Im Jahre 1798 segelte Napoleon mit einem französischen Heer nach Ägypten. In zwei blutigen Schlachten zu Füßen der Pyramiden blieb er der Sieger und brachte das Land in seine Gewalt. Doch das genügte ihm nicht. Er zog mit seinem Heer weiter nach Palästina, schlug die Türken am Fuße des Berges Tabor und bei Nazareth. Danach belagerte er die Festung Akkon an den Ufern des Mittelländischen Meeres. Doch hier griff sein sieggewohntes Heer ein Feind an, dem es nicht widerstehen konnte: Die Pest! Zu Hunderten, ja zu Tausenden wurden die Soldaten von diesem heimtückischen Feind niedergestreckt. Was tun? Ratlosigkeit breitete sich aus. Die Offiziere bestürmten Napoleon, er solle die Belagerung der Festung aufgeben und den Rückzug befehlen. Der von Siegen verwöhnte Heerführer wollte aber davon nichts wissen. Entschlossen trat er unter die Soldaten, sprach auch mit den Kranken und reichte ihnen sogar die Hand. Da erhob sich im Heer ein Sturm der Begeisterung und alle Soldaten riefen: „Es lebe unser Feldherr!“ Von dieser Stunde an war die Macht der Krankheit gebrochen. Das ist ein wunderbares Beispiel menschlicher geistiger Kraft. Durch unerschütterlichen Mut und völlige Furchtlosigkeit wurde hier ein Mann in den Stand gesetzt, solche Kräfte auszusenden, dass im Geiste von Tausenden Soldaten dieselben Kräfte sich regten und diese wieder die Körper so stärkten, dass Pest und Tod ihre Macht verloren.
Das Markusevangelium berichtet uns, dass Jesus die Hand der kranken Schwiegermutter des Apostels Petrus anfasste und dass das Fieber sogleich von ihr wich. Sie konnte alle Hausgäste eigenhändig bedienen. Als dies die Bewohner von Kafarnaum erfuhren, brachten sie alle Kranken der Stadt zu ihm. Im Evangelium heißt es weiter: „Und er heilte viele, die an allen möglichen Krankheiten litten“. Aus Christus ging eine heilende geistige Kraft aus, die wunderbare Heilungen bewirkte. Napoleon gelang es nur einmal durch die geistige Kraft seiner Persönlichkeit die geistigen Kräfte vieler seiner Soldaten so zu mobilisieren, dass sie die Pestkrankheit überwanden. Aber im Jahre 1812, als im Spätherbst sein Heer von Moskau aus den Rückzug antreten musste, da versagte seine Kraft total und Abertausende seiner Soldaten erlagen der Kälte, dem Hunger, den Entbehrungen und Angriffen des russischen Heeres. Napoleon war eben nur ein Mensch. Wie ganz anders ist es mit Christus! Nicht nur einmal, wie damals in Kafarnaum, und nicht nur in seiner irdischen Lebenszeit ging eine geistige Kraft von Ihm aus. Im Gegensatz zu Napoleon, strömt Christus durch alle Jahrhunderte eine geistige Kraft aus bis in unsere Zeit. Es ist eine ganz andere Kraft als die des korsischen Heerführers. Napoleons Soldaten, die von der Pest geheilt wurden, ergriffen wieder die Waffen, um das Blut anderer Menschen zu vergießen.
Die Kraft, die von Christus auch heute noch ausgeht, ist keine Wunden schlagende, Blut vergießende Kraft, sondern eine heilende, das Böse überwindende, die Menschen veredelnde Kraft. Und diese Wunder sind größer als die Krankenheilungen im Hause des Petrus zu Kafarnaum. Überall, wo Menschen den Egoismus überwinden, sich in den Dienst der Mitmenschen stellen, Liebe und Hilfsbereitschaft üben, ist es die Wirkung der Geisteskraft, die Christus ausströmt. Auf der französischen Insel Martinique in der Karibischen See hatte man ein Seuchenspital erbaut. Wegen des ungesunden tropischen Klimas war es meist voll besetzt. Katholische Ordensfrauen bedienten die Kranken. Eines Tages besuchte eine hochgestellte Persönlichkeit das Spital. Der verwöhnte Gast empfand die üble Ausdünstung der Seuchenkranken höchst unangenehm. Am Schluss der Visite fragte er die ihn begleitende Krankenschwester: „Sie leben Tag und Nacht in dieser pestilenzartigen Atmosphäre. Welche Mittel gebrauchen Sie, um diesen Gestank auszuhalten?“ Stumm zog die Schwester ihr Kreuz hervor und zeigte es ihm. Das war das Mittel, aus dem ihr die Kraft zuströmte. Nur Christus kann solche Kraft ausströmen. Wir alle haben diese heilende geistige Kraft notwendig. Sie strömt in uns ein, wenn wir die heilige Eucharistie empfangen.