Arader Wirtschaftsverein: Niederlassung in Kleinstadt

Duale Ausbildung angepeilt/ „Made in Arad“ gewünscht

Reinhard West, ein ehemaliger Rudersportler baut Boote – vorwiegend für den rumänischen Markt. Anfang der 1990er Jahre hat er seine Firma in Arad gegründet, seit Anfang November ist er DRW-Mitglied. Im Bild: Teilnehmer beim DRW-Novembertreffen. Foto: Zoltán Pazmány

Eine intensive Zusammenarbeit mit deutschen Firmen und Handelskammern aus Deutschland wünscht sich der neue Arader IHK-Präsident, Gheorghe Seculici. Er war Ehrengast des Novembertreffens des Deutsch-Rumänischen Wirtschaftsvereins DRW Arad und brachte auch den neuen Geschäftsführer der Kammer, Adrian Negrău, mit. Das duale System in der Fachausbildung soll auch in der Region um Arad Fuß fassen und nicht zuletzt ist es sei der Novembersitzung auch beschlossene Sache, dass der Deutsch-Rumänische Wirtschaftsverein in Arad in der Kleinstadt Sanktanna/ Sântana eine Zweigstelle gründet. Damit steht der DRW mit einem Schlag für gleich zwei Premieren, die ab 2014 auf das Konto des Deutsch-Rumänischen Wirtschaftsvereins DRW Arad gehen. Der DRW ist nämlich der erste Verein, der eine Zweigstelle gründet. Dazu kommt, dass kein anderer deutschsprachiger Wirtschaftsclub in Rumänien einen Sitz in einer Kleinstadt hat. Die anderen Wirtschaftsclubs in Rumänien sind in den Kreishauptstädten bzw. in der Landeshauptstadt angesiedelt.

Sein Name sagt es schon: Reinhard West kommt aus Westeuropa. Der aus Arad Ausgewanderte ist in das Arader Stadtviertel Pârneava übersiedelt, wo er indirekt, beruflich und konstant seiner alten und neuen Leidenschaft, dem Rudern, nachgeht. Der ehemalige Rudersportler und –trainer - in Rumänien und Deutschland – hat sich in Rumänien einer ganz besonderen Art des Rudersports gewidmet. Er baut nämlich Ruder- und Tretboote aus Glasfaser. Fast eine gesamte Produktion von bisher etwa 120 gebauten Booten, sind an den rumänischen Markt gegangen. Mit Auftragsschwankungen muss sich Reinhard West herumschlagen, weil der Rudersport in den letzten Jahren gewaltig an Interesse verloren hat und kaum noch Vereine da sind, die dann  auch als Käufer für die Produkte des deutschen Unternehmers gelten. Trotzdem waren die Aufträge so häufig, dass er keine Zeit hatte, sich um ausländische Abnehmer zu kümmern. Reinhard West ist einer der neuen Mitglieder des deutschsprachigen Wirtschaftsvereins in Arad.

Mehr für die Außendarstellung tun und neue Mitglieder hinzuziehen, lautete die Devise des DRW-Vereinsvorsitzenden Manfred Engelmann vor einigen Monaten, als der Verein Bilanz zog und Neuwahlen ansetzte. Heute scheinen beide Aspekte Hand in Hand zu gehen. Der vor Kurzem gewählte IHK-Präsident Gheorghe Seculici, langjähriger führender Politiker der lokalen PDL-Filiale, hatte sich beim DRW-Treffen eingefunden und gehört zu den prominentesten Gästen der letzten Zeit. „Wir haben derzeit nicht, wo wir uns treffen können“, sagte Gheoghe Seculici vor den Vertretern der deutschen Wirtschaft zur Sachlage in Arad; ein Aspekt, der ihn scheinbar ganz besonders beschäftigt.

