Die Apokalypse ist überstanden. Bis nächstes Jahr nehmen Sodom und Gomorrha eine Auszeit. Die Jugend kann vielleicht doch noch gerettet werden. „Beach, Please!“ ist zu Ende. Die Reaktionen auf das Festival brachten eine in gewissem Maße erleuchtende Erfahrung mit sich.
Das von dem als Selly bekannten Andrei [elaru seit 2022 organisierte Festival versammelte in diesem Jahr, laut Aussagen der Organisatoren, ungefähr 150.000 Teilnehmer in Costine{ti am Schwarzen Meer. Durch die Teilnehmerzahl gilt „Beach, Please!“ als das größte Musikfestival Rumäniens und eines der größten in Europa. Auf der Bühne: wichtige Namen der modernen internationalen und nationalen Musikszene. Meistens Vertreter des als Trap bekanntem Untergenre des Hip-Hops. Eine Musikrichtung, die der jungen Generation anscheinend aus der Seele spricht. Und hier beginnen anscheinend die Probleme…
Verfolgt man die Reaktionen auf das Festival in den klassischen und sozialen Medien, wird einem erst richtig bewusst, in welch gebildetem Land wir leben. Scheinbar hört man in der großen Masse der Kritiker, von denen keiner am Festival teilgenommen hat und von denen das Netz zum Bersten voll ist, nur klassische und qualitativ hochwertige Musik. Jeder und jede scheint Bach, Mozart, Chopin und den gesamten Parthenon der klassischen Komponisten in- und auswendig zu kennen. Wenn es um Unterhaltungsmusik geht, dann kann man mit dem Kompromiss eventuell so weit gehen, dass man zu Liszts „Ungarischen Tänzen“ leicht mit dem Bein wippt. Es wird so viel von Kultur und Bildung geschrieben, die anscheinend der am Festival teilnehmenden jungen Generation völlig fehlt, dass man sich der Erkenntnis nicht entziehen kann, dass an den rumänischen Biertischen nur über Kants kategorischem Imperativ gesprochen wird. Wie viel Anspruch an menschlicher Qualität, die der gleichen Jugend auch noch fehlt, einem am Bildschirm vorgetragen wird, kann man sich nur wundern, dass der Buch- und Kulturkonsum in Rumänien doch so niedrig ist. Das liegt aber wahrscheinlich auch daran, dass Bücher und Kultur auch nicht mehr das sind, was sie einmal waren.
Unter keinen Umständen handelt es sich bei den Kritikern um die gleichen Damen, die in ihrer Jugend bei Michael-Jackson-Konzerten in Ohnmacht fielen. Keiner der Herren hat in seiner Jugend auch nur ein Lied von B.U.G Mafia oder Parazi]ii gehört, geschweige denn die Texte samt Flüchen und frauenfeindlichen Aussagen mitgesungen. Keiner und keine unter ihnen tanzt bei einer Party spät in der Nacht auf Manele. Das sind immer die anderen. Die Ungebildeten, die ihren Kindern erlauben, am Satanswerk namens „Beach, Please!“ teilzunehmen. Die anderen, die in Rumänien immer an allem Schuld sind. Auch daran, dass die Zukunft sich so düster abbildet, was man ja ganz klar an der heutigen Jugend erkennen kann. Sind das die zukünftigen Universitätsprofessoren, Ärzte, Computerfachleute, Ingenieure, Politiker (?)...es ist klar, wir sind als Volk verloren und haben keine Zukunft mehr.
Was zählt es, dass der Veranstalter selber erst 24 Jahre alt ist und es geschafft hat, dieses Festival auf die Beine zu stellen. Es von der Sicherheit der Teilnehmer so gut im Griff hat, dass bei 150.000 Menschen es zu keinen wirklich erwähnenswerten negativen Ereignissen kam. Dass das Festival für riesige Einnahmen in der Region sorgt usw. Es ist alles für die Katz, denn es ist niveaulos. Niveaulos wie die Generation, die nicht nur an den fünf Festivaltagen diese Musik hört, sondern tagtäglich.
Sagt diese Musik etwas über diese Generation aus? Vielleicht. Sagt sie aber etwas über ihre Zukunft aus? Mit Sicherheit nicht. Das einzige, was sehr wahrscheinlich sein wird, ist, dass sie in einem gewissen Alter über die Musik ihrer Kinder und Enkel den Kopf schütteln und von Niveaulosigkeit sprechen wird.