Billed feierte Geburtstag
250. Jubiläum der Gemeinde
Ein dreitägiges Fest mit Dutzenden Jugendlichen in banatschwäbischen Trachten, mit echter Blasmusik, die alte und die neue Bewohnerschaft der Gemeinde gemeinsam in festlicher Stimmung- Das erlebte die Heidegemeinde Billed/Biled, 28 Kilometer nordwestlich von Temeswar/Timişoara, am vergangenen Wochenende zum Anlass des 250. Jubiläums seit der Ortsgründung, im Gleichklang veranstaltet vom DFD Billed, der HOG und der Kommunalverwaltung. Die ersten deutschen Ansiedler stammten, wie nachgewiesen, aus Luxemburg, Lothringen, Sachsen und aus der Trierer Gegend. Und nach dem Willen von Kaiserin Maria Theresia sollte dieser Ort als Musterdorf für die weiteren deutschen Ansiedlungen des Banats gelten. So wurde der Ort dann 1765 als erste große deutsche Ansiedlung der Banater Heide auf unbebautem Weideland nach genauen und großzügigen Plänen des Hofes angelegt. Der heutige Besucher kann sich davon überzeugen: Die Pläne gingen auf, denn der Ort (sein Wahrzeichen ist der Kalvarienberg), bis ins 19. Jahrhundert noch Billiet genannt, kann auf eine 250jährige Erfolgsgeschichte zurückblicken, die Gemeinde mit ihrer fruchtbaren Schwarzerde, seinen fleißigen Einwohnern war und blieb eine der bestbewirtschaftesten Ortschaften des Banats. Das trotz der Seuchen, Missernten aber vor allem der zahlreichen Opfer, die wie andernorts auch hier die Kriege, Deportationen, Verschleppungen, die Enteignung gefordert haben. Nicht zu vergessen die Auswanderung der deutschen Bewohner nach Amerika und letztlich in großem Maß nach Deutschland. Seinen guten Namen behielt die Ackerbaugemeinde an der sogenannten „Straße der Millionäre“ selbst in der kommunistischen Epoche. Daran knüpften mit Erfolg die Neubilleder, die rumänische Mehrheitsbevölkerung nach der starken Auswanderung nach der Wende. In der Gemeinde mit seinen 3500 Einwohnern ist weiterhin eine Gruppe Banater Schwaben von etwa 80 Personen zurückgeblieben. Und das schon 1990, unter den ersten im Banat, gegründete Ortsforum gehört seit Jahren mit seiner regen Gemeinschaftstätigkeit unter der Leitung des Forumsvorsitzenden Adam Csonti zu den Musterlokalforen des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat (DFDB). Dafür sprechen die hiesige Sozialstation mit Küche (mit Essen auf Rädern), das moderne Billeder Heimathaus (eine Schenkung eines ehemaligen Billeders, mit DFD-Sitz und Gästehaus), zwei banatschwäbische Tanzgruppen der Jugendlichen, Kultur- und Sportveranstaltungen, eine vorbildhafte Friedhofspflege usw.
Eröffnung der Heimat- und Brauchtumsstube
„Dass es ein positives Miteinander von Deutschen und Rumänen gibt, zeigt die heutige 250. Jahrfeier in Billed“, so Hartmut Koschyk, Beauftragter für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten der Bundesregierung, der Billed und seine Sozialstation im September 2014 besucht hatte, in einem schönen Grußwort anlässlich dieser Feier. Und in diesem Sinne sollten sich auch die dreitägigen Festlichkeiten gestalten: Die alten und neuen Bewohner der Gemeinde umrahmten gemeinsam dieses Fest mit einem gebührlichen Gedenken an die Gründer und Ahnen, an die vielen Opfer der bewegten Billeder Dorfgeschichte. Zum Anfang mit Prozession und Kranzniederlegung sowie einem ökumenischen Gottesdienst in der St. Michaels-Kirche. Anklang fand da vor allem das Festkonzert, das in der Pfarrkirche vom Streichquartett der Temeswarer Musikfakultät unter Leitung von Johann Fernbach dargeboten wurde. Daran reihten sich am zweiten Tag ein Handball-, Mini-Fußball und erstmals im Ort ein Autosportwettbewerb.
