Die Katastrophe, die Ex-Premier Marcel Ciolacu vor ein paar Tagen noch nicht wahrnehmen konnte, scheint nun da zu sein. In die Staatskasse muss Geld fließen. „Din p²mânt, din piatră seacă“ (Aus der Erde, aus trockenem Gestein) wie es in der Sprache des Landes heißt. Schritt für Schritt macht sich die Regierung an die angekündigten Kürzungen ran.
Eine erste Sparmaßnahme betrifft die Drosselung des Zuschusses für schwierige Arbeitsbedingungen von maximal 1500 Lei auf maximal 300 Lei. Die Ersten, die spontan im Protest die Arbeit bei der Ankündigung der Maßnahme niedergelegt haben, waren die Angestellten der rumänischen Finanzbehörde. Die gleiche Behörde, der es zu verdanken ist, dass wir eine Steuerhinterziehung im Bereich der Mehrwertsteuereintreibung von über 30 Prozent verbuchen. Der gleichen Behörde, die es zum Beispiel geschafft hat, von Dan Voiculescu seit 2014 von den circa 60 Millionen Euro, welche dieser dem rumänischen Staat laut Gerichtsurteil schuldet, etwas mehr als zehn Prozent einzutreiben. Weit entfernt der Gedanke, alle Angestellten der Behörde in den gleichen Topf zu schmeißen, doch ohne das Mitwirken des einen oder anderen wären derartige Zustände auch nicht eingetreten. Im Allgemeinen sind die als Wahlgeschenk in den letzten Jahren den Angestellten des Staatsapparats erteilten Zuschüsse in vielen Fällen mehr als problematisch. Wie eine von den Medien interviewte Angestellte der Finanzbehörde entrüstet erklärte: „Dadurch wurde unser Einkommen aufgebessert“. Natürlich will man die Zuschüsse als solche behalten und nicht als Teil des Festlohns erhalten, weil man dann dafür auch die entsprechenden Steuern entrichten müsste. Außerdem erklären lauthals die Gewerkschaftsleiter, dass es sich eigentlich gar nicht um Zuschüsse handeln würde, sondern um Rechte, die den entsprechenden Angestellten zustehen würden.
Die Gegner der Maßnahmen instrumentalisieren natürlich die Debatte. Spricht man vom Staatsapparat, argumentieren sie gleich mit dem Bildungs- und dem Gesundheitswesen, derer Angestellte auch Teil des besagten Apparates sind. Natürlich wünschen sie sich die gesellschaftliche Anerkennung, der sich Lehrer und Ärzte mehr oder weniger erfreuen, wenn es aber um konkrete Anliegen dieser Bereiche geht, drücken sie nicht nur beide Augen, sondern auch noch das Hühnerauge zu.
Einer der absurdesten Zuschüsse, in dessen Genuss sich viele Angestellte des Behördenapparats befinden, ist der betreffend die Arbeit am Computer. Wegen einer „Bestrahlung durch den Bildschirm“ Ausgesetztsein erhält man einen Zuschuss in Höhe von 15 Prozent des Bruttoeinkommens. Man stelle sich nun die Arbeit eines Beamten im 21. Jahrhundert ohne Computer vor. Dabei kann man gerne die Vorliebe des rumänischen Staates für Papiere ignorieren. Wenn man schon nicht mehr schön schick mit Gansfeder und Tintenfass arbeiten darf, wie es sich für einen Beamten gehört, und man unpersönlich vor einem Gerät mit Bildschirm sitzt, dann soll das bitte auch vergütet werden. Außerdem kann sich nicht jeder den Stress vorstellen, den ein schwer zu lösendes Solitaire-Deckblatt mit sich bringen kann. Im gleichen Sinne verdient der Busfahrer einen Zuschuss, weil er das Lenkrad benutzt, der Elektriker, weil er zum Schraubenzieher greifen muss und der Straßenkehrer, weil er die Hand an den Besen legen muss.
Natürlich braucht ein gut funktionierender Staat einen entsprechenden Behördenapparat. Selbstverständlich muss dieser mit fachkundigem Personal ausgestattet werden, welches auch entsprechend gut vergütet wird. Für besondere Leistungen sollte es auch ein entsprechendes Zuschusssystem geben. Doch solange diese Zuschüsse nicht anhand von Effizienzkriterien verteilt werden, sondern nach dem Gießkannenprinzip ausgeschüttet werden, bleiben sie ein Stein im Weg der Professionalisierung.