Ahnenzeichen für die Zukunft

250-Jahr-Feier in Sackelhausen/ Obelisk für die Gründer

Die heimgekehrten Banater Schwaben zogen in Sackelhausener schwäbischer Volkstracht und zum Klang der Blasmusik durch die Gemeinde.

Beim Festgottesdienst in der römisch-katholischen Pfarrkirche in Sackelhausen

Zu Ehren der Gründer, aller ehemaligen deutschen Dorfbewohner, wurde ein Obelisk vor der Kirche eingeweiht.

Kirchweihstimmung bei der 250-Jahr-Feier in Sackelhausen
Fotos: Zoltán Pázmány

Wie stark das Gefühl der Heimat und der Zugehörigkeit sein kann, führte die Banater Gemeinde Sackelhausen/Sacalaz mit einem großangelegten Dorffest bzw. der 250-Jubiläumsfeier seit der Gründung der Gemeinde 1765 am letzten Wochenende in eindrucksvoller Weise vor. Eine derartige Feier hatte Sackelhausen lediglich 1965 mit dem 200. Jubiläum der deutschen Ansiedlung erlebt. Diesmal sollte es zugleich ein Fest der Freude und eines des Gedenkens sein. Für eine echte Kirchweihstimmung (Die Kerwei liegt den Banater Schwaben wie kein anderes Fest am Herzen), wie schon lange nicht mehr in der ehemaligen banatschwäbischen Gemeinde nahe Temeswar/Timisoara, sorgte man diesmal gemeinsam:  Die zahlreich heimgekehrten Banater Schwaben, die Alten noch hier geboren, die Jungen schon in der neuen Heimat, dem Raum Reutlingen/Metzingen, zogen in Sackelhausener schwäbischer Volkstracht und zum Klang der Blasmusik in einem beeindruckenden Trachtenzug mit den rumänischen Trachtenpaaren der derzeitigen Mehrheitsbevölkerung durch die Hauptstraße des Ortes. Und als Teilnehmer und Schaulustige des freudigen Festes hatten sich zu der Dorfbevölkerung zahlreiche Gäste und Ehrengäste aus dem Ausland (Deutschland, Serbien) und aus dem ganzen Banat eingefunden. Organisiert war die Feier von einer Initiativgruppe unter Leitung einer ehemaligen Sackelhausener, Christine Neu, Kreisverbandvorsitzende der Banater Schwaben Reutlingen, und der derzeitigen Gemeindeverwaltung unter Bürgermeister Ilie Toda{c². Zu den Ehrengästen zählten u.a. Rolf Maruhn, der deutsche Konsul in Temeswar, der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Gan], Peter Dietmar Leber, Bundesvorsitzender der Banater Schwaben Deutschland, Johann Fernbach, Vorsitzender des DFDB, Zoltan Marossy, Vizepräfekt des Kreises Temesch, Johann Dirschl, Generalvikar der Diözese Temeswar, Peter Krier, Ehrenvorsitzender des Hilfswerks der Banater Schwaben, Ignatz Bernhard Fischer, Vorsitzender des Vereins der ehemaligen Russlanddeportierten, zahlreiche HOG-Vertreter aus Deutschland und Leiter der Banater Lokalforen.

Zu den maßgeblichen Mitgestaltern dieses Festes gehörten die Original Donauschwäbische Blasmusik Reutlingen (Leiter Johann Frühwald), die Trachtengruppen Reutlingen und Singen (die Mitglieder mit Wurzeln in der Heimatgemeinde Sackelhausen), der Temeswarer Jugendtrachtenverein „Rosmarein“ (Leiterin Edith Singer), die schwäbische Kindertanzgruppe „Warjascher Spatzen“ (Leiter Hansi Müller) und als Kleinste im Bunde die „Lustigen Lenauschüler“ (Leiter Daniela Malanciuc und Hansi Müller). Auf den Umzug der etwa 100 Trachtenpaare erfolgte in der Dorfmitte vor dem Kulturheim,  gemäß des banatschwäbischen Kirchweihbrauches mittels Äpfeln mit Sträußchen, die traditionelle Einladung des Bürgermeisters, der Kommunalverwaltung, der gesamten Dorfbevölkerung und die Ehrentänze, angeführt vom Vortänzerpaar mit geschmücktem Kirchweihstrauß und Weinflasche. Den Festgottesdienst in der römisch-katholischen Pfarrkirche (Die 1772 erbaute Skt. Michaels- Pfarrkirche erlebte diesmal einen Zulauf von Gläubigen wie vor Jahrzehnten)  zelebrierte Generalvikar Johann Dirschl.