Zu einem der Höhepunkte gestaltete sich die Eröffnung der Heimatausstellung „Streifzug durch das alte Billed“ in den Räumen des Demokratischen Forums der Deutschen in Billed. Die Ausstellung der HOG Billed, nach einem Konzept von Hans Rothgerber, veranschaulicht auf über 30 Großtafeln im Parterre Geschichte und Werdegang der Gemeinde in allen Bereichen, hinzu kommt eine banatschwäbische Heimatstube im ersten Stock mit Gegenständen, Haus- und Landwirtschaftsgeräten einer typischen banatschwäbischen Wirtschaft. Angeführt sind hier auch die 22 Spender aus Deutschland und dem Banat, die großzügig zum Zustandekommen dieser vortrefflichen Einrichtung beigetragen haben. Die Initiative dieses banatschwäbischen Dokumentationsraums im Heimatort kann man auch anderen HOG und Lokalforen ohne weiteres als nachahmenswert empfehlen. Der Text eines der ausgestellten alten Wandtücher mit echter banatschwäbischer Bauernweisheit könnte da als Motto nützlich sein: „Sich regen bringt Segen!“
Höhepunkt der Feier war das sonntägliche Brauchtumsfest. Am traditionellen Trachtenumzug beteiligten sich diesmal unter den Klängen einer Blaskapelle aus Deutschland Dutzende Trachtenpaare aus Billed und Deutschland. Nach der Festmesse in der St.Michaels-Kirche erfolgte im Beisein des Abgeordneten der deutschen Minderheit im rumänischen Parlament, Ovidiu Gan], und Peter Krier, Ehrenvorsitzender der HOG Billed, eine feierliche Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal (1924 vom Schwabenbischof Augustin Pacha eingeweiht) statt. Peter Krier, der mit seinem jahrelangen Engagement für den Heimatort, besonders für die hilfs- und pflegebedürftigen Menschen, einen wichtigen Beitrag im Fortbestand der kleinen deutschen Gruppe, auch zu dem heutigen guten Zusammenleben im Heimatort geleistet hat, unterstrich in seiner Ansprache die Idee des Gedenkens als Brücke zwischen Vergangenheit, Heute und Zukunft: „Das Gedenken an die Toten ist ein Aufruf für den Frieden!“ Vor einer großen Zuschauerkulisse bestehend aus zahlreichen Billedern und Gästen aus dem Banat und aus Deutschland boten zum Abschluss die Kultur- und Trachtengruppen banatschwäbische und rumänische Volkstänze im Schulhof dar. Die zahlreich am Fest beteiligten Gäste aus Deutschland wurden am Abend am Kalvarienberg verabschiedet. (bw)
„Kerwei“ als Reenactment
Busiasch feiert ganz traditionell das Kirchweihfest
Was von den Banater Deutschen in den Dörfern bleibt, ist die „Kerwei“. Ihre Häuser werden angestrichen, umgebaut, die Kirchen aber bleiben fast unangetastet, denn sie haben nur einen einzigen natürlichen Feind: die Zeit. Das ganze Jahr über werden sie mehr oder weniger vernachlässigt, je nachdem, in welche Gemeinde man fährt und wen man dort befragt. Dabei bildeten diese Kirchen einst das Zentrum dieser Mikrowelten. Dort unterhielt man sich nach dem Gottesdienst, dort fanden die wichtigsten Ereignisse im Leben eines Menschen statt. Aus dem Zentrum des Busiascher Lebens ist die katholische Kirche längst gerückt. Doch zumindest einmal im Jahr wird ihr wieder die Bedeutung zugewidmet, die sie einst hatte. Und das mit einer Rigorosität, wie sie nur die Deutschen kennen: „Kerwei“ in Busiasch, seit Jahren vom Vorsitzenden des Deutschen Forums Josef Kanton akribisch koordiniert, hält für Langzeitteilnehmer und –besucher keine Überraschungen mehr parat. Es ist inzwischen Routine: Der Gottesdienst in der Kirche, der Trachtenmarsch auf der Hauptstraße, Besuch der orthodoxen Kirche, Besuch des Bürgermeisters, Besuch der zweiten orthodoxen Kirche. Ordnungshüter sperren die Straße für das Kirchweihfest ab, die zahlreichen Teilnehmer suchen Zuflucht vor der Hitze (die scheinbar auch zur Routine gehört) im Schatten der Häuser.
Schön ist die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die - in banatschwäbischer Tracht gekleidet - das Fest überhaupt möglich machen. Über 20 Trachtenpaare sind auch in diesem Jahr dabei. Wie viele von ihnen überhaupt banatschwäbische Wurzeln haben, ist eine Frage, die schon lange irrelevant ist. Es mag vielleicht nichts mit der Kirchweih zu tun haben, die früher die Deutschen gefeiert haben, hinsichtlich ihrer religiösen und sozialen Bedeutung, doch das Fest bleibt wichtig. So wie in allen Dörfern erfüllen diese Kirchweihen heute die gleiche Funktion, wie die sogenannten Reenactments, also die Neuinszenierungen konkreter geschichtlicher Ereignisse.
Schließlich sind die Feste heute für die jungen Rumänen nichts anderes: Sie ziehen Kostüme an und spielen Riten nach. Viele dürften nicht wissen, weshalb sie es tun, aber ein Zwang scheint es nicht zu sein. „Zum Glück“, würden Angehörige der deutschen Minderheit sagen, die hoffen, dass etwas von ihrem Brauchtum im Banat erhalten bleibt.
In Busiasch hat sich die „Kerwei“ als städtisches Ereignis Ende August etabliert. Es betrifft nicht nur die ausgewanderten Deutschen, die für das Fest zurückkommen, nicht nur die älteren Banater Schwaben, sondern auch die Rumänen und die anderen ethnischen Gruppen aus der Kleinstadt. Darum ist auch das Highlight der Busiascher Kerwei der Besuch der orthodoxen Kirchen und die Messen, die gemeinsam gehalten werden. Sie sind Ausdruck der Plurikulturalität, die das Banat auszeichnet. (rt)