Es wird erzählt, dass während des Zweiten Weltkriegs trotz der horrenden Kriegskosten Winston Churchill auch einen Etat für Kultur im Jahreshaushalt vorgesehen hat. Als ihn der Verteidigungsminister ansprach, ob dieses Geld nicht besser der Kriegsförderung dienen würde, soll der britische Premier geantwortet haben, dass es eben die Kultur sei, für die man zu kämpfen habe, denn ohne deren Erhalt wäre der Kampf eigentlich sinnlos. Ob die Begebenheit sich auch wirklich so zugetragen hat oder nicht ist eigentlich unwichtig, aber die vermittelte Botschaft umso wichtiger.
In Krisensituationen ist die Kulturförderung, welche im Allgemeinen sowieso das Aschenputtel jedes Staatshaushalts ist, diejenige, die als erste Opfer von Kürzungen und Sparmaßnahmen wird. Nicht anders in Rumänien unter der Dan-Bolojan-Regierung. Wie ein vom Kürzungswahn befallener Berserker schlägt der Premier mit seiner Axt um sich herum. Dabei fallen ihm Programme und Einrichtungen zum Opfer, deren Betriebskosten, die dadurch eingespart werden sollen, viel weniger als den berühmten Tropfen auf den heißen Stein ausmachen. Es wird nur noch von Effizienz gesprochen. Es gibt im Bereich der Kulturförderung eine alte Debatte: Darf man Kulturprodukte und -einrichtungen nur anhand ihrer Wirtschaftlichkeit bewerten? Wenn in einer Dorfbibliothek nur ein Kind einmal pro Woche ein Buch ausborgt und dieses Kind am Ende dadurch die Kette der Armut durchbricht, hat diese ihren Zweck erfüllt – oder nicht? Sollte dieses Kind als Kriterium gelten oder die Gesamtanzahl der Dorfbewohner, die nie den Fuß in die besagte Einrichtung setzen?
Jeder Rumäne, der etwas von der Welt versteht, in der er lebt, hat inzwischen eingesehen, dass unser Land sparen muss, wenn es nicht in der Schlucht der Zahlungsunfähigkeit landen soll. Maßnahmen in diese Richtung sind notwendig und die Regierung Bolojan scheint auch den Mut zu haben, das Messer dort anzusetzen, wo es seit 35 Jahren hätte angesetzt werden müssen. Trotzdem bleibt das Gefühl, dass manche der Maßnahmen eher übers Knie gebrochen als gut überlegt sind.
Die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Bücher und Eintrittskarten bei Kulturveranstaltungen wird wahrscheinlich keine merkbaren Folgen mit sich bringen. Wenigstens, was die Einnahmen im Staatshaushalt betrifft. Auch wenn manche schreien, dass dadurch dem sowieso schwachen Buch- und Kulturkonsum der Gnadenstoß gegeben wurde, bin ich der Überzeugung, dass diejenigen, die bis jetzt Bücher gekauft haben oder in Konzerte oder zu Theaterstücken gegangen sind, es auch weiterhin tun und die Teuerung akzeptieren werden.
Dafür aber wird die Schließung vom Bibliotheken, die Kürzung von Kulturfördermitteln, sowie andere dergleichen Maßnahmen nie wieder rückgängig gemacht werden. Wir wissen aus der Geschichte, was einmal geschlossen wurde wird so gut wie nie wieder eröffnet.
Vielmehr würden mittel- und langfristige Konzepte dem Kulturbereich und den entsprechenden Dienstleistern zu einer stärkeren gesellschaftlichen Relevanz verhelfen. Wenn die besagte Dorfbibliothek etwas mehr tut, als nur Bücher ausleihen, und sie sich mittels unterschiedlicher Angebote zu einem Sozialisierungsraum für die Dorfbewohner entwickelt, wird mit Sicherheit über einen gewissen Zeitraum hinweg sich auch das Leseverhalten im Dorf ändern.
Dafür aber muss der Spar-Berserker vielleicht eine Auszeit nehmen und kurz verschnaufen, um das gesamte Schlachtfeld zu überblicken. Es ist natürlich leichter, alle und alles niederzumetzeln, wenn man nicht wirklich weiß, wie lange man es auf dem Schlachtfeld aushält. Doch sollte man als Regierungsvorsitzender nicht unbedingt der sein, welcher an der Spitze der Truppen den Ansturm mit seiner Blutwut anleitet, sondern eher der General, der den Sieg am Ende des Krieges vor Augen hat und nicht nur die bevorstehende Schlacht.