Der Intendant des Deutschen Staatstheaters Temeswar (DSTT), Lucian Vărşăndan, ist vor Kurzem nach Temeswar zurückgekehrt. Im Mai war er von Premierminister Dacian Cioloş zum Staatssekretär im rumänischen Kulturministerium ernannt worden. Was er über seine Amtszeit im Kulturministerium zu berichten hat, erfahren Sie aus folgendem Gespräch. Das Interview führte Raluca Nelepcu.
Sie sind vor Kurzem aus Bukarest zurückgekehrt. Wie sieht denn Ihre Bilanz nach der fünfeinhalbmonatigen Amtszeit im Kulturministerium aus?
Es waren sehr reichhaltige fünfeinhalb Monate, die mit sehr viel Arbeit und mit vielfachen Tätigkeitsfeldern verbunden waren. Ich war unter anderem mit dem Bereich der darstellenden Künste beauftragt und habe auch den Bereich „Europäische Beziehungen“ übernommen - die ganzen Maßnahmen für das Kulturministerium bezüglich der Übernahme der EU-Präsidentschaft durch Rumänien 2019. Hinzu kamen einzelne Projekte im Bereich der internationalen Beziehungen, sei es die Vorbereitung der rumänisch-französischen Kultursaison 2018 oder das Internationale Festival „Europalia“ 2018, wo Rumänien Gastland ist. Im Hinblick der Gesetzgebung sind sämtliche Entwürfe von Vorschriften Teil meines Aufgabenbereichs gewesen. Alles in allem war es eine sehr volle, sehr schöne und sehr spannende Zeit, mit sehr vielen Erfahrungen, und an sich eine auch persönlich bereichernde Möglichkeit, einen Einblick in diese Welt und auch in eine sehr lebendige Stadt zu bekommen.
Inwiefern konnten Sie ihre eigenen Vorstellungen und Pläne in Bukarest umsetzen?
Einiges wurde umgesetzt, andere Projekte stehen nach wie vor auf der Warteliste, einige habe ich als Entwürfe meinen Kollegen aus dem Ministerium hinterlassen, mit Empfehlungen für mögliche weitere Maßnahmen in der kommenden Zeit. Wenn ich eine sehr kleine Bilanz ziehen würde, was diese Arbeit bedeutet oder was die unmittelbaren Erfolge bedeuten, dann gehörte zu dieser Bilanz ganz gewiss die Novellierung der Gesetzgebung für Kultureinrichtungen und der Gesetzgebung bezüglich der Förderung von Kulturprojekten. Es ist durch die Regierung die Einverordnung 48/2016 erlassen worden, die sehr viele Erleichterungen in Kulturbetrieb und auch in der Verwaltung und finanziellen Verwaltung der Kulturprojekte ermöglicht. Das habe ich auch gemerkt, wo - nachdem diese Verordnung in Kraft getreten ist - wir Feedback von sämtlichen Direktoren von Kultureinrichtungen bekommen haben, die sich sehr lobend über diese Initiative geäußert haben. Eines der großen Anliegen, auch meiner Tätigkeit im Kulturministerium, war ganz gewiss die Stabilisierung der Lage an der Bukarester Nationaloper. Mit der neu eingesetzten Leitung der Oper fanden wir im Ministerium und finde auch ich persönlich, dass eine gute Wahl getroffen wurde – eine Wahl, die die Oper in die richtige Bahn bringt und zugleich die Stabilität ermöglicht, die der Oper die Mittel verleiht, um sich eben auf ihre Arbeit zu konzentrieren und auf anspruchsvolle international repräsentative Kunst. Zu diesem vielfachen Feld der Maßnahmen an der Bukarester Oper gehörte auch die Absicht, eine aus unserer Sicht Fehlentscheidung des Jahres 2013 wieder rückgängig zu machen. Damals wurde das Opernensemble mit der vormaligen Bukarester Operette zusammengelegt und es war ein Anliegen, dass man der Bukarester Operette wieder einen eigenen Status verleiht, als eigenständige Kultureinrichtung, was jetzt auch gelungen ist. Kurz nach meinem Weggang ist durch die Regierung der Regierungsbeschluss verabschiedet worden, wodurch das Nationale Operetten- und Musicaltheater „Ion Dacian“ neu ins Leben gerufen wird. Ferner gab es ganz gewiss die vorbereitenden Maßnahmen zu allen genannten Projekten oder die Gespräche mit der Leitung der Leipziger Buchmesse, im Vorfeld zur Teilnahme Rumäniens als Gastland an der Veranstaltung. Es gab also viele Projekte, von denen, wie gesagt, einige schon zum guten Schluss gebracht werden konnten, und für andere wiederum die Ansätze geschaffen wurden, dass sie gut starten oder über die kommenden Monate oder gar Jahre gute Prämissen zur Entwicklung haben.
Sie haben von einer positiven Bilanz gesprochen. Dennoch haben Sie beschlossen, noch vor dem Ende ihrer Amtszeit nach Temeswar zurückzukehren. Wieso?
Es waren persönliche Gründe, die dafür gesprochen haben. Es gab im Vorfeld auf diese Entscheidung zwei Gespräche mit der Kulturministerin Corina Şuteu und eben aus Anlass persönlicher Gründe hat es sich so ergeben, dass ich früher das Amt verlassen muss.
Wie haben Sie das Deutsche Staatstheater Temeswar wiedergefunden?
Das Deutsche Staatstheater habe ich in bester Befindlichkeit wiedergefunden. Ich bin meiner Kollegin Ioana Iacob äußerst dankbar, die die ganz gewiss alles andere als leichte Aufgabe bereit war zu übernehmen, das Theater während meiner Zeit in Bukarest kommissarisch zu leiten. Ich bin ihr äußerst verbunden, ebenso den Kolleginnen und Kollegen aus den Abteilungen, die es ganz gewiss nicht unbedingt leicht hatten infolge dieses Übergangs. Nicht deswegen nicht leicht, weil ich nicht da gewesen wäre, sondern nicht leicht, weil dieser Wechsel doch mitten in der Spielzeit erfolgen musste. Ich bin umso glücklicher darüber, dass die Projekte weiter gegangen sind und die Tätigkeit des Theaters nach wie vor eine sehr rege ist. Das Eurothalia-Festival ist, soweit ich das nachvollziehen konnte, sehr gut gelaufen. Ich habe daher auch überhaupt keinen Grund, unzufrieden zu sein. Ganz im Gegenteil. Die Kollegen vom Theater bestreiten eine Festivalteilnahme nach der anderen. Kürzlich sind sie aus Piatra Neamţ mit zwei Preisnominierungen zurückgekehrt. Im Bilde steht die Teilnahme am renommierten Interferenzenfestival in Klausenburg an, neben einigen der bedeutendsten Weltbühnen, so dass auch diesbezüglich - wenn ich ein bisschen Spaß machen darf - meine Bilanz trotz meiner Abwesenheit sehr positiv ausfällt. Die faktische Abwesenheit wird noch ein bisschen dauern, ebenfalls kommissarisch wurde Ioana Iacob bis Jahresende nun von mir als stellvertretende Intendantin und künstlerische Leiterin des Hauses eingesetzt und als solche leitet sie die Geschäfte des Hauses weiter, da ich einige Wochen Urlaub habe.
Inwiefern gab es auch Enttäuschungen in Bukarest?
Enttäuschungen würde ich sie jetzt nicht nennen. Es gab einige Ernüchterungen. Es kostet schon Mühe, selbst auf dieser Ebene, Entscheidungsträger von der Bedeutung der Kultur zu überzeugen. Das hätte ich so nicht erwartet. Aber auf der anderen Seite stimmt es auch, dass wenn man die entsprechenden Argumente bringt, wenn man realistisch und professionell an die Sache rangeht, dass es eben die Möglichkeit gibt, selbst für den Kulturbereich das zu erreichen, was man sich vornimmt. Aber es kostet schon Mühe, Gedanken durchzubringen, sich mit den Impulsen und mit den gerechtfertigten Wünschen für diesen Bereich manchmal durchzusetzen.
Was die Kommunikation betrifft, merkt schon, dass bei manchen Menschen auch im Arbeitsumfeld die Herangehensweise an gewisse Abläufe eine andere ist als man es hier, im Banat, gewohnt ist. Aber selbst das ließ sich ändern im Hinblick auf Termineinigung, auf Pünktlichkeit usw. In der Anfangszeit meiner Arbeit am Ministerium habe ich mit Kollegen einige Gespräche diesbezüglich geführt und dann ging die Zusammenarbeit meistens schon sehr gut. Aus Anlass meiner Amtsniederlegung in Bukarest habe ich ähnliches Feedback bekommen wie vor einem halben Jahr am DSTT – es gab mir gegenüber vielfache Zeichen des Bedauerns beim Weggehen, das habe ich in diesem Jahr schon zweimal erlebt. Ich hoffe, eine Zeit lang das nicht mehr erleben zu müssen. Alles in allem, beruflich wie privat: Wenn ich eine Bilanz über diese sechs Monate ziehen darf, so ist diese im Endeffekt, mit Höhen und Tiefen, doch ganz gewiss positiv.