Einen sogenannten Pakt gibt es seit vergangener Woche in Temeswar/Timişoara. Das Bürgermeisteramt, die Schulbehörde des Verwaltungskreises Temesch/Timiş und der Deutschsprachige Wirtschaftsclub Banat DWC haben ein Abkommen der Zusammenarbeit unterzeichnet. Dadurch wollen sie ihre Initiativen und Kräfte bündeln und die Berufsausbildung nach deutschem Modell fördern. „Der Pakt: Eine Zukunft für Jugendliche. Die duale Ausbildung (Berufsausbildung) nach deutschem Modell“, so die angepasste Übersetzung des Papiers, das im Beisein der Leiter der drei Partner, Bürgermeister Nicolae Robu, Schulamtsleiter Cornel Petroman und Wirtschaftsclub-Präsident Peter Hochmuth unterzeichnet wurde. Dabei waren auch Deutschlands alter und neuer Konsul in Temeswar, Rolf Maruhn, sowie der Temescher Präfekt Eugen Dogariu.
Diskrepanz auf dem Arbeitsmarkt
Ein akuter Mangel an Facharbeitern hat die Unternehmen aus dem deutschsprachigen Wirtschaftsclub zur Initiative geradezu gezwungen. Diese Maßnahme gilt aber auch als Alternative zu anderen Bildungswegen. In Rumänien stelle man eine Dominanz des Schulwesens der Mittleren Reife fest, was dann die Idee einer Hochschulbildung mit einschließt. „Doch nicht alle Jugendlichen wollen den akademischen Weg einschlagen“, heißt es in dem offiziellen Text. Dazu sichere der Abschluss eines Lyzeums – auch mit technischer Ausrichtung – den Jugendlichen keine technisch-pragmatische Vorbereitung, heißt es weiter. Deshalb gäbe es auch viele Hochschulabsolventen deren beruflicher Werdegang in Frage gestellt ist, aber auch viele Abiturienten, deren fachliche Ausbildung in einer modernen Wirtschaft kaum Anwendung findet. Der Bürgermeister Nicolae Robu stellte fest, dass die meisten Jugendlichen ein Hochschulstudium anpeilen, aber oft nur „wertlose Diplome erwerben“.
Insbesondere in Westrumänien haben die Unternehmen eben durch ihre vielschichtigen Produktionsabläufe Arbeitskräfte mit guten fachlichen Kompetenzen notwendig, heißt es weiter in der Rubrik „Kontext des Paktes“. Dabei habe man eine Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt festgestellt. „Wir begrüßen die Wiederbelebung der Berufsschulen in Rumänien, die wir als Arbeitsgrundlage für ein künftig flexibles System der Berufsbildung – angepasst an die Nachfrage auf dem modernen Arbeitsmarkt – wünschen“, erklären die Unterzeichner den Sinn ihrer Initiativen. Diese erfolgen in einem Kontext zunehmender Jugendarbeitslosigkeit, die von der Schulbank direkt aufs Arbeitsamt führt.
21.500 Absolventen diverser Bildungseinrichtungen haben nämlich landesweit seit Mitte Juni Anträge auf Arbeitslosengeld gestellt. Die meisten davon (19.700) sind Abgänger von Lyzeen und Nachlyzealen Schulen. Zu den erwerbslosen Absolventen gehören auch über 800 Jugendliche mit einem niedrigeren Bildungsgrad, aber auch mehr als 1000 Hochschulabsolventen.
Bildung mit Stipendien und Verträgen
Als Zweck des Paktes werden im Abkommen Aspekte aufgelistet, die bereits seit vergangenem Jahr in Temeswar umgesetzt werden. Mit der Unterzeichnung will man wohl alle Partner an das Projekt binden, denn Fakt ist, dass es bereits seit letztem Jahr zwei Klassen dieses Pilotprojektes gibt, drei kommen ab September hinzu und deren Existenz ist seit Monaten geplant. Die Berufsschulklassen sollen an die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt angepasst werden, dies einer der Punkte, der immer wieder wörtlich, aber auch im Text zum Ausdruck kam. Ab dem 15-ten Lebensjahr können die Firmen Jugendliche für die verschiedenen Berufe bzw. Berufsschulklassen gewinnen. Die implizierten Unternehmen schließen sogenannte Bildungs-Verträge mit den Eltern der Kinder ab. Stipendien und leistungsbezogene Prämien werden im Vertrag festgehalten. Die zwei-drei Jahre dauernde Ausbildungszeit erhält eine Schulplanung, die mit Beteiligung der Firmen aufgestellt wird, ebenso bedeutend ist die Beteiligung der Unternehmen, wenn es zum Abschluss der Ausbildung um Prüfung der Kenntnisse geht.
Bessere Fachleute wie die Deutschen fände man selten, sagte der Bürgermeister Nicolae Robu. Deshalb fördere man nun diese Berufsschulen gerade nach dem deutschen Modell des dualen Bildungssystems, Schulen, die „zeitgemäßer als die ehemaligen Berufsschulen sind“. Für den Leiter des Schulamtes, Cornel Petroman, ist die Unterzeichnung des „Paktes“ ein Zeichen, dass man mit vereinten Kräften Facharbeiter ausbilden will, die genauso wichtig seien, wie Hochschulabsolventen.