Wälder schützen heißt Leben bewahren – Die Vision des „Yellowstones Europas“

Wie die Stiftung Conservation Carpathia Rumäniens letzte Wildnis bewahren und neue Zukunftsperspektiven schaffen will

Christoph und Barbara Promberger Foto: Vlad Dumitrescu

Zwei Luchse Foto: C&B Promberger

Biber Foto: Liviu Ungureanu

Fereastra Zmeilor Foto: Wild Carpathia

Ökotourismus Foto: Călin Șerban

Am 3. April präsentierten Barbara und Christoph Promberger in der Residenz des Deutschen Botschafters in Bukarest das Nationalparkprojekt in den Fogarascher Bergen. Ein großer Teil des Abends widmete sich der Förderung lokaler Lebensmittel aus der Region und der Sensibilisierung für die nachhaltigen Tourismusprogramme der Stiftung, wie Ökotourismus und Wildtierbeobachtung. Zudem wurden langfristige Unternehmenspartnerschaften gesucht, die bereit sind, nachhaltige Investitionen in das Projekt zu tätigen.


Rumäniens Wälder gehören zu den letzten großflächigen Wildnisgebieten Europas. In den Fogarasch-Bergen, lokalisiert innerhalb der Südkarpaten, kämpft das Ehepaar Barbara und Christoph Promberger und sein Team von der Stiftung Conservation Carpathia seit über 15 Jahren für ein ambitioniertes Ziel: die Schaffung des flächenmäßig größten Wald-Wildnis-Nationalparks Europas, einem „europäischen Yellowstone“, in dem sich Natur und Menschen gleichermaßen entfalten können.

Vom Wolf zum Wald

Die Geschichte beginnt in den 1990er Jahren. Barbara Promberger und ihr Mann Christoph, beide Biologen, kamen ursprünglich für ein Wolfsforschungsprojekt nach Rumänien. Was als temporärer Aufenthalt begann, wurde zum Lebensprojekt. „Wir haben uns in dieses Land verliebt“, sagt Promberger rückblickend. Doch mit der Rückgabe ehemaliger Staatswälder an Privatpersonen setzte eine Phase der massiven Abholzung ein – teils legal, oft illegal, selbst in bestehenden Schutzgebieten. „Wir sahen, wie ein Nationalpark langsam vor unseren Augen zerstört wurde.“

Als ein Nationalparkdirektor im Gespräch resigniert meinte, helfen könne nur jemand, der das Land kaufe und selbst schütze, nahm das Vorhaben konkrete Züge an. Mit Hilfe eines amerikanischen Philanthropen, der sein Vermögen in Umwelt- und Gesundheitsprojekte investierte, begannen Promberger und ihr Team, Grundstücke zu kaufen, zunächst in kleinem Maßstab. 2009 wurde schließlich die Stiftung Conservation Carpathia gegründet.

Waldkauf als Widerstand

Heute besitzt die Stiftung über 26.000 Hektar Wald und Almwiesen: teils vollkommen unberührte Urwälder, teils zerstörte Flächen, die mühsam wiederaufgeforstet werden. Über 4 Millionen junge Bäume wurden bislang gepflanzt, 30 Kilometer Erosionsschneisen stabilisiert, Jagdgebiete in Schutzareale umgewandelt. Es ist eine Erfolgsgeschichte des zivilgesellschaftlichen Engagements und zugleich ein Balanceakt in einem Land, dessen Bevölkerung und Politik lange mit top-down verordnetem Naturschutz schlechte Erfahrungen gemacht haben.

Misstrauen und Mitgestaltung

„Wir haben lange gedacht, unsere Arbeit wird automatisch positiv gesehen. Aber das war ein Fehler“, sagt Promberger offen. Lokale Gemeinden sahen in den ausländischen Naturschützer oft fremde Interessen. Der Begriff „Nationalpark“ war für viele negativ belegt, zu viele Projekte wurden früher am Reißbrett geplant, ohne Rücksicht auf lokale Bedürfnisse. Heute setzt Conservation Carpathia auf Transparenz und Kooperation. Bürgermeister, die sich früher abwendeten, kommen nun mit konkreten Ideen auf die Stiftung zu. Es geht darum, einen Nationalpark „von unten“ zu gestalten - mit den Gemeinden, nicht über sie hinweg.

Ökologie trifft Ökonomie

Was bringt ein geschützter Wald, wenn die lokale Bevölkerung keine Perspektive hat? Genau hier setzt die Arbeit der Stiftung an: Schulprojekte, Sozialinitiativen, Sportveranstaltungen und der gezielte Aufbau von nachhaltigem Tourismus sollen alternative Einkommen schaffen. Eine von Roland Berger durchgeführte Studie bestätigt: Ein gut geplanter Nationalpark mit entsprechender Infrastruktur bringt langfristig mehr sozioökonomischen Nutzen als kurzsichtige Holznutzung.

Widerstände bleiben

Trotz der Erfolge bleibt der Weg steinig. Der politische Rückenwind ist schwach, „grüne Themen“ geraten zunehmend in den Hintergrund. Auch legale Abholzungen, insbesondere alter Wälder mit hoher ökologischer Bedeutung, sind nach wie vor ein akutes Problem. Und die größte Herausforderung ist vielleicht eine kulturelle: „Viele Menschen denken in kurzfristigen Zyklen, ein Wald aber braucht Generationen“, so Barbara Promberger.

Eine Vision für morgen

In zehn Jahren, so hofft sie, soll der Nationalpark Realität sein, nicht als Fremdkörper, sondern als gemeinsames Projekt, getragen von den Menschen der Region. Gemeinden sollen die Grenzen des Parks mitbestimmen, seine Verwaltung mitgestalten und von seiner Existenz profitieren. „Wir wollen, dass die Menschen selbst sagen: Dieser Nationalpark ist gut für uns.“