 

Zeichen eines zukünftigen Beisammenseins

Nach der Kranzniederlegung vor dem Heldendenkmal (Die eingemeißelten Namen der im Ersten Weltkrieg Gefallenen tragen die verbreiteten Namen der Gemeinschaft u.a. Bohn, Messmer, Ortinau, Lauer, Hufnagel) erfolgte ein besonderer feierlicher Augenblick: Zu Ehren der Gründer, aller ehemaligen deutschen Dorfbewohner wurde ein von der Gemeinde gestifteter Obelisk vor der Kirche eingeweiht. Das Denkmal (Bürgermeister Ilie Todasca und der gesamte Gemeinderat hatten einen wichtigen Beitrag zu dessen Verwirklichung) trägt als „Zeichen der Anerkennung“ (Bürgermeister Todasca) die zweisprachige Inschrift „1765-2015: Deutsche Siedler und ihre Nachkommen haben Sackelhausen aufgebaut und als Banater Schwaben Brauchtum, Tradition und ihre Muttersprache gepflegt und bewahrt“. „Ein Denkmal der Erinnerung“, unterstrich Hauptorganisatorin Christine Neu, „aber auch ein konkretes Zeichen eines zukünftigen, toleranten Beisammenseins im multikulturellen Raum Banat.“ Aus den Ansprachen, bestimmt auch eine kleine Geschichtsstunde für jüngere Generationen, erfuhr man Maßgebliches über die wechselvolle Geschichte der Gemeinde und ihrer Bewohner. Von der Herkunft der Gründer sprechen heute noch das schön im Schachbrettmuster angelegte Dorf, die alten Giebelhäuser, die Namen der Dorfstraßen (Mainzer, Schwarzwälder, Lothringer Gasse). Unter anderen erfuhr man  auch, dass die erste Generation der Ahnen aus Rheinland-Pfalz, Saarland, Hessen, Elsaß, Lothringen den Seuchen, der Dürre und dem jährlichen Hochwasser zum Opfer gefallen waren, dass Sackelhausen während seiner Geschichte fünf Staaten angehört hat, die kleine Gemeinschaft diesen Ort trotzdem zu einem der blühenden und wohlhabenden Gemeinden des Banats gemacht hat. Das heutige Sackelhausen (7000 Einwohner mit den eingemeindeten Groß- und Klein-Beregsau) nähert sich Jahr für Jahr mit dem Anbau von Villenviertel an Villenviertel unaufhaltsam dem Status eines baldigen Randviertels an die Metropole Temeswar.

Zum Klang der Blasmusik wurde anschließend den zahlreichen Schaulustigen das Schönste des banatschwäbischen Brauchtums und der Kirchweihtradition mit Beteiligung aller Trachten- und Tanzgruppen vorgeführt.

 

„Ich stamme aus meiner Kindheit...“

Gedacht wurde im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung auch der großen Söhne der Gemeinde. Am Kulturheim wurde je eine Gedenktafel für zwei bedeutende Vertreter der deutschen Gemeinschaft bzw. für den Kunstkritiker Ernst Kannengiesser und den Schriftsteller Egidius Haupt, Verfasser einer „Geschichte der Gemeinde Sackelhausen“ 1925 eingeweiht. Zum Auftakt der Veranstaltungen im Heimatort präsentierte schon Walter Wilhelm, ein ehemaliger Sohn der Gemeinde, in der Allgemeinschule seinen neuen Band „Erinnerungen aus der Kindheit“, ein Erinnerungsbuch über das Sackelhausen der 60ger und 70ger Jahre. Der Schriftsteller bezeichnete seine Geschichtensammlung selbst als „ein Zeitzeugnis einer schwäbischen Dorfgemeinschaft in einer schweren und tragischen Zeit der rumänischen Geschichte“.

Nicht zu vergessen: Die schwäbische Gemeinde Sackelhausen ist nicht nur für seine fleißigen Bauern als größter und am meisten geschätzten Milchlieferant für die Städter aus der Begastadt bekannt. Dieser Ort hat der Banater und rumäniendeutschen Kultur etliche herausragende Persönlichkeiten gegeben. So außer den Vorgenannten noch Josef Linster, den geschätzten Komponisten (Verfasser der Hymne der Banater Schwaben) und Musikpädagogen, den Schriftsteller und Journalisten (u.a. Neuer Weg-Redakteur) Heinrich Lauer, dessen Bruder Karl Fritz Lauer, angesehener Herbologe und Hochschullehrer, nicht zuletzt den Schriftsteller Gerhard Ortinau, Mitglied der Aktionsgruppe Banat.

Der Autor Walter Wilhelm brachte die großzügige Idee der Erinnerung und des Gedenkens, auch Grundstein dieses schönen Dorfjubiläums, in seinem Buch mit einem Motto von Antoine de Saint- Exupery auf den gemeinsamen Nenner: „Ich stamme aus meiner Kindheit, wie aus einem Land...“

Zum Abschluss lud man alle Teilnehmer zum traditionellen Schwabenball und auch zur rumänischen „Ruga“ ein.