größe und spekuliert manchmal auf die Wechselwirkung zwischen voll und leer. An den geometrischen Flächen seiner Werke lassen sich mehrere Fertigungsarten unterscheiden. Seine Skulpturen spielen anhand metaphorischer Titel auf Phänomene und verschiedene Reiche aus dem Register des Bestehenden an“, beschreibt Elena Mihuț das Werk von Doru Drăgușin.
Engelsleitern zwischen Himmel und Erde
Die Schriftstellerin Ana Calina Garaș hat die Symbolik von Doru Drăgușins Werken für die anwesenden Beobachter bei der Ausstellungseröffnung im Schillerhaus gedeutet: Engel im Allgemeinen empfindet sie als Vorbilder der Menschen zur geistlichen Entwicklung und Vervollkommnung und als „das Trachten Gottes nach dem Menschen und jenes des Menschen nach Gott“.
Daher interpretiert sie Drșgușins Engelssäulen aus weißem Marmor beziehungsweise aus Holz als Engelsleitern, die zwischen Himmel und Erde vermitteln.
Die Schriftstellerin fuhr fort mit einem Vergleich zwischen Doru Drăgușin und dem berühmten rumänischen Bildhauer Constantin Brâncuși, dessen Büste er vor einigen Jahren schuf. Ana Calina Garaș hält Drăgușin für einen künstlerischen Nachfolger von Brâncu{i dadurch, dass beide stark abstrahierte Vögel darstellen – dabei gibt Brâncu{i die Idee des Fluges, Drăgușin dagegen die Idee der Besinnlichkeit wieder.
Die auf ihr Wesentliches reduzierten Vögel des ersteren sehnen sich nach der Höhe des Himmels, die ebenfalls stark stilisierten Vögel des zweiteren wenden sich dem Irdischen zu, wirken nachdenklich und demütig. „Sie symbolisieren die Seele, die sich auf das Treffen mit dem Schöpfer vorbereitet“, schlussfolgerte die Schriftstellerin.
Fokus auf geistliche Themen
Weil die Ausstellung der Passion Jesu gewidmet ist, bilden die geistlichen Skulpturen und Malereien des Künstlers die Mehrheit der Exponate. Den Augenblick, als Christus unter dem Gewicht des Kreuzes auf dem Weg nach Golgotha zusammenbricht, stellt der Bildhauer als ausdrucksstarke Marmorstatue und auch als Gemälde dar.
Neben Engeln und leidenden Christus-Darstellungen schafft Doru Drăgușin auch stilisierte Heiligenbilder byzantinischer Art der Jungfrau Maria mit dem Jesuskind im Flachrelief aus Holz, Bronze und Marmor. Diese strahlen eine gewisse Wärme auf die Beobachter aus und laden sie zur Kontemplation der Details und der Tiefe ihrer Symbolik. Die derzeit im Schillerhaus ausgestellten Werke offenbaren ihren Schöpfer als einen tiefgläubigen Menschen und tiefsinnigen Künstler, der Kunstliebhabern gehaltvolle Botschaften durch seine Werke mitteilt.
Die Ausstellung kann werktags von 10 bis 16 Uhr bis zum 30. April im Kulturhaus „Friedrich Schiller“ in Bukarest (Str. Batiștei Nr. 15) besucht werden. Der Eintritt ist frei.