„Wir haben uns nie nach Osten gewünscht (...). Unser nationales Problem ist aber, dass es uns nur für eine gewisse Zeitspanne – leider keine sehr lange – gelingt, den Gleichschritt mit der abendländischen Zivilisation beizubehalten. Nach wenigen Jahren der Normalität, des Fleißes, der Gründlichkeit, des Wegfallens des Schmiergelds... als ob wir dann ermüden würden: Schritt für Schritt kommen wir aus dem Trott, (...), ziehen uns, einer nach dem andern, an den Wegrand zurück und beginnen jenen zu glauben, die, da sie nicht mehr stehlen, übersohrhauen, parasitieren konnten, ... Botschaften und Legenden erfinden, die jeden Korrekten und Justizgläubigen ins ungünstigste Licht rücken. Wir hatten schon ein solches Beispiel in der Person Emil Constantinescus, den die Zivilgesellschaft nach Cotroceni befördert hatte, (...) der, statt Schmiergeld, nach konstruktiven Ideen und Lösungen suchte. Er hielt bloß ein Mandat lang aus. Seinerzeit erklärte er „die Strukturen” für schuldig. Er sagte das Wort „Securitate”. Am wahrscheinlichsten ist aber, dass nicht „die Strukturen” (also jene Dienste, in deren Hand die Sicherheit des Landes gelegt ist) ihn besiegt haben, sondern die „gscheiten Jungs”, die seinetwegen keine unbegrenzten Akkumulationen mehr tätigen konnten. Die Korruption, die auf das Mandat Emil Constantinescus folgte, erreichte Höchstwerte der Post-Wende-Zeit.
Die Frage, die sich nun im Meer der Wählerschaft abzeichnet, lautet: sind wir inzwischen ausreichend gereift, haben wir uns ausreichend entwickelt, als nationale Mentalität, um nicht wieder manipuliert zu werden von den Tentakeln der justiziablen Interessen? Mal sehen! Wird unser Deutscher es schaffen, aus Rumänien das zu machen, was er aus Hermannstadt gemacht hat? Verinnerlichen wir allesamt die Veränderung in jedem von uns und beschränken wir uns nicht bloß darauf, zu warten, was uns die Veränderung auf Schloss Cotroceni bringt?
Im Enthusiasmus des Wahlergebnisses von jenem Novembersonntag muss auch die Neugier suggeriert werden, bezüglich dessen, was nun folgen wird, und die Frage, ob, indem wir Klaus Johannis gewählt haben, wir uns inklusive entschieden haben, in jedem Einzelnen von uns etwas zu verbessern, `hie und da, an den entscheidenden Stellen´, etwa in der Gründlichkeit, der Ernsthaftigkeit, der Korrektheit... und bei einigen weiteren Werten, die behilflich sind, so wie tagtägliches Turnen, die Stützmuskeln des Rückgrats eines Volkes zu stärken.”
Der Beitrag von Mariana Gorczyna, aus dem hier (überlang) zitiert wurde, trägt den sinnigen Titel „Freuen wir uns in Maßen” und erschien im „Observatorul Cultural”, dem Kulturellen Beobachter, der ein vorwiegend politisches Wochenblatt ist. Angesprochen wird etwas, das uns alle angeht, denen es nicht egal ist, was ab jetzt mit diesem Land, in der anbrechenden „Johannis-Ära”, geschehen wird. Das Entscheidende: was ab nun geschieht, hängt von jedem Einzelnen ab. Johannis kann – und muss! - dazu den ihm durch demokratische Wahl und Hoffnung in die Hand gelegten Rahmen garantieren.
Dauert das rumänische Novemberwunder dann länger als drei Tage?