Der langjährige Sitz in der Innenstadt auf der Cloşca-Straße sei von der ehemaligen Leitung der Arader IHK aufgegeben worden. Durch die Übersiedlung in den Ausstellungspavillon sei den Mitgliedern ein Treffpunkt verwehrt, so Seculici. Deshalb habe er veranlasst, dass der Sitz in der Innenstadt saniert und „repräsentativ“ werden soll, so der IHK-Vorsitzende. Nach seiner Erfahrung an der Wiener Handelskammer ist der neue IHK-Direktor Adrian Negrău nun auch Vertreter einer deutschen Firma in Arad. „Tiefgreifende Änderungen und starke Öffnung zur Zusammenarbeit mit den IHK in Europa“, peilt Negrău an.

Während vor Kurzem Michael Szellner, Physiker am Arader AMG-Lyzeum, darauf hinwies, dass viele der ehemaligen Schüler dieser Bildungseinrichtung vorwiegend im mittleren Management in Arader Firmen aus dem deutschsprachigen Raum vorzufinden sind, pochen die Unternehmer weiterhin auf das duale Ausbildungssystem, um Fachkräfte für ihre Betriebe zu sichern. Es bedürfe einer adäquaten Gesetzgebung, um an Schulen und Universitäten Personal der Nachfrage entsprechend, auszubilden, hieß es in der Gesprächsrunde. Und DRW-Vorstandsmitglied Waldemar Steimer griff auch im Gespräch mit Seculici ein Thema auf, dass er vor Wirtschaftsleuten schon einmal vorgetragen hatte: Personal vor Ort behalten, bedeute mehr, als nur Lohn zu zahlen. Das gesamte Umfeld müsse stimmen, so Steimer.

Gheorghe Seculici glaubt jedenfalls, dass auch dann, wenn sich Automobilzulieferer aus Kostengründen aus dem Raum Arad zurückzuziehen würden, die Region weiterhin wirtschaftlich im Fokus stehen werde. „Es gibt hier eine Tradition für die Arbeit, die nicht überall zu finden ist“, zeigt sich der IHK-Vorstand optimistisch. Dazu komme, dass Just-in-Time-Lieferungen immer wichtiger werden und auch dann von Bedeutung sind, wenn allein das Lohnniveau keine Investoren mehr anzieht, so die vielseitige Meinung in der Gesprächsrunde.

Über die Debatten hinaus gibt es konkrete Ansätze zur dualen Ausbildung. Trotzdem bleibt es derzeit vorerst auf dem Niveau der Ansätze, wenn es um die Gründung einer Berufsschulklasse geht. Mehrere Arader Großbetriebe wünschen zwar eine Klasse angehender Mechatroniker und der Wirtschaftsverein unterstützt die Initiative. Der Direktor des Technischen Lyzeums Iuliu Maniu, Stelian Ionuţiu, bremst jedoch die Euphorie der Unternehmer. Der Banater Zeitung gegenüber sagte Ionuţiu, dass der Mechatroniker-Beruf nicht mit einer Berufsschule vereinbar sei. „In Berufsschulen ist nach derzeitiger rumänischer Gesetzgebung nur das Erlernen einfacherer Berufe an Berufsschulen möglich. Für die Ausbildung zum Mechatroniker ist der Abschluss des Lyzeums notwendig“, so Ionu]iu. Grundsätzlich sei er jedoch an einer Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsverein und den Unternehmen interessiert, so der Schulleiter.

Abgestimmt haben die Unternehmen des Wirtschaftsvereins auch für eine Niederlassungsgründung in der Kleinstadt Sanktanna. Vorerst und kommissarisch wird derzeitigen Informationen nach der Sanktannaer Betriebswirt Johann Henger die Filiale leiten. Die offizielle Filiale-Gründung ist für Januar 2014 vorgesehen. Der DRW will über seine Niederlassung auch in Sanktanna eine Klasse zur dualen Ausbildung gründen. Derzeitigen Informationen nach wird der Bereich Agrartechnik angepeilt.