Temeswar - In einer Zeit, in der die Globalisierung eine immer größere und bedeutendere Rolle spielt, hat man das Gefühl, dass man seine eigene Herkunft und eigene Volkskultur nicht mehr richtig kennt. Deshalb geht es vielerorts darum, diese wieder zu entdecken und andere Volkskulturen wahrzunehmen. Im Rahmen eines Comenius-Programms wurde das Projekt „Brauchtum im Wandel” durchgeführt. Es ist ein europäisches Projekt, an dem aus Rumänien das Temeswarer katholische Gerhardinum-Lyzeum - mit Schulpfarrer und Begleitlehrer Zoltán Kocsik - vertreten war. Die offizielle Kommunikationsprache des Projektes ist Deutsch.
Sechs Länder nehmen teil: Rumänien, Deutschland, Österreich, die Slowakei, Griechenland und die Türkei. Das Projekt umfasst traditionelles Handwerk, traditioneller Volkstanz, Kulinarisches und Hochzeitsbräuche. Durch diese Vielfalt bezieht sich das Projekt auf das gesamte Leben einer Volksgruppe. Projektstart war in Dingelstädt, Deutschland, wo allgemeine Ziele und Richtlinien besprochen wurden. Das zweite Ziel des Projektes befasst sich mit Traditionen, aber auch damit, dass die junge Generation über diese Initiative Freundschaften knüpft. Das Projekt geht mit einem Treffen in Temeswar/Timişoara, das diese Woche bis zum 12. Juli stattfindet, zu Ende. Dabei treffen sich die Begleitlehrer, die dann auch die Auswertung des Projektes vornehmen.
Es werde viel gesprochen, von Globalisierung und über die Menschen, die sich näher kennenlernen sollen, sagt der Seelsorger Zoltán Kocsik, der die rumänische Gruppe begleitet hat. „Bei aller Einheit in der Vielfalt hat man seine eigene Volks- und nationale Identität nicht vergessen“, sagt Zoltán Kocsik. In diesem Projekt werden verschiedene Volkskulturen vorgestellt und auch die Jugendlichen haben die Möglichkeit, ihre eigene Volkskultur besser kennenzulernen. „Bisher fanden Treffen in fünf der Partner-Länder statt, geblieben ist die Abschluss-Begegnung in Temeswar“, so der Schulpfarrer. In der griechischen Hauptstadt Athen mussten alle sechs Teilnehmerschulen ihre traditionellen Handwerke vorstellen. „Wir haben drei traditionelle Handwerksarten aus Westsiebenbürgen mitgebracht: Stickereien, Schnitzereien und traditionelles Malen - bemalen der Möbel. In einem Workshop wurden Techniken dieser Berufe aufgezeigt“, so Zoltán Kocsik.
Das zweite Treffen fand in der Slowakei statt. „In Hrusov waren wir beim Volksfest ´Hontianska Parade´ dabei, und das Gerhardinum trat mit zwei Volkstänzen auf. Der eine war ein rumänischer Volkstanz aus dem Banater Bergland, der andere ein ungarischer Volkstanz aus der Sathmarer Gegend. Das war Anlass, eine Volkstanzgruppe am Gerhardinum zu gründen“, sagt der Schulpfarrer. Kulinarisches war beim Treffen im türkischen Antalya angesagt. „In der Partnerschule bereiteten wir unser traditionelles Essen vor. Zu dem drei Gänge-Menü gehörten Klößchen-Suppe, dann Geschnetzeltes, sowie Apfel- und Quarkstrudel“, fügt er hinzu.
In Österreich beteiligten sich die Schulen Ende April in Altmünster bei Salzburg am dortigen Schulfest. „Die Partnerschule ist ein Agrarbildungszentrum. Dort sind wir erneut mit Volkstänzen aufgetreten. Diesmal ging es um Hochzeitsbräuche. Außerdem standen Besuche in Salzburg selbst, sowie in der näheren Umgebung auf dem Programm“, sagt Zoltán Kocsik.
Bei dieser Veranstaltungsreihe gab es auch religiöse Momente. „In Griechenland haben wir die Spuren des Heiligen Paulus verfolgt: In Athen und Aeropagos, wo dieser zum Volk gesprochen hat. In der Slowakei haben wir in Sturovo gemeinsam an einem Gottesdienst teilgenommen. Unterwegs haben wir auch die ungarischen Kirchengeschichten verfolgt: In Esztergom, Ungarn, in der Basilika und auch in der Krypta, wo die Primas begraben sind. Wir haben auch am Grab von Mindszenty József, Opfer des ungarischen Kommunismus, gebetet. In der Türkei haben wir uns die Bucht und der Hafen angeschaut, wo der Heilige Paulus angekommen war, wo er die erste Missionsreise in Kleinasien begonnen hatte“, sagt der Seelsorger. In Salzburg, Österreich, ging der Besuch über den Dom bis zur Erzabtei von St. Peter und dem Geburtshaus von Mozart.
Als Fazit sieht Schulpfarrer Zoltán Kocsik, „dass man einander kennenlernt, doch unsere Wurzeln sind im Glauben an Jesus Christus und in der christlichen Lehre. Das sind die Wurzeln, die uns verbinden, und auf unserer Reise haben wir uns alles im Wiege des Christentums angeschaut, insbesondere in Griechenland und in der Türkei”. Im Jahr des Glaubens sei es wichtig, zu bemerken, dass ein gemeinsames Europa nur im Vertrauen auf Gott funktionieren kann: politisch, wirtschaftlich und kulturell. „Nur in solcher Weise kann man die auftretenden Probleme überwinden und eine gemeinsame europäische Zukunft aufbauen“, schließt Seelsorger Zoltán Kocsik.