Man schrieb den 17. Oktober 1716, als die geschlagenen Türken aus der von Prinz Eugen von Savoyen zurückeroberten Festung Temeswar auszogen. Das 164 Jahre dauernde Türkenjoch (1552-1716) fand somit ein Ende. Prinz Eugen gewährte den Besiegten- die Türken hatten die weiße Fahne gehisst und sich den österreichischen Heeren übergeben- freien Abzug. Der Feldherr wollte erstens seine Pläne einer raschen Kapitulation und den Abzug seiner Truppen in die Winterquartiere so schnell wie möglich, wenn auch mit milderen Bedingungen als erwartet, durchführen. 6000Türken aus der Besatzung waren gefallen, 12.000 Mann waren noch geblieben. Alle Türken durften auf Anordnung von Prinz Eugen mit ihren Familien und ihrer Habe ungehindert abziehen.1000 Wagen waren dazu bereitgestellt. Alle Krieger mit Waffen, nur mit ein paar Schuss, mit fliegenden Fahnen und sogar mit Begleitmusik. Alle Vorräte (Artillerie, Munition und Proviant) mussten aber zurückgelassen werden. Das waren 136 Kanonen, 10 Mörser, 5000 Meterzentner Pulver, 3000 Meterzentner Blei, 4000 Meterzentner Hirsebrei und ein wahrer Berg Zwieback. Alle Nationen, hieß es, die Sklaven und andere Christen, die den mohammedanischen Glauben vor vieler Zeit freiwillig angenommen hatten und nun in Temeswar ansässig waren, sollten die völlige Freiheit haben zu bleiben oder mit ihrer gesamten Habe abzuziehen. Die Desserteure mussten den Siegern ausgeliefert werden. Eine fürchterliche Wut hatte Prinz Eugen auf die Söldner, die ungarischen Rebellen (Kuruzzen), die in türkischen Diensten standen. Mustapha bat auch für sie um freien Abzug. Die Reaktion des Prinzen wurde von den Historikern italienisch vermerkt: „La canaglia puo andare dove vuole!“ (Die Kanaille kann hingehen, wohin sie will!).
Obwohl es ihnen gestattet war, zogen die Türken, wie es berichtet wird, letztlich doch ohne Marschmusik und ohne gehisste Fahnen ab. Es war ihnen doch nicht danach. Hinter dem Tross ritt eine 500 Mann starke Reiterabteilung der Österreicher unter Gen. Adj. de Figny mit den Türken bis zur Donau.
Die Türken zogen nach Pantschowa (heute Serbien) ab, unterwegs schlossen sich ihnen die Türken des Westbanats an.
Prinz Eugen ernannte General-Feldwachtmeister Franz Paul de Wallis zum vorläufigen Festungskommandanten. Für die “Einrichtung“, Neubesiedlung und den Wiederaufbau der Festung. Das Banat wurde bekanntlich kaiserliche Krondomäne, kaiserlicher Staatsbesitz, das Gebiet wurde vorerst nicht Ungarn einverleibt. Unter Leitung von Graf Mercy, zum ersten Gouverneur des Banats ernannt, begann schon im Herbst 1716 die Aufbauarbeit. Wallis, sein Stellvertreter, vermerkt in seinem Tagebuch (Diarium) viele Details über den trostlosen Zustand der Stadt. Die alten historischen Bauten aus der Vortürkenzeit, der Anjou- und Hunyadi-Epoche, waren allesamt Ruinen. So die Burg, das Schloss, die Sankt-Georgs-Kirche, Kloster und Gotteshaus in der Großen Palanka.
Aus einemBericht des GrafenWallis an Prinz Eugen geht hervor, dass nach Abzug der Türken insgesamt 645 Männer, Frauen und Kinder, davon 466 Raizen, 35 Armenier und 144 Juden, zurückgeblieben waren. Ein Großteil der Temeswarer Bevölkerung (Ungarn, Walachen und Serben) war während der Türkenherrschaft aus Temeswar geflüchtet. Das ganze Banat verwandelte sich in dieser Zeit zu einer wüsten, entvölkerten Landschaft. Prinz Eugen erließ eine Verfügung: Nur deutsch-katholische Bürger durften in die Stadt aufgenommen werden. Diese sollten alle sechs Freijahre und Stadtprivilegien erhalten. Der Sieg und die Zurückeroberung der Festung Temeswar führte zu allerhand Initiativen. Wiener Emmisäre zogen aus, um die ersten deutschen Ansiedler anzuwerben. Vor allem sollten das Handwerker, die meisten Bauleute sein. Bereits im Frühjahr 1717 trafen die ersten Ansiedler ein. In der Innenstadt ließen sich in den folgenden Jahren vor allem Beamte, Offiziere, Kaufleute, Geistliche und Adelige aus Österreich und Deutschland nieder. Mit ihnen fassten hier auch die Franziskaner und die Jesuiten Fuß. Am 1. Januar 1718 hatten schon die ersten 55 Kolonistenfamilien das Bürgerrecht in Temeswar erhalten. Diese und die folgenden Ansiedlerfamilien haben die deutsche Stadt Temeswar neu aufgebaut. Diese ersten deutschen Familienhaben die Kultur (Sprache, Glaube, Beruf, Brauchtum usw.) aus ihrer Heimat in den Südostraum, ins Banat mitgebracht und hier zur Blüte gebracht. Die ersten deutschen Ansiedler machten sich in der Innenstadt 1717-18 sesshaft, aber auch in den Vorstädten, der Großen und Kleinen Palanka, ließen sich Ansiedler nieder. Es kamen so immer neue Kolonisten, deutsche Ansiedler , vor allem Handwerker und Kaufleute. Aber es ließen sich in den Vorstädten auch Raizen (orthodoxe Rumänen und Serben) ,Ungarn (es entstand so eine “Ungarngasse“), sogar Zigeuner nieder.
Bekanntlich wurde am 1. Januar 1718 der erste deutsche Temeswarer Stadtmagistrat , Tobias Balthasar Hold, eingesetzt. Schon im Jahr 1717 waren im “Bürgerbuch“ 34 Namen deutscher Ansiedler vermerkt und als Bürger Temeswars eingetragen. U.a. hießen sie Johann Adamo, Pangratz Gugewitz, Jakob Feyertag, Melchior Paul, Heinrich Scherer, Franz Reindl oder Augustin Jubitzitz.
Aus „Temeschburg- Temesvar-Timișoara“, HOG Temeschburg 1994