Das Streben und Ringen nach dem Schönheitsideal sind bekanntlich so alt wie die Menschheit. Wenn es bis vor fünfzig Jahren noch die schönen Vorbilder der Antike, eine Venus von Milo, einen David von Michelangelo, gab, so haben Technik, Kommerz, Modebranche und Medien es endlich vollbracht, den Idealmenschen der Zeit per Diktat zu schaffen. Die Schönheitschirurgie schafft alles, auch einen brandneuen Menschen, vom banalen Fettabsaugen zum zurechtgeschnittenen Menschen, per Schnitt (vor allem Nasenkorrektion) oder Silikon- aufgespritzte Lippen, Brüste und andere Körperteile, nach Wunsch. Die Barbie-Puppe ist perfekt, wie es der Handel, das Geschäft, die ungeschriebenen Gebote der modernen Gesellschaft vorschreiben. Dieses Thema aber auch die besondere Theaterwirksamkeit des Rollenspiels ad absurdum haben den jungen deutschen Theaterautor Marius von Mayenburg gereizt, den „Hässlichen“ als wirksamen und neuen theatralen Vorgang auf die Bühne zu bringen. Mit dieser Inszenierung unter der Spielleitung des Bukarester Regisseurs Theodor-Cristian Popescu griff das DSTT auf die erfolgreiche Produktion „Feuergesicht“ des gleichen Autors (Regie: Radu- Alexandru Nica) von 2005 zurück.
Lette, der Hässliche (Alex Halka) entdeckt eines Tages, dass diese Behinderung sein berufliches und soziales Vorwärtskommen zunichte macht- sein Kontrahent Karlmann (Horia Săvescu) hält ihm das täglich vor Augen-, dass selbst seine Frau Fanny (Olga Török) ihm nur ins linke Auge sehen kann. „Du bist hässlich“, sagt seine Frau.“Das ist eine Realität...Ich kanns nicht fassen, dass du nichts weißt.“ Der Schönheitschirurg Scheffler (Rareş Hontzu), bei dem er sich endlich zu einer Gesichtsoperation entschließt, meint: „Bei Ihnen sehe ich kein Potential. Bei Ihnen müsste ich das ganze Gesicht insgesamt neu aufbauen.“ Das Ergebnis: Sein neues Gesicht bringt ihm den langerhofften Erfolg, die Verehrerinnen stehen Schlange wie bei einem Pop-Star. Doch dann werden das Gesicht und dieser retouchierte Mensch zum Verkaufsschlager, wie das eben heutzutage in allem so perfekt funktioniert. Der austauschbare Mensch, der Mensch als Ware ist da. Wie bleibt es mit dem Individuum? Das ist alles nur keine Zukunftsvision mehr.
Ein spritziges Stück Theater, ohne tiefes Eintauchen in die Seelenlandschaft, dafür aber mit einer genauen, pointierten Sprache- das ist dieses Stück, woraus das DSTT-Ensemble eine ansprechende und von den vier Darstellern spielfreudig durchgespielte Inszenierung gemacht hat, die sich bestimmt, vor allem bei jüngeren Zuschauern, zu einem sicheren und langzeitigen Publikumserfolg entpuppen wird. Für Bühnenbild und Kostüme zeichnete Velica Panduru (a.G.), die Musik stammt von Vlaicu Golcea (a.G